IV. Wirtschaftsgeschichte.

Unter den Zisterzienserabteien, die am Niederrhein Mittelpunkte wirtschaftlicher Kultur bildeten, nimmt Altenberg eine bedeutende Stelle ein. Es ist beachtenswert, daß die Abtei, wie H. Ermert ( 1680) nachweist, bereits im Jhd. ihrer Gründung (das Kloster wurde 1145 eingeweiht) den größten Teil ihres Besitzes erworben hat, und zwar in der Hauptsache durch Kauf. Die Urkunden zeigen, daß die Abtei am kolonisatorischen Landesausbau wenig Anteil hatte, wenn sie auch in manchen Fällen durch Rodung ihren Besitz erweiterte. Mit dem Ende des 15. Jhd. ist der Gütererwerb mit einigen wenigen Ausnahmen abgeschlossen, »und der vorhandene Besitz hat die Form angenommen, die ihm im wesentlichen bis zur Aufhebung der Abtei geblieben ist«. Der Besitz erstreckte sich auf die Territorien Berg, Jülich und Kurköln, und je nach den Territorien war das Verhältnis der Abtei zu den einzelnen Bevölkerungsschichten ein verschiedenes. In Berg bringt der Adel ihr gleiches Wohlwollen entgegen wie der Landesherr. In den andern Territorien stammt der Grundbesitz größtenteils aus den Händen der niederen Stände. Der


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Übersicht über die Verwaltung des abteilichen Grundbesitzes hat der Verf. in dankenswerter Weise eine tabellarische Übersicht über den Altenberger Grundbesitz und eine Übersichtskarte dieses Besitztums beigefügt. Daß diese umsichtig angelegte und befriedigend ausgeführte Arbeit des Verf. sich in der Hauptsache auf Moslers Urkundenbuch gründet, darf hier nicht unerwähnt bleiben. Gerade diese Untersuchung zeigt aufs deutlichste, daß solche Probleme nur mit Hilfe institutioneller Urkundenbücher gelöst werden können.

Seinem großen Kölner Münzwerk, dessen wir im letzten Bericht (S. 602 bis 603) gedachten, hat A. Noß ( 353) jetzt ein nicht minder wertvolles Werk über die Münzen von Jülich, Mörs und Alpen folgen lassen (vgl. das Referat S. 140). Geben die dem monumentalen Werk von Noß beigefügten Münztafeln uns zugleich einen Einblick in den Stand der Technik am Niederrhein, so bietet die auf Anregung G. v. Belows entstandene Dissertation von A. Flaig ( 1481) eine willkommene Darstellung der inneren Zunftgeschichte und der Entwicklung des Kölner Schmiedehandwerks. Die Beteiligung der Schmiede an der äußeren Geschichte hätte allerdings weit kürzer erledigt werden können.

An zahlreichen aktenmäßigen Beispielen zeigt G. Kentenich ( 1539), daß der wirtschaftliche Niedergang Triers seit Beginn des 16. Jhd. stark auf das Trierer Kunsthandwerk einwirkte, das nur durch den kirchlichen Bedarf noch gestützt wurde. Wenn sich auf dem Gebiete des Glockengusses und des Schmiedehandwerks, auch der Seidenstickerei, das Kunsthandwerk noch behauptete, so verdankte es das der Prunkliebe einzelner, die dann aber in grellem Gegensatz zu der wirtschaftlichen Not stand, die das Ende des 16. Jhds. bezeichnet. Das kampferfüllte 17. Jhd. zeigt nur schwache Spuren eines einheimischen Kunsthandwerks, dessen Rückgang besonders auf dem Gebiete der Goldschmiedekunst hervortritt.

Bei der Wichtigkeit Aachens als Stapelplatz für den Durchgangshandel nach Frankreich, England und den Niederlanden ist die Entwicklung der Verkehrsverhältnisse von besonderer Bedeutung. Insofern darf die Untersuchung von Peter Lauffs ( 1542) Beachtung beanspruchen. Ein erneuter wirtschaftlicher Aufschwung begann für Aachen in der napoleonischen Zeit. Und so ist es erklärlich, daß der Verf. zunächst von den Verkehrsverbesserungen dieser Zeit ausgeht und hierbei Verkehrsvorschriften, Straßen- und Wegebau, Postwesen untersucht. Wesentlich über letzteres erhalten wir hier einige neue Aufschlüsse aus dem Aktenmaterial, während über Straßenbau erst der folgende Abschnitt über die Verhältnisse unter preußischer Herrschaft Ausführliches bietet. Hier erhalten wir auch eine gute Übersicht über den Eisenbahnbau, die Kleinbahn usw. Im weiteren untersucht der Verf. die Einflüsse der Verbesserungen im Verkehrswesen auf ihren Wirkungsbereich und behandelt schließlich die Projekte zur Behebung der unzureichenden Verkehrsverhältnisse im Aachener Wirtschaftsbezirk.

Im Zusammenhang mit einer klaren Darlegung der Hemmnisse, die vor 1814 einer wirtschaftspolitischen Bedeutung Düsseldorfs im Wege standen, erörtert P. Wentzcke ( 1543) einen reichlich phantastischen Plan des Hauptmanns v. Bülow aus dem Jahre 1814, der einerseits die im Jahre 1808 in Wald bei Solingen begründete Gesellschaft zur Nacherfindung des englischen Gußstahls wieder aufleben lassen wollte, andrerseits Mittel plante, um Düsseldorf mit dem bergischen Hinterland zu verbinden (Düssel-Kanal u. a.) und so Düsseldorf


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zu einem Vereinigungspunkt für Industrie und Handel zu machen. Die Vermehrung des Gemeinwohls sollte der eigentliche Gewinn des geplanten Unternehmens sein, das als ein unter Leitung des Staates stehendes Privatinstitut gedacht war.

Es war wohl der Mühe wert, einmal zu untersuchen, in welchem Ausmaße abnorme Witterungsverhältnisse die Wirtschaft eines ganzen Landes ruinieren können und mit welchen Mitteln einer solchen Not gesteuert worden ist. So darf die Dissertation von W. Sandkaulen ( 1544), die vor allem die niederrheinischen Verhältnisse im Notjahr 1816/17 in anschaulicher Weise und auf aktenmäßiger Grundlage schildert, vollste Beachtung verdienen, um so mehr, da die Darstellung als eine überaus geschickte und lesenswerte bezeichnet werden kann.


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