II. Stadt und Markt.

In die ältere Stadtwirtschaft leuchtet die Schrift von


S.334

L. Klaiber hinein ( 1476). Sie ist aus einer auf Anregung Belows gearbeiteten Freiburger Dissertation erwachsen und schöpft in der Hauptsache die Stadtrechtssatzungen der genannten 4 Reichsstädte nach der wirtschaftspolitischen Seite hin aus. Dem Stande dieses Quellenmaterials entsprechend beschränkt sich die Untersuchung zeitlich auf das 14. und 15. Jhd., sachlich auf die Textil- und die Lebensmittelgewerbe, da nur für diese hinlängliche Nachrichten vorliegen. Unter den ersteren ist allein das Leinwandgewerbe ausführlich behandelt worden, die in Memmingen und Ravensburg so stark aufgeblühte Barchentmanufaktur wird eben nur erwähnt; das Wollgewerbe ist überall ganz unbedeutend. Den breitesten Raum nehmen die Nachrichten über die Versorgung mit den notwendigsten Lebensmitteln, Getreide, Brot, Fleisch, Salz, sowie den Weinhandel ein. Im ganzen bietet die Arbeit einen nützlichen Beitrag zur Kenntnis der Stadtwirtschaft.

Die gleichfalls aus Belows Schule hervorgegangene Arbeit von Leiber ( 1454) weist auf Grund von Stadtrechtsquellen, namentlich der hierfür sehr ergiebigen Kölner, nach, daß das kanonische Zinsverbot in den dten. Städten sicher seit dem 14. Jhd. anerkannt worden ist und daß demgemäß der Darlehnszins und der Warenwucher unter Strafe gestellt wurden, daß aber die wirtschaftliche Praxis sich dem nicht fügte, so daß die teilweise (in Köln) sehr detaillierten Wuchergesetze wesentlich nur auf dem Papier standen und daß im 15. Jhd. schon Zinsnehmen öffentlich erlaubt wurde. Im einzelnen werden die Umgehungen des Verbots durch Satzung mit Pfandgewere, den titulus morae (Verzugszinsen) und namentlich den Rentenkauf behandelt, ferner die verschiedenen Formen der in der älteren Stadtwirtschaft als wucherisch angesehenen Kaufgeschäfte: Vorkauf, Meinkauf, Schadenkauf (auch als »financien« bezeichnet) und Kreditkauf, die alle unzulässige Gewinne erstrebten, sowie die Handelsgesellschaft, sofern damit Warenwucher oder Monopolien verbunden waren. Ein Irrtum scheint es mir, wenn S. 76 der Meinkauf (Kauf auf Wiederverkauf) mit dem Barattogeschäft, das den Umschlag von Waren gegen Waren darstellte, gleichgesetzt wird.

Wenn auch das Marktwesen geschichtliche Bedeutung nur in der gewohnten Verbindung mit der gewerblichen Marktsiedlung, der Stadt, erlangt hat, so ist doch eine Untersuchung, wie die von K. O. Müller ( 1425), sehr erwünscht, die sich mit einem ohne solchen Rückhalt auf freiem Felde stattfindenden Jahrmarkt beschäftigt, der dennoch zu großer Blüte gelangt ist und noch heute besteht. Zumal da diese Untersuchung auf breitem archivalischem Material beruht und sehr sorgfältig durchgeführt ist. Der fragliche Markt findet im fränkischen Teil von Württemberg bei Musdorf im oberen Jagstgebiet nahe der Kreuzung von zwei Hochstraßen statt und ist vermutlich durch die Dynasten von Bebenhausen um die Mitte des 12. Jhds. gegründet. Da er mit Zoll und Geleit verbunden war, ist königliches Marktprivileg vorauszusetzen. Amtsbücher und Amtsrechnungen geben seit dem 16. Jhd. reichliche Nachrichten, die hier sehr gründlich und vorsichtig, zumal auch nach der statistischen Seite hin, ausgewertet sind. Bemerkenswert ist u. a., daß dieser eine Wiesenmarkt mehr eingebracht hat und demnach bedeutender gewesen ist als alle Märkte der nächstgelegenen Amtsstadt Gerabronn zusammen.


Diese Seite ist Bestandteil des Informationsangebots "Jahresberichte für deutsche Geschichte" aus der Zwischenkriegszeit (1925-1938)