VII. Kulturgeschichte:

Eine bisher als »catalogus incertae bibliothecae« auf der Bresl. Universitätsbibliothek geführte Foliohandschrift aus der II. Hälfte des 18. Jhd. weist C. H. Rother ( 88) als Katalog der Bibliothek des 1811 säkularisierten Zisterzienserklosters Heinrichau nach und identifiziert die darin angegebenen Handschriftentitel -- bis auf einige wenige -- mit den 132 heute in der Breslauer Staats- und Universitätsbibliothek befindlichen Heinrichauer Handschriften (weitere befinden sich im Staatsarchiv und im Diözesanarchiv). -- Die Geschichte des schlesischen Bildungswesens im MA. von B. Clemens ( 2102) ist eine fleißige Sammelarbeit, die aus einer großen Zahl gedruckter Quellen eine beachtenswerte Stoffsammlung für das schlesische Geistesleben des Mittelalters herausgearbeitet hat, aber es nimmt wunder, daß ein grundlegendes Werk, wie das von P. Athanasius Burda, Untersuchungen zur ma. Schulgeschichte im Bistum Breslau, das bereits 1916 erschien, dabei unberücksichtigt geblieben ist. -- In dem i. J. 1927 zum erstenmal und gleich in stattlichem Umfang erscheinenden »Gleiwitzer Jahrbuch« veröffentlicht J. Chrząszcz ( 1390) den I. Teil (1582--1612) eines im Gleiwitzer Stadtarchiv befindlichen, durchweg tschechisch geschriebenen Gerichtsbuches, das auf ca. 1000 Folioseiten die in den Jahren 1582--1691 (und einige Nachträge bis 1738) ergangenen Urteile wegen Vergehen und Verbrechen enthält. Dieses »schwarze Buch«, dem nicht nur sein Einband, sondern vor allem sein Inhalt den Namen gegeben, zeigt in seinen mitgeteilten Gerichtssprüchen die z. T. furchtbaren Strafen der oberschlesischen Rechtspflege jener Zeit und ist für die Kulturgeschichte von besonderem Wert. -- A. Rüffler ( 2124) behandelt in einer kurzen Skizze den Widerstand, den das Zedlersche Universallexikon bei seinem Erscheinen in den kath.-kirchlichen Kreisen und besonders in dem noch unter habsburgischer Herrschaft stehenden Schlesien und Breslau fand, wo die Zensur damals durchaus jesuitisch geleitet war. So mußte der Verleger u. a. bei dem Bresl. Buchdrucker Joh. Gottl. Korn besondere »gereinigte Einschiebebogen« drucken lassen, die die kath. Bezieher anstatt der von der Zensur gemißbilligten Stellen ihrem Exemplar einreihten. -- Beiträge zum oberschlesischen Buchdruck-, Buchhandels- und Zeitungswesen liefert F. Kaminsky ( 69). Der Rahmen der Schrift ist sehr weit gefaßt, da alles, was »zur Herstellung und zum Verbrauch« gedruckter Literatur nötig ist (Papiermühlen, Buchdruck, Schriftgießerei, Buchbinderei, Buchhandel, periodische Schriften jeder Art, Zensur, Inseratenwesen, Bibliothekswesen und Altbücherhandel), in die Betrachtung, die darum Anspruch auf Vollständigkeit nicht erhebt, einbezogen ist. Die bis 1815 reichende Untersuchung führt zeitlich bis in das ausgehende Mittelalter zurück, in der Hauptsache aber behandelt sie das 17. und 18. Jhd. Wieviel auf diesen Gebieten von einer planmäßigen wissenschaftlichen Forschung noch zu leisten ist, zeigt z. B. für das Schles. Zeitungs- und Zeitschriftenwesen die neuerdings darüber veröffentlichte Skizze von W. Klawitter (Schles. Gesch.- Bll. 1929, Nr. 2). -- Das furchtbare Unglück Oberschlesiens, das i. d. J. 1844 bis 1848 Krankheiten, Seuchen und Hungersnot hervorriefen und hier zu einer Katastrophe führte, der gegen 50 000 Menschen zum Opfer fielen und die allein in den drei am meisten betroffenen Kreisen dem Staate die Versorgung von über


S.518

10 000 Waisen zur Pflicht machte, schildert anschaulich W. Mak ( 1589). Als die preußische Regierung damals mit ihrer Hilfe nicht rechtzeitig zur Stelle war, half das ganze deutsche Volk durch reiche Liebesgaben an Wäsche, Geld, Kleidern und Lebensmitteln. Deutschland hat damals die Notlage seiner polnisch sprechenden Landeskinder nicht ausgenutzt. Die Waisenkinder wurden fast durchweg in der Muttersprache erzogen, und der naheliegende Aufkauf eines großen Teiles der bäuerlichen Besitzungen und damit eine billige Siedlung unterblieben.


Diese Seite ist Bestandteil des Informationsangebots "Jahresberichte für deutsche Geschichte" aus der Zwischenkriegszeit (1925-1938)