6. Zu den Fürsten der Reformationszeit, die sich auch als kirchliche und theologische Schriftsteller betätigt haben, gehört auch Luthers schroffer Gegner Herzog Georg von Sachsen, dessen Schriftstellerei H. Becker einer erstmaligen Darstellung unterzogen hat ( 1745), nachdem er bereits in der »Harnack-Ehrung«, 1921, S. 308 ff., gewisse Hinweise gebracht hatte. Über Georg als Dichter hat schon Seidemann im Archiv für Literaturgeschichte 3, 1874, gehandelt. B. druckt die 3 ihm zugeschriebenen Gedichte wieder ab, ohne in die Echtheitsuntersuchung eintreten zu wollen; das gilt auch von den meisten der Schriften, die er dem Herzog auf Grund der Tradition oder gewisser Indizien zuschreibt. Er reiht in seiner rein chronologisch aufgebauten und den Inhalt teils referierenden, teils erläuternden Abhandlung alle Mandate Georgs gegen die reformatorische wie gegen die wiedertäuferische Bewegung bis zum Jahre 1532 sowie die Briefe des Herzogs, auch dessen Briefwechsel mit Luther, aneinander, bespricht Georgs Vorrede zu Emsers Übersetzung des Neuen Testaments und inmitten dieser Dokumente dann die eigentlichen Flugschriften: »Wider Luthers Tröstung an die Christen zu Halle«, 1528 (mit eingehender Abendmahlslehrkritik), die beiden scharfen Schriften gegen Luther vom Jahre 1528/29 inmitten der Diskussion über das von Pack behauptete, angebliche antievangelische Bündnis der katholischen Fürsten, und endlich 1531 »Wider des Luthers Warnung an die Teutschen«. Die Schriften zeigen eine weitgehende Vertrautheit mit den theologischen Fragen der Zeit, in steigendem Maße aber auch den Willen, über die sachliche Auseinandersetzung hinaus Luther als den staatsgefährlichen Aufrührer bloßzustellen. -- Ein Gegenstück auf evangelischer Seite ist Pfalzgraf Ottheinrich, obwohl er selber nichts geschrieben, sondern


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nur protestantische literarische Unternehmungen, wie das des Flacius (Magdeburger Zenturien) unterstützt und in Neuburg wie in Heidelberg durch Gründung von Druckereien die Publizistik hat ausbauen helfen. Ihm widmet Schottenloher eine Studie ( 68), die die Bibliophilie des Pfalzgrafen und ihren Zusammenhang mit seinem Interesse an der Auseinandersetzung zwischen dem neuen und dem alten Glauben und an den innerprotestantischen Auseinandersetzungen eindrucksvoll zur Darstellung bringt. Man sieht auch hier, welche Beachtung die theologischen und kirchlichen Fragen damals dem Charakter der Zeit entsprechend auch auf fürstlicher Seite gefunden haben, und wie hinter der aus der ration status heraus gehandhabten Politik doch eine ernste sachliche Beschäftigung mit jenen Fragen bestehen bleibt.


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