VII. Kirchengeschichte.

Flaskamp ( 1629, auch Teil von 156) wendet sich in einer neuen Bonifatiusstudie dem Hessenbistum Büraburg zu, auch hier wie sonst der scharfsinnige und zitierfreudige Quelleninterpret. Er möchte glauben, daß Bonifatius die Genehmigung Karl Martells zur Errichtung der hessischthüringischen Sprengel unter Ausnutzung des Zustandes körperlicher Schwäche des Majordomus im Spätsommer oder Frühherbst 741 erreicht hat. Das Geschick des Bistums verknüpft er mit der austrasischen Metropolitanfrage. Zu verwundern bleibt Flaskamps Ignorierung der von Jestädt in seiner Geschichte von Fritzlar (Fritzlar 1924) mitgeteilten iroschottischen Gründung einer der hl. Brigida geweihten Kirche und der von Prof. Vonderau in Fulda so erfolgreich unternommenen Ausgrabungen auf dem Bürberge.

Ein in der Literatur immer wieder mitgeschlepptes karolingisches Kloster


S.541

in Höchst am Main wird von Wagner ( 1677) auf Grund genauer Quellenauslegung als Propstei erkannt, die das Mainzer Albanskloster 1090 dort eingerichtet hat.

Der Verfall des Augustinerchorfrauenstifts Volkhardinghausen hatte den Grafen Otto von Waldeck veranlaßt, es 1465 dem Kloster Böddeken zur Einrichtung eines regulierten Chorherrnkonvents und Angliederung an die Windesheimer Kongregation zu übergeben. Elisabeth Boer ( 1687) untersucht in einer ebenso fleißigen wie den Stoff durchdringenden und deshalb auch unsere Kenntnis fördernden Dissertation die Wirkungen der Windesheimer Reformbewegung auf Wirtschaft und geistiges Leben des Klosters. Der erste Teil liegt im Berichtsjahr vor. Der Verfasserin standen außer dem urkundlichen Material Rechnungsbücher und einige der so seltenen Visitationsprotokolle aus dem Ende des 15. und Anfang des 16. Jhds. zu Gebote. Die Waldeckischen Grafen nahmen die Klosterreformen selbst in die Hand, ohne Genehmigung und Hilfe von Papst und Diözesanbischof. In ihren Bestrebungen ließen sie sich allein durch das Gefühl der Verantwortung für das geistige Leben ihres Landes ohne Rücksicht auf materielle oder politische Vorteile leiten. Aufschlußreich sind die Ausführungen E. Boers über den Klosterhaushalt, das Rechnungswesen mit seiner Kassentrennung (Priorkasse zur Repräsentation des Klosters nach außen, Prokuratorkasse für den Haushalt), über die Wirtschaftsführung des Klosters, das den Nachdruck auf eigenwirtschaftliche Betriebe legte, und den Ausbau des Besitzes. Auch die Kunstpflege findet Beachtung. Es läßt sich aus Rechnungseinträgen ein Zusammenhang zwischen niederländischer und waldeckischer Malerei erschließen und auch damit die weitreichende kulturelle Bedeutung der Windesheimer erweisen.

In sorgfältiger Editionsarbeit hat Clemm ( 1678, vgl. Jahresber. 1925, 2093 und 1926, 1994) die Regestierung der Urkunden des Prämonstratenserstiftes Ober- und Niederilbenstadt bis zum Übergang Ilbenstadts in Hessen-darmstädtischen Besitz 1806 weitergeführt und beendet. Hervorzuheben ist das reichhaltige Wort- und Sachregister, in dem z. B. unter dem Stichwort: Urkundenwesen zweieinhalb Spalten gebracht werden.

Der Aufsatz von Nikolay ( 1804) zeigt, wie die Versuche Frankfurts, eine Neuordnung seiner kirchlichen Verhältnisse herbeizuführen, nach dem Scheitern der Verhandlungen mit dem Aschaffenburger Generalvikariat bei dem Interesse Nassaus an der finanziellen Mitwirkung Frankfurts zu einer gemeinsamen Begründung des Bistums Limburg durch Nassau und Frankfurt geführt haben.

Dem 1922 erschienenen ersten Band seiner Kurhessischen Pfarrergeschichte hat Hütteroth ( 1883) einen zweiten, die Stadt Marburg behandelnden, folgen lassen. Hütteroth führt die an den einzelnen Kirchen und Kapellen tätigen Geistlichen, auch die vorreformatorischen auf, mit im Vergleich zum ersten Bande erfreulicherweise sehr zusammengedrängten biographischen Angaben, die auch auf Frau und Kinder ausgedehnt werden und Nachweise der literarischen Produktion der Pfarrer enthalten.

Die Arbeit von Bernbeck ( 1883 a) hat praktische Bedeutung. Sie versucht in Hinblick auf die Bestimmungen der Verfassung des Volksstaats Hessen über die Aufhebung der Patronate nach einem geschichtlichen Überblick über das Patronat in Hessen überhaupt, sämtliche in Hessen noch bestehenden


S.542

Patronate auf ihre Zugehörigkeit zu einer der in der Verfassung unterschiedenen Gruppen der landesherrlichen, standesherrlichen, grundherrlichen und Privatpatronate zu untersuchen. Die nützliche Arbeit schließt mit einer Übersicht über den heutigen Stand des Patronats in den übrigen deutschen evangelischen Landeskirchen.


Diese Seite ist Bestandteil des Informationsangebots "Jahresberichte für deutsche Geschichte" aus der Zwischenkriegszeit (1925-1938)