c. Allgemeines zur Gesamtgeschichte des Krieges.

Es ist wieder die rührige und wagelustige amerikanische Geschichtsschreibung, die mit umfassenden Versuchen zur politischen Gesamtgeschichte des Weltkrieges vorangeht. L. M. Sears ( 1174) hat seinen Verlauf in einer knappen Geschichte der amerikanischen Außenpolitik behandelt, R. B. Mowat ( 1157) in einer Geschichte der europäischen Diplomatie von 1914 bis 1927. Beide Werke sind erfüllt von jenem Optimismus Amerikas, der in dem Gedanken der »enlightened selfishness« mit Leichtigkeit glaubt, humanitäres Denken und einzelstaatlichen Egoismus zur Deckung und Harmonie bringen zu können. Beide Verfasser sind über den Zusammenbruch der Wilsonschen Politik in Versailles hinaus überzeugte Bewunderer des Präsidenten geblieben, der ihnen als Märtyrer für hohe Menschheitsideale erscheint, und haben ganz unter diesem Leitgedanken die Geschichte des Weltkrieges behandelt. Da in ihren Werken dem Drang zu umfassender populärer Übersicht nicht durch die Energie eigener Idee und eigener Forschung die Wage gehalten wird, sind sie nur charakteristisch als Spiegelung von Anschauungen, die man heute noch als bei der Mehrzahl ihrer amerikanischen Landsleute herrschend annehmen muß. Sears hat noch nicht einmal die House- Memoiren ausgeschöpft, Mowat ist durchaus abhängig vom durchschnittlichen Ententestandpunkt, der fast naiv in seinen Urteilen z. B. über das Verhalten der Türkei und Griechenlands hervortritt. Er versucht sich sogar in einer vorsichtigen Verteidigung des Versailler Friedenswerkes, einschließlich der Schuldthese. Selbständige historische Bedeutung und schärfere persönliche Eigenart fehlt beiden Büchern.

Eine Reihe wertvoller Monographien sind dem Schicksal Belgiens im Weltkriege gewidmet. Die belgische Reihe der großen Carnegiesammlung ist erweitert durch eine solide Darstellung, in der Kerchove de Detinghem ( 1163) die Lage der belgischen Industrie während der Kriegsjahre behandelt. Sie läßt deutlich die beiden Perioden der Okkupation hervortreten, in deren erster (1914/15) die deutsche Verwaltung nach Möglichkeit versuchte, das belgische Wirtschaftsleben wieder aus der Erstarrung der ersten Kriegsmonate zu wecken, während in der zweiten (1916--18) die deutsche Notlage mehr und mehr zu rücksichtsloser Stillegung aller nicht direkt der Kriegführung dienenden Werke zwang. Sehr eingehend ist die belgische Anklage untersucht, daß die deutschen Fabrikzerstörungen systematisch dem Ziel gedient hätten, die belgische Industrie nach dem Kriege konkurrenzunfähig zu machen. Im großen und ganzen muß der Verfasser schließlich doch einräumen, daß zwar die Durchführung dieser Zerstörungen in der Hand untergeordneter Organe von einer großen


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Summe leichtfertiger Wertvernichtung begleitet gewesen sei, sich aber der Nachweis nicht führen lasse, daß von leitender deutscher Stelle mehr als die Befriedigung kriegswirtschaftlicher Notwendigkeiten erstrebt worden sei. -- Gegenüber der reichen belgischen Literatur, die in den letzten Jahren das Thema der belgischen Kriegsverhältnisse behandelte, ist es begrüßenswert, daß endlich das Erscheinen der entsprechenden deutschen Parallelreihe des Carnegiewerkes begonnen hat. Der ehemalige württembergische Minister L. v. Köhler ( 1164), im Kriege selbst Mitglied der deutschen Okkupationsverwaltung in Belgien, hat diese in einem knapp gedrängten, sehr sachlichen und überaus vornehm und unpolemisch gehaltenen Bande behandelt. Er betont, daß sie in den Grenzen des militärisch Zulässigen stets angestrebt hat, den Bedürfnissen der belgischen Bevölkerung gerecht zu werden, ein Bestreben, das von Anfang an durch den zähen unterirdischen Widerstand des Comité central de secours et d'alimentation erschwert, später in wachsendem Maße durch die Gespanntheit der deutschen Gesamtlage durchkreuzt wurde. Insbesondere sei auf die eingehende und sachliche Darstellung hingewiesen, die das dornigste und schwerste Problem der deutschen Verwaltungstätigkeit, die vorübergehenden Zwangsdeportationen des Herbstes 1916, erfahren haben. Köhler legt eingehend dar, wie schwer der Entschluß zu diesem Vorgehen gefaßt worden ist und wie die bekannten schlimmen Mißgriffe in seiner Durchführung gerade durch den an sich ehrenwerten, erbitterten Widerstand der belgischen Bevölkerung schwer vermeidbar geworden seien. Eine gleich ruhige, objektive Behandlung erfährt auch die Frage der Verwaltungstrennung von 1917. -- Zu ihrer Beurteilung wendet sich in der Hist. Zeitschrift R. P. Oßwald ( 1165) mit einem Protest gegen die Ausführungen V. Bredts in seinem bekannten Untersuchungsausschußgutachten über den Reichstag im Weltkrieg. Er erhebt Einspruch gegen die Verbindung, die Bredt zwischen Annexionsplänen und Begünstigung der Flamen hergestellt hatte, und legt dar, wie gerade die deutsche Flamenpolitik schon durch die Regierung Bethmann-Hollweg seit Ende 1914 ohne annexionistischen Hintergedanken eingeleitet wurde. Die Entwicklung dieses Problems seit dem Kriege gibt auch seinem Einspruch gegen die Behauptung Bredts Recht, daß im Vorkriegsbelgien keine Unterdrückung der Flamen vorhanden gewesen sei. Die Frage nach der letzten politischen Zweckmäßigkeit dieser Flamenpolitik, besonders so einschneidender Maßnahmen wie der Verwaltungstrennung, ist freilich mit dieser, in bestimmten Grenzen berechtigten Verteidigung der deutschen Verwaltungspolitik noch nicht beantwortet.

Ein überaus reiches Material zur Geschichte der russischen Politik in den ersten Jahren des Weltkrieges, das für die inneren Verhältnisse der Entente von 1914--16 eine Fülle von Aufschlüssen vermittelt, hat A. von Wegerer zugänglich gemacht, indem er Pokrowskis russische Dokumentensammlung über das zaristische Rußland im Weltkriege ( 1168) in deutscher Sprache herausgab. Nur ein Teil dieser Materialien war durch Stieves Band über Iswolski im Weltkriege schon bekannt. Wir erhalten damit ein ausgedehntes Material über die Tätigkeit, die die russische Diplomatie während der ersten Kriegsjahre entfaltete, als es sich darum handelte, die Türkei, Bulgarien, Rumänien und Italien zum Eintritt in den Krieg auf der Seite der Entente zu bringen. Es gibt uns nicht nur eingehenden Einblick in die Arbeit der russischen Kriegsdiplomatie, sondern vermittelt auch weitgehende Kenntnis der Spannungen und


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Reibungen zwischen ihr und ihren Bundesgenossen. Während die Verhandlungen mit der Türkei und Italien aus früheren Publikationen in ihren Hauptzügen schon bekannt waren, enthalten die Kapitel über Bulgarien und Rumänien eine Menge ganz neuer Dokumente und Nachrichten, die besonders bedeutsam auch für die Einschätzung der sehr geringen Erfolgsaussichten sind, mit denen das gleichzeitige Werben Österreichs um den Anschluß Rumäniens zu rechnen hatte. Charakteristisch ist, daß, so schwer sich Rußland zu Opfern in der Bukowina und am Pruth entschließen konnte, der Preis, den es den Rumänen zu bieten hatte, doch stets den parallelen österreichischen Angeboten überlegen blieb. Das lange Zögern dieses Staates ist, wie hier ganz deutlich wird, in letzter Linie doch nur der im Jahre 1915 für die Entente ungünstigen Kriegslage zuzuschreiben. Um die Wende 1915/16 stand die Sorge Sasonows auf ihrem Höhepunkt, daß sich Rumänien doch noch den Zentralmächten anschließen würde. Sein Eingreifen im Jahre 1916 erfolgte dann unter dem Augenblickseindruck, den das Scheitern der deutschen Verdunoffensive und der starke Anfangserfolg Brussilows in Galizien gemacht hatte.

Die vielleicht lebendigste und subjektiv anregendste Darstellung des Kriegsverlaufes, die bisher geschrieben ist, enthalten die beiden Schlußbände der Weltkrisis von Churchill ( 1170/ 1171), die den zweiten Teil des großen Völkerringens von 1916--1918 behandeln. Man wird seine Wertungen und Urteile mehr wie einmal bezweifeln müssen. Churchill setzt seinen Kriegsprotest gegen die starre Kontinentalstrategie der englischen Generale in diesen Erinnerungen mit ungeschwächter Lebhaftigkeit fort und versucht eingehend die Torheit der großen Dauerschlachten von 1916 und 1917 dadurch zu beweisen, daß er die größeren Verluste des Angreifers gegen den Verteidiger darlegt. Es ist dieselbe Begründung, mit der er in der deutschen Offensive von 1918 neben dem belgischen Einmarsch von 1914 und der Erzwingung des unbeschränkten U-Bootkrieges den dritten der großen Fehler des deutschen Generalstabes sehen möchte, durch die der Verlust des Krieges für Deutschland entschieden sei. Die Wucht der moralischen Erschöpfung, die die stete Abwehr veranlaßte, jedem Mitkämpfer der Sommezeit in schreckensvoller Erinnerung, wird von dem begeisterten Verfechter der exzentrischen Offensiven in Asien und auf dem Balkan sehr geringschätzig abgetan. So sehr man nun gegen solche Auffassungen skeptisch bleiben kann, so starke Bedenken auch die eingehende Darstellung der Skagerakschlacht mit ihrem Versuch, die Initiative der deutschen Führung herabzudrücken, erweckt, als Ganzes bleibt das Buch eine groß gesehene, von Gedanken und Anregungen übersprudelnde Gesamtschilderung des großen Ringens, künstlerisch durch die Brille eines ausgeprägt persönlichen Temperamentes gesehen. Churchill ist auch in seinem vollen Rechte, wenn er in den späteren Teilen seine eigenen Verdienste um den Ausbau der englischen Materialrüstung, besonders die großzügige Entwicklung der Tankwaffe, und das enge Zusammenarbeiten mit amerikanischer Finanz und Industrie stark, in der Form sogar etwas geräuschvoll unterstreicht. Es ist menschlich in hohem Grade wohltuend, daß dies ganz von stolzem englischen Kraftgefühl erfüllte Werk an seinem Schlusse auch der heroischen Größe des deutschen Widerstandes gegen eine Welt von Feinden seine Huldigung nicht versagt. Über ihren Quellenwert als Denkwürdigkeiten einer leitenden englischen Persönlichkeit hinaus sind diese Memoiren so auch eines der ganz wenigen Dokumente aus


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den führenden Reihen der Kämpfer selbst, die menschlich nicht unter der Größe des behandelten Geschehens bleiben.

Der Franzose E. Judet scheint in seinem Buche über den Vatikan und den Frieden ( 1177) ein Thema anzugreifen, das in den letzten Jahren schon mehrfach behandelt worden ist. Indessen handelt es sich hier um eine innenpolitische Streitschrift gegen den streitbaren Klerikalismus der monarchistischen Rechten um Ch. Maurras. Sie tritt für die Versöhnung zwischen Kirche und Republik, zwischen bestehender Staatsform und französischen Konservativen ein und skizziert zu diesem Zweck, ohne viel Neues zu bringen, die Geschichte des Ralliement der französischen Katholiken seit 1892, für dessen Anfangsphasen Judet aus publizistischer Vergangenheit einige persönliche Erinnerungen beibringen kann. Zur Geschichte des Weltkrieges hat er nichts Beachtenswertes zu sagen und endet mit einer erbitterten Polemik gegen den »Paganismus« der Action Française.

Auffallend starkes Interesse, das im Ausland wohl mit der allmählichen inneren Festigung Polens zusammenhängt, haben die Schicksale dieser Nation im Weltkriege gefunden. Das in französischer Sprache erschienene Werk Smogorzewskis über die Restauration Polens ( 1178) ist freilich ein Werk der politischen Publizistik, das nach dem Staatsstreich Pilsudzkis den französischen Alliierten über die Dauerhaftigkeit des östlichen Verbündeten beruhigen soll. Es besitzt auch für die Zeit des Weltkrieges keinen historischen Eigenwert. -- Dagegen liegt eine sehr gediegene, auf guter, wenn auch zum Teil durch französische Übersetzungen vermittelter Literaturkenntnis beruhende Studie über die Polen im Weltkriege in der Arbeit des Italieners Capasso: La Polonia e la Guerra Mondiale ( 1182) vor. Das fleißige Buch zeichnet sich vor der durchschnittlichen Kriegsliteratur durch sein ernsthaftes Streben nach historischer Objektivität aus. Die zwingenden staatlichen Interessenmotive, die die österreichische und deutsche Polenpolitik im Weltkriege voneinander trennten und die beiden Verbündeten in einen unlösbaren, von Capasso selbst als tragisch bezeichneten Gegensatz verwickelten, sind durchaus sachlich und mit ruhigem Verständnis zur Darstellung gebracht worden. Selbst die verwickelten Verhältnisse Österreichs werden ruhig und einsichtsvoll behandelt. Die letzte Sympathie des Italieners gehört begreiflicherweise den polnischen Freiheitsbestrebungen und im polnischen Lager wieder den Strömungen, die während des Krieges Anschluß an die Entente suchten und fanden. So erklärt es sich, daß die national-demokratische Politik Dmowskis trotz ihrer langen illusionistischen Anlehnung an Rußland besonders anerkennend gewürdigt wird, weil sie seit 1916 ganz ins englisch-französische Fahrwasser hinüberlenkte. Abgesehen von dieser bestreitbaren Wertung, die in die Anfangsjahre des Krieges die Weisheit seines Ausganges hineinträgt und die relative Berechtigung der austro- und germanophilen Gruppen auf polnischer Seite während der ersten Kriegsjahre nicht ganz gerecht beurteilt, bedeutet das Buch eine ausgezeichnete Studie über die Entwicklung der polnischen Frage im Weltkriege.

In sehr viel breiterem historischen Rahmen ist das Problem der polnischen Frage in der europäischen Politik behandelt in dem von den polnischen Teilungen bis zum Ende des Weltkrieges führenden Buche von Walter Recke ( 1179), das wohl ohne die Gefahr nationaler Voreingenommenheit als die wissenschaftlich gediegenste und in ihrem Ideengehalt umfassendste Leistung dieser Literatur


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bezeichnet werden kann. Recke überragt auch Capasso durch die erlebte Vertrautheit mit den Problemen des europäischen Ostens und die volle Beherrschung der in Frage kommenden slawischen Quellenliteratur. So tritt bei ihm allein auch die größte Schwierigkeit der russisch-polnischen Beziehungen in ihrer vollen Bedeutung hervor: die Unmöglichkeit eines dauernden Ausgleichs zwischen beiden Völkern, solange der polnische Anspruch auf ausgedehnte Teile Westrußlands in Kraft bestehen bleibt. Von der napoleonischen Epoche bis in die Jahre von Weltkrieg und Gegenwart tritt dieser polnische Anspruch immer wieder als schicksalvoller Grund für das Scheitern aller Ausgleichversuche zwischen beiden Völkern auf. Weit über Capasso hinausführend, ist bei Recke auch die eingehende Darstellung der polnischen Parteiströmungen vor dem Weltkriege, die neben der Nationaldemokratie Dmowskis auch die politischen Bewegungen unter den österreichischen Polen zu ihrem vollen Rechte kommen läßt. Seine Darstellung des Weltkrieges untersucht mit gleicher Kritik die Behandlung der polnischen Frage auf russischer Seite und im Lager der Zentralmächte. Sie legt mit aller Deutlichkeit dar, wie der ursprüngliche Anschluß Dmowskis an Rußland auf gefährlichen Illusionen beruhte, deren Nichtigkeit endgültig klar wurde, als 1916 der Sturz Sasonows über seiner doch recht bescheidenen Befürwortung der polnischen Wünsche erfolgte. Für die engere deutsche Geschichte besonders inhaltreich in der Darstellung der Bethmannschen Polenpolitik, ist der Schluß des Werkes über die Versailler Friedenskonferenz von großer Bedeutung durch die ausgiebige Heranziehung der in Deutschland noch wenig bekannten polnischen Memoirenwerke, die sehr wichtige Materialien zur Beurteilung der Wilsonschen Politik enthalten und das Erlahmen des Präsidenten gegenüber den anspruchsvollen polnischen Gebietsforderungen in allen einzelnen Entwicklungsstadien verfolgen lassen. Der verhängnisvolle Anteil des amerikanischen Sachverständigen Lord, eines Historikers, in dessen entscheidendem Gutachten über Oberschlesien jede Angabe falsch war, tritt mit fast dramatisch spannendem Reiz hervor. Das Buch Reckes ist so durch Verwendung polnischer Literatur einer der lehrreichsten Beiträge der deutschen Forschung zur Geschichte der Friedenskonferenz in den letzten Jahren geworden. -- Gegen diese beiden bedeutsamen Leistungen steht die Skizze stark zurück, die Miliukow in der Slavonic Review ( 1181) der slawischen Politik im Weltkrieg gewidmet hat. Eine Übersicht der verschiedenen slawischen Volksentwicklungen jener Jahre, die den Gedanken slawischer Solidarität für die Gegenwart beleben möchte, entbehrt sie historisch jeder Originalität und jeder neuen Anregung.

Den Zusammenbruch des Ottomanischen Reiches durch den ganzen Weltkrieg hindurch verfolgt auf Grund solider gleichzeitiger Aufzeichnungen der österreichische Militärattaché in Konstantinopel, Joseph Pomiankowski ( 1183). Der Nachfolger Baron Giesl's, setzt mit weniger Temperament, bedächtiger, aber zuverlässig und vertrauenerweckend durch ruhiges, gemäßigtes Urteil, dessen Kommentar der türkischen Entwicklung durch die ganze Dauer des Weltkrieges fort. Eingehende Kenntnis des Landes und seiner Schwächen macht ihn skeptisch gegen den überschwänglichen panturanistischen Chauvinismus Enver Paschas, dessen ungezügelter Persönlichkeit er gedankenlose Überspannung der türkischen Kräfte vorwirft. Auch die deutsche Arbeit in der Türkei unterliegt für ihn vielfach dem gleichen Bedenken. Zwei Persönlichkeiten,


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Liman v. Sanders und v. d. Goltz-Pascha, sind allerdings von diesem Urteil ausgenommen und werden mit hoher Achtung als ausgezeichnete Kenner von Land und Leuten und dadurch zu größten Leistungen befähigt anerkannt. Insbesondere erscheint Liman als die eigentliche Seele der siegreichen Dardanellenverteidigung von 1915. Die anspruchsvolle Ausdehnung des deutschen Einflusses in der Türkei während der letzten Kriegsjahre, die Rolle v. Lossows und Falkenhayns, wird dagegen ernsthafter Kritik unterzogen, und das reiche, ruhig vorgebrachte Material des Verfassers scheint im ganzen doch zu erhärten, daß die nötige Rücksicht auf die schon Anfang 1916 tödliche Erschöpfung der türkischen Kräfte bei den deutschen Plänen selten genügend in Rechnung gesetzt worden ist. Das Buch Pomiankowkis ist als Ergänzung und Kontrolle der zahlreichen parallelen deutschen Memoirenwerke jedenfalls von hohem Werte, da der österreichische Offizier vielfach in engeren Beziehungen zu den Türken stehen konnte als seine deutschen Kameraden, weil sein Heimatstaat nicht belastet war mit dem wachsendem Argwohn, den das Steigen des deutschen Einflusses im Kriege auch bei den deutschfreundlichen Türken schließlich erwecken mußte.


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