I. Allgemeines. Staat und Kirche.

Es ist bezeichnend für die Situation der Forschung auf dem Gebiet der preußischen Geschichte, daß sie sich neuerdings zusammenfassenden Arbeiten nur dann zuzuwenden pflegt, wenn deren Thema irgendwie mit aktuellen oder geradezu praktischen Zielen verknüpft ist. So will W. Kiskys Schrift über den Namen des vormaligen preußischen Königshauses ( 329) den Nachweis führen, daß der Name »Prinz von Preußen« durch die Verordnung des Preußischen Staatsministeriums vom 27. November 1923 zu Recht als Familiennamen des vormals regierenden Herrscherhauses festgestellt worden ist. Er wurde, wie K. in Übereinstimmung mit der älteren Forschung zeigt, nach dem jeweils beherrschten Gebiet gewählt, lautete also hintereinander Burggraf von Nürnberg, Markgraf von Brandenburg und zuletzt Prinz von Preußen, während der Titel »Graf von Hohenzollern« erst unter dem Großen Kurfürsten, und zwar nicht als Familiennamen, sondern als Instrument zur Verfechtung eines erbrechtlichen Anspruchs in den kurfürstlichen Titel aufgenommen wurde. Die an diese Ausführungen anknüpfende Kontroverse des Autors mit G. Schuster (Forsch. zur brand. u. preuß. Gesch. Bd. 41, S. 199--210 und S. 472--475) hat keine neuen Momente zutage gefördert. -- Den praktischen Zwecken der Personen- und Familienforschung dient eine Arbeit von W. Rohr ( 52), die in ausgezeichneter Weise über die militärischen Bestände des Preuß. Geheimen Staatsarchivs orientiert. Daß die genealogische Einzelarbeit auf dem Gebiet der Heeres- und Verwaltungsgeschichte für die Staatsgeschichte von hohem Wert ist, liegt auf der Hand. Es sei hier nur daran erinnert, wie erwünscht eine gründliche Untersuchung über den Anteil des nichtpreußischen deutschen Elements am Offizierkorps und über die darin zum Ausdruck kommende Werbekraft der preußischen Staatsidee wäre. --

Die historischen und rechtlichen Grundlagen des hugenottischen Kirchenrechtes, dessen Sondergeltung durch den Art. 155 der Verfassungsurkunde der Landeskirche aufrecht erhalten worden ist, werden von H. Roquette ( 1852) erörtert. Der Autor befaßt sich eingehend mit den Elementen des jetzt geschaffenen Rechtszustandes, ohne über seine historischen Voraussetzungen wesentlich Neues beizubringen. Das Bedürfnis einer umfassenden Arbeit über die französisch-reformierte Einwanderung und ihre rechtliche Stellung innerhalb des preußischen Staates bleibt unbefriedigt.


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