4. Aus dem Kreise der lutherisch bestimmten Theologen hat der schwäbische
Reformator Johann Brenz, der weit über Schwaben, Franken, Württemberg hinaus Einfluß
geübt hat, endlich eine größere theologiegeschichtliche Monographie erhalten: Otto
Fricke, Die Christologie des Joh. Brenz, im Zusammenhang mit der Lehre vom Abendmahl und der Rechtfertigung
(München, Chr. Kaiser), gleichzeitig mit der Darstellung, die ihm Otto Ritschl in seinem
großen dogmengeschichtlichen Werk (
1810) zuteil werden läßt. Beide Forscher stimmen in ihrer
Auffassung von Brenz in allem Wesentlichen überein. Brenz, der nach Luthers Tode einer der strengen Wächter
über die lutherische Lehrtradition war und in Jakob Andreä, dem Führer der lutherischen Konkordienarbeit,
seinen einflußreichen Schüler gefunden hat, erscheint schon im Abendmahlsstreit der zwanziger Jahre, dem
Ausgangspunkt seiner reformatorischen Theologie, als Träger der Lutherschen Lehre, auch der Lutherschen
christologischen Ubiquitätslehre, wenn er es auch an gewissen mit den Gegnern vermittelnden Gedanken nicht fehlen
läßt (so Betonung von Wort und Glauben und geistlicher Speisung trotz seiner Theorie der leiblichen
Realpräsenz Christi im Abendmahl und dessen Nießung auch durch die Ungläubigen, was die auch in der
Lutherschen Lehre vorhandenen Spannungen nur noch vermehrt). Fr.s scharfer Entgegensetzung von Brenz und Melanchthon in
der Rechtfertigungslehre hat O. Ritschl ZKG 48, 1929, S. 287 f. widersprochen, hat auch mit Recht
moniert, daß Fr. merkwürdigerweise die wichtige Confessio Wirtembergica und die Apologie dazu bei der
Darstellung des Brenzschen Systems außer acht läßt. Bei aller Abhängigkeit von Luther erscheint
dessen Gesamthaltung doch auch bei Brenz schon abgeschwächt, -- eine beachtenswerte Tatsache, die die Aufnahme der
Lehre Luthers in der ersten Generation seiner Schüler charakterisiert; in dieser Hinsicht ergänzt Fr. das
Bild, das Em. Hirsch in seiner Darstellung des Andreas Osiander, 1919, gezeichnet hat. -- Aus der
Fortsetzung der Brentiana W. Köhlers (
1842) sei Brenz's streng konservatives Gutachten über die Frage des
Widerstandsrechtes gegen den Kaiser im Blick auf den Augsburger Reichstagsabschied v. J. 1530 hervorgehoben. -- Hat
Fricke a. a. O. S. 107 ff. auch auf den Osiander schen Streit eingehen müssen, weil Brenz's
Formulierungen der Rechtfertigungstheorie ohne diesen nicht zu verstehen sind, so beleuchten auch die von
Friedensburg neu mitgeteilten Briefe aus dem Briefwechsel des Menius (
1840) diesen Streit; es sind 14 Briefe des Joachim Mörlin, Wolfgang von
Kötteritz und Hermann von Vechelde aus den Jahren 1552--54. Ersterer urteilt im Brief IV über Brenz: non est
frigidus neque calidus, und schiebt diesem und seinem Einfluß auf Herzog Albrecht von Preußen in Brief VII
die Hauptschuld daran zu, daß sich der Osiandrismus behaupte (vgl. auch Brief XI und XIII). -- Die Studie
Baumgartens (
1848) kann hier angeschlossen werden, weil der Gegenstand der Polemik der
spanischen Theologen, die sogenannten Magdeburger Zenturien, das Geschichtswerk des Lutheraners Matthias
Flacius ist. B. ergänzt damit das von Schmid HJG 1896, S. 79 ff. auch auf Grund von
Vatikanischen Materialien gezeichnete Bild; im Mittelpunkt steht die Arbeit des Franziskanerobservanten Michael von
Medina, der 1564 den päpstlichen Auftrag der Richtigstellung der in den Zenturien enthaltenen Irrtümer
erhalten hat.
S.385 Die Sache ist trotz vieler von B. urkundlich festgelegter Verhandlungen im Sande verlaufen; die fertigen Manuskripte Medinas sind verschollen. |
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