b) Stadtgeschichte.

Trotz der geringen Bedeutung, welche die Städte in Mecklenburg stets gehabt haben, ist es doch lehrreich, ihre Entwicklung zu verfolgen. Im Gegensatz zum Lande waren die Städte die gesicherten Plätze gewerblicher Arbeit, die zunftmäßig geschlossen war. Bischof ( 1439) bietet auf reicher archivalischer Grundlage eine gedrängte Geschichte der Zünfte in Neubrandenburg auf dem Hintergrunde des Zunftwesens überhaupt. Im Mittelpunkte seiner Betrachtung stehen die Zünfte des Bekleidungsgewerbes, die durch ihre Berührung mit anderen Zünften ein besonders anregendes Beispiel für die Zunftgeschichte darstellen. Im Jahre 1736 wurde noch eine landesherrliche


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Regelung des Zunftwesens versucht, doch konnte sie den veränderten Lebens- und Wirtschaftsverhältnissen nicht mehr gerecht werden, bis schließlich im 19. Jhdt. die Zünfte der modernen Verkehrs- und Industrieentwicklung vollkommen erlagen. Auf eine andere Seite des städtischen Lebens in Neubrandenburg lenkt Endler ( 1349) den Blick. Er bringt eine Ratsordnung von 1321 mit erläuternden Worten zum Abdruck. Derartige Quellen sind dadurch so wertvoll, weil der Verlust städtischer Archivalien im Lande Stargard das Erkennen der inneren Struktur der Städte sehr erschwert. Einige Quellenstücke sind in den Prozeßakten des Reichskammergerichts erhalten geblieben; dazu gehört auch die Ratsordnung von 1321. Sie enthält Angaben über die Tätigkeit des Rates und ist vermutlich durch tiefgehende Wirren in Neubrandenburg veranlaßt worden. Der Herausgeber glaubt die Kämpfe der Tuchmacher mit den Gewandschneidern und deren Eindringen in den Rat dafür annehmen zu müssen. In diesem saßen wie auch in allen anderen Städten des Landes Stargard zahlreiche Adelsangehörige, wofür viele Belege gebracht werden. -- Mit großer Sorgfalt hat Techen ( 1493) alle erreichbaren urkundlichen Quellen des Hospitals zum Heil. Geist in Wismar gesammelt und mosaikartig zu einem Gesamtbilde vereinigt. Einschreibungen in das Hospital der verschiedensten Art werden aufgezählt und zeigen deutlich, welche wichtige soziale Aufgaben einem ma. Hospital zufielen. Mehr denn je bringen wir heute einer derartigen Einrichtung Verständnis entgegen. Die Wohnungen der Insassen, ihren Unterhalt, die Beschaffung der Lebensmittel lernen wir kennen. Der Bedeutung des Hauses entsprechend waren die Bürgermeister zeitweilig Vorsteher, Ratsherren überwachten die Verwaltung, während Hofmeister mit zahlreichem Personal den Dienst ausführten. Die Wirtschaftsbücher geben Einblick in das Leben des Hospitals, das beträchtlichen Grundbesitz mit Mühlen und Fischteichen besaß. Zum Schluß wird über die kirchlichen Verhältnisse berichtet. Ebenfalls in das Gebiet sozialer Fürsorge gehört die Untersuchung von Ahrens ( 1494). Dieser sieht als Grundlage der vom Rostocker Rat ausgehenden Wohlfahrtspolitik die Sorge für die Ernährung an, die hauptsächlich auf dem Eigenbesitz der Stadt beruhte. Von dort nimmt die Betrachtung ihren Ausgang und bietet dann Nachrichten über die verschiedenen Arten von Lebensmitteln, deren Beschaffung und Verkauf, wobei die Regelung der Interessen der Hersteller, Verkäufer und Käufer klargelegt werden. Zu den Wohlfahrtsaufgaben der Stadtverwaltung gehörte auch die Pflege und Reinhaltung der Straßen und die Instandhaltung des Hafens, für den die Stadt Rostock jährlich bedeutende Summen verwandte. Auch die Baupolizei gehörte zum Pflichtenkreis der Stadtverwaltung, während auf dem Gebiete der uns heute geläufigen Wohlfahrtspflege (Wasserversorgung, Ärzte, Apotheken, Krankenhäuser usw.) der Rat fast nur die Aufsicht übte. Die Absicht der mecklenburgischen Herzoge am Ende des 15. Jhdts., die Stadt Rostock zu einer regelmäßigen Steuerleistung heranzuziehen, führte zu einem harten Konflikt, der im Jahre 1482 in Wismar vor zahlreichen Deputierten und unter reger Beteiligung der Stände mit der Anerkennung der Steuerfreiheit von Rostock beigelegt wurde. Zu dieser Entscheidung hatte die Universität Rostock ein Gutachten geliefert, dem Steinmann ( 1348) besondere Wichtigkeit wegen der steuerrechtlichen Fragen und des Eindringens römischer Rechtsgedanken beimißt. Ein Abdruck des Gutachtens ist seinen Erläuterungen beigegeben.


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