I. Allgemeine Quellenkunde. Historiographisches.

Bei dem bisher durchaus unbefriedigenden Stande der Inventarisierung nichtstaatlicher Archive Brandenburgs, dem die Historische Kommission nunmehr ein Ende machen will, ist jeder Beitrag, der der Inventarisation vorarbeitet, zu begrüßen. Rudolf Lehmann, der vor einigen Jahren das Gubener Stadtarchiv ordnete (vgl. Jahresber. 1925, S. 506), hat sich der dortigen Urkunden angenommen und bringt 258 Stück, von 1235--1794, darunter 214 bisher weder durch Regest noch durch Textabdruck bekannte, in Regesten ( 53). Für die Niederlausitz ist bei der Bedeutung, die Guben zukommt, damit ein wertvoller Quellenstoff gewonnen, um so mehr, als wir auf den Fortgang des Urkundenbuchs der Niederlausitz wohl noch warten müssen. Ein recht ausführliches Register, das Personen-, Orts- und Flurnamen, für Guben auch Sachliches enthält, erleichtert


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die Benutzung. Aus dem Berliner Stadtarchiv veröffentlicht P. v. Gebhardt das älteste bekannte Bürgerbuch 1453--1700 ( 319), unter selbstverständlicher Beifügung der nötigen Register. Die chronologisch gegebenen Eintragungen warten geradezu auf die sozialgeschichtliche Auswertung. Mit der großen, außerordentlich weit angelegten Publikation brandenburgischer Regierungsakten, die Melle Klinkenborg, zunächst für die Jahre 1604 und 1605, vorlegt ( 808), wird in anderem Zusammenhang berichtet (vgl. S. 215). Aber auch an dieser Stelle muß des durch die Historische Kommission für die Provinz Brandenburg und die Reichshauptstadt Berlin herausgegebenen Werkes gedacht werden. Es will »ein volles Bild von den bei der kurfürstlichen Regierung erledigten Angelegenheiten geben und bietet dadurch zugleich ein nach Jahren geordnetes Repertorium ihrer Geschäftspapiere«. So wird natürlich auch für die innere Landesgeschichte viel Neues bereitgestellt. Mag auch gerade dieses Material meist nur repertorienartig gebracht sein, so ist es schon ein Gewinn, daß man künftig auf bequeme Weise dazu geführt wird. -- In schnellster Gangart durchläuft W. Hoppe das Gebiet der märkischen Urkunden, Chroniken und alten Drucke ( 289), aber selbst so wird es deutlich, daß Brandenburg auch in dieser Beziehung keineswegs arm ist. Gleiches zeigt G. Wentz von der Geschichtsschreibung des Bistums Brandenburg ( 94), die er vom 16. Jhd. bis zum Ende des 18. Jhd. führt. Die Leistung zweier Männer wird hervorgehoben, des Alphonse de Vignoles und Philipp Wilhelm Gerckens, dem Wentz an anderer Stelle ( 146) eine besondere hübsche Studie gewidmet hat. Der Frankfurter geschichtlichen Literatur in den Jahren 1907--1927 hat M. Pohlandt gedacht (Mitteilungen d. Hist. Ver. f. Heimatk. zu Frankf. a. O. H. 27, S. 40--50). Von märkischen Historikern haben drei eine Würdigung erfahren: den neumärkischen Geschichtsforscher Karl Berg behandelt W. Schumacher (Die Neumark, Mitt. d. Ver. f. Gesch. d. Neumark Jg. 4, S. 100 bis 103), dem verdienstvollen Berliner Stadtarchivar Paul Clauswitz ruft sein Nachfolger E. Kaeber Worte tiefsten Verständnisses nach (Mittlg. d. Ver. f. Gesch Berlins Jg. 44, S. 137--146) und den Anteil Georg Sellos, eines der fruchtbarsten und anregendsten märkischen Forscher, an der brandenburgischen Historie, hat W. Hoppe unter Beifügung einer Bibliographie herausgearbeitet ( 112).


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