§ 32. Verfassungsgeschichte des 19. Jahrhunderts.(F. Hartung.) Im Berichtsjahr sind nur drei einschlägige Arbeiten erschienen.
Von diesen ist Wegners Schrift (
1359) über die Verwertung der Verfassung des Deutschen Bundes bei der
norddeutschen Bundes- und Reichsverfassung für den Historiker eine Enttäuschung. Sie ist einmal auf sehr
unzulänglichem Material aufgebaut -- seine Kenntnis über den deutschen Bund und die Bundesreformversuche mit
Einschluß des Reichsgründungsversuchs von 1848/49 bezieht der Verfasser aus Kaltenborns 1857 erschienenem
Werk über die deutschen Bundesverhältnisse --; vor allem aber entwickelt sie Zusammenhänge und
Unterschiede nicht historisch, sondern stellt sie systematisch nach juristischen Kategorien dar. Weit wertvoller ist die
sich zeitlich unmittelbar anschließende Studie Rüdts v. Collenberg (
1366) über die staatsrechtliche Stellung des preußischen
Kriegsministers seit 1867. Sie behandelt auf Grund der Akten des ehemaligen Kriegsministeriums die Versuche Roons, der
Umwandlung der Heeresverfassung durch die norddeutsche Bundesverfassung auch eine entsprechende Änderung in der
Stellung des preußischen Kriegsministers folgen zu lassen. Diese Bemühungen sind an Bismarck gescheitert, der
offenbar jedem Keim künftiger Reichsministerien entgegentreten wollte. Und als Bismarck entlassen war, war auch
jede Reformneigung in unsern regierenden Kreisen erloschen, so daß das seltsame Verhältnis des dem
preußischen Landtag verantwortlichen Kriegsministers zu dem die Gelder für das Heer bewilligenden und bei den
Etatsberatungen das ganze Heerwesen ausgiebig besprechenden Reichstag sich bis ans Ende des Kaiserreichs gehalten hat.
Die Arbeit wäre für die allgemeine Geschichte ertragreicher, wenn sie sich etwas stärker um die gedruckte
Literatur (z. B. Marschalls von Bieberstein große Darstellung »Verantwortlichkeit und Gegenzeichnung bei
Anordnungen des obersten Kriegsherrn«, 1911) gekümmert und um die Einreihung in die politischen
Zusammenhänge bemüht hätte.
S.326 Endlich hat W. C. Haussmann, der Sohn des bekannten schwäbischen Politikers C. Haußmann, die Durchsetzung des parlamentarischen Systems im deutschen Kaiserreich zum Gegenstand einer juristischen, aber mit erfreulichem geschichtlichem Sinn geschriebenen Dissertation ( 1630) gemacht. An Quellen haben ihm dafür neben den gedruckten Materialien auch Aufzeichnungen seines Vaters und mündliche Mitteilungen Payers zur Verfügung gestanden. Wesentlich Neues haben freilich diese Quellen nicht ergeben, und sachlich ist die Arbeit durch die inzwischen erschienene auf breiterer Grundlage ruhende Darstellung Bredts (der deutsche Reichstag im Weltkrieg, 1928) so sehr überholt, daß ein Eingehen auf Einzelheiten sich nicht mehr lohnt. |
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