III. Historische Landeskunde.

Die Geschichte des Ausbaus eines Siedlungsraumes mit Hilfe der Ortsnamen aufzuhellen, hat sich die Arbeit von Bach ( 391) zum Ziel gesetzt. Bach geht als Philologe unter Anwendung einer Methode zu Werke, die »die Kombination der Feststellung aller an der Klärung des Problems beteiligten Disziplinen in anschaulicher Weise ermöglicht«. Die Bedeutung der Kartographie und der Statistik wird stark betont, das Untersuchungsgebiet in eine Anzahl Teilgebiete zerlegt, die sich an Bachläufe anlehnen. Die Darstellung der Besiedlung des Taunusgebiets nach den Bodenfunden und geschichtlichen Nachrichten ergibt die Übereinstimmung dieser Zeugnisse. Die weiteren Untersuchungen, die speziell den Siedlungsnamen gewidmet sind, bringen tabellarische Übersichten über diese, nach bestimmten Typen gruppiert, Erörterungen grundsätzlicher Art über die Siedlungsnamen als Zeugnisse für die Siedlungstätigkeit und Feststellungen, die aus der Beobachtung der Lage des Orts, der Überlieferung und sprachlichen Eigenart der Namen zu einer relativen Chronologie der Namentypen führen und mit ihrer Hilfe den Verlauf der Besiedlung erkennen lassen.

Die Arbeiten am Geschichtlichen Atlas von Hessen und Nassau haben einen guten Fortgang genommen. Das Unternehmen hat sich neuerdings zu einem Institut für geschichtliche Landeskunde erweitert. Der Leiter, E. E. Stengel, hat mit dem Prachtwerk über den bisher nur als Städtezeichner und Chronisten bekannten Wilhelm Dilich ( 390) einen wertvollen Beitrag zur Geschichte der Kartographie gegeben. Als Dilich den 1607 gegebenen Auftrag seines Landesherrn, Generaltafeln in kleinerem und größerem Maßstab, genauere Amtskarten und Spezialtafeln in größerem Maßstab auszuführen begann, war in Hessen, wo ein Arnold und Johannes Mercator gewirkt hatten, das Karten- und Vermessungswesen über die Anfänge bereits hinaus. Die mittelst einer vorgeschrittenen Technik gewonnenen Ergebnisse der Karten Dilichs, der für seine Feststellungen auch Grenzakten heranzog, sind von einer vor ihm noch nie erreichten Genauigkeit, wie auch die Karten als Kunstwerke ersten Ranges gewertet werden müssen. Die vortreffliche Wiedergabe läßt die beigegebenen 26 Karten in Farbengebung und Größe originalgetreu erscheinen. Von Einzeluntersuchungen zum geschichtlichen Atlas liegen für das Berichtsgebiet


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zwei Arbeiten im Teildruck vor. Anhalt ( 1332) behandelt Gau und Grafschaft im oberhessischen Edergebiet. Nach urkundlichen Zeugnissen, unter Beobachtung des Ganges der Besiedlung, kommt er zu dem Ergebnis, daß der Hessengau, wie Menke das schon festgestellt hatte, bedeutend weiter nach Westen gereicht hat als es die ältere Forschung annahm, daß aber abweichend von Menke die Südgrenze mehr nach Norden zu verschieben und ebenso die Nordgrenze von der Eder abzurücken ist. Gaugrenze gegen den Lahngau ist die Wasserscheide zwischen Eder und Lahn, gegen den westfälischen Gau Angeron läuft sie z. T. mit der mainzisch-kölnischen Diözesangrenze zusammen. Bei der Bestimmung der alten Zenten ist Anhalt genötigt, aus Mangel an Quellenmaterial von den späteren unteren (Land-)Gerichten auszugehen. Er bestätigt die von v. Below schon beobachtete Erscheinung der Verkleinerung des ursprünglichen Umfangs der Zentbezirke. Die Zeit des 9. bis 12. Jhds., der Auflösung der Gaue und Entstehung der territorialen Bildung übergeht A. unter Hinweis auf die Arbeit von Wrede ( 202). Am Ende des 13. Jhds. hat sich Mainz in seinem Streben nach Begründung eines geschlossenen Territoriums an Stelle der Grafen von Battenberg und Ziegenhain gesetzt, die am Anfang des Jahrhunderts neben den (Reichs-?) Vögten von Keseberg das Gebiet beherrschten. Auf den von Anhalt zitierten Vortrag Stengels über: Politische Wellenbewegungen im hessisch-westfälischen Grenzgebiet soll hier nachdrücklich hingewiesen werden. Leider ist er nur in seinen Hauptzügen ohne Kartenskizzen gedruckt (Mitt. d. V. f. Hess. Gesch. u. Landesk. 1925/26, S. 4--8. Kassel 1927). An dem sehr instruktiven Beispiel der Grenzwandlungen zwischen den in ihrer Eigenart so ausgeprägten Volksstämmen der Sachsen und Franken deckt Stengel die politischen Triebkräfte auf, die hinter diesem Wechsel standen und durch das im Reiche jeweils geltende politische Machtverhältnis bedingt waren.

Über die Arbeit von Falk ( 1330) wird unten unter V. berichtet.

Im Zusammenhang mit den Arbeiten zum Geschichtlichen Atlas muß auch der treffliche Abriß der politischen Geschichte der Wetterau von F. Uhlhorn ( 199) genannt werden. Uhlhorn betont hier die Bedeutung der Straßen für die Territorialbildung. Der Arbeit sind ungemein anschauliche Kartenskizzen beigegeben.


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