VIII. Innenpolitik 1871--1890.

Der kurze Aufsatz von Goldschmidt ( 1070) über den Sedantag als Nationalfeiertag ist dadurch wichtig, daß er eine Reihe interessanter Akten abdruckt, die die Haltung amtlicher Stellen, auch des Kaisers und Bismarcks, zur Frage des Nationalfeiertages zeigen.

Eine der wichtigsten Veröffentlichungen zur deutschen Innenpolitik unseres Zeitraumes ist die Biographie Adalbert Falks, des preußischen Kultusministers in den Zeiten des Kulturkampfes, die von Foerster, dem Sohne eines der wichtigsten Mitarbeiter des Ministers, auf Grund des überaus reichhaltigem Nachlasses veröffentlicht wird ( 1072). Der Band enthält nicht nur für den Kulturkampf, sondern überhaupt für die innere Geschichte der 70 er Jahre eine Überfülle bedeutsamen Materials, beleuchtet vor allem den politischen Umschwung


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am Ende der »liberalen Ära«. Auch für Bismarck und noch mehr für den Kaiser Wilhelm sind viele der mitgeteilten Dokumente sehr charakteristisch. Mit Recht liegt das Schwergewicht der Biographie auf der Ministerzeit Falks. Im Ganzen ist es freilich mehr eine Publikation aus dem Nachlaß, als eine historische Darstellung, zumal auf Heranziehung anderen archivalischen Materials verzichtet ist. Vor allem steht der Verfasser der Person seines »Helden« allzu begeistert und allzu wenig historisch gegenüber und sieht die Probleme der 70 er Jahre und das gesamte Wirken Falks fast nur mit dessen Augen (vgl. meine eingehendere Besprechung in den Göttinger Gelehrten Anzeigen 1929, Nr. 2). Trotzdem wird diese Biographie eine der wichtigsten Quellen für die deutsche Innenpolitik der 70 er Jahre bleiben. --Pohl ( 1768) veröffentlicht aus den Akten des Auswärtigen Amtes die Dokumente über die Entstehung der Note, in der am 12. Februar 1873 der Kurie die Hinfälligkeit der Verabredungen über die katholische Feldpropstei in Preußen mitgeteilt wurde. Die Akten enthalten mancherlei allgemein interessante Züge zur Haltung Bismarcks im Kulturkampf.

Rothfels' Monographie über Theodor Lohmann ( 1596) ist nicht nur ein wichtiger Beitrag für die »Sozialgeschichte«, sondern auch für die gesamte innenpolitische Entwicklung der Jahrzehnte nach der Reichsgründung, so daß ein kurzer Hinweis auf diese Veröffentlichung auch an dieser Stelle erfolgen darf. Denn nicht nur die menschliche und politische Persönlichkeit Lohmanns, der im besten Sinne des Wortes den Typ eines höheren Ressortbeamten darstellt, ist interessant. Die Schilderung seiner Zusammenarbeit und seines Kampfes mit Bismarck über die Probleme der Sozialpolitik, der Verwandtschaft und der Verschiedenheit ihrer Anschauungen und zugleich des Gegensatzes des Staatsmannes und leitenden Politikers zu dem Fachmann des Ressorts ist weit über die Persönlichkeit hinaus von Bedeutung. Außerdem enthält schon diese Monographie mancherlei Wichtiges über Bismarcks Sozialpolitik, über die der Verfasser eine größere Publikation vorbereitet. -- Dagegen ist der Aufsatz von Thieme ( 1597) über Bismarcks Sozialpolitik nicht mehr als eine interessante Materialzusammenstellung, die die wesentlichen Probleme kaum berührt.


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