4. Wirtschaftsgeschichte.

Hammer ( 1480) macht die Tatsache, daß sich im Unterelsaß und angrenzenden Teilen der Pfalz und Rheinprovinz die Zweifelderwirtschaft bis in die neueste Zeit erhalten hat, zum Ausgangspunkt einer in ihren Resultaten weit über die elsässischen Grenzen hinausgreifenden Untersuchung. Daß das genannte Wirtschaftssystem in diesen Gebieten bis in sehr alte Zeit zurückreicht und nicht aus einem späteren -- praktisch kaum vorstellbaren -- Übergang aus der Dreifelderwirtschaft zu erklären ist, wird man Hammer zugestehen. Dafür, daß die Triboker, Nemeter und Vangionen die Zweifelderwirtschaft hier eingeführt haben, ist aber nicht der Schatten eines Beweises vorhanden. Was wir von diesen Völkerschaften wissen, ist sehr wenig, nicht einmal ihre germanische Abstammung ist so ganz zweifelsfrei wie Hammer nach Tacitus annimmt. Das Gebiet zwischen Straßburg und Bingen war auch schon vor ihrer Ankunft kultiviert, die Möglichkeit, daß die Zweifelderwirtschaft hier zum Zeitpunkt ihrer Einwanderung bereits vorhanden war (vielleicht unter römischem Einfluß, vgl. Meitzen I, 464), hätte eine sehr gründliche Erörterung verdient. Hammer geht aber noch viel weiter: nach ihm ist die Zweifelderwirtschaft überhaupt das altgermanische Ackerbausystem, das um die Mitte des 4. Jhds. der Dreifelderwirtschaft Platz machte. Man wird einer aus so gebrechlichen Prämissen abgeleiteten Folgerung mit dem größten Bedenken gegenüberstehen müssen und es den Wirtschaftshistorikern überlassen, zu diesen mit so unumstößlicher Sicherheit vorgebrachten, aber, wie mir scheint, doch sehr anfechtbaren Ausführungen im einzelnen Stellung zu nehmen. -- Zur neueren Wirtschaftsgeschichte des Elsaß liefert Ponteil einen brauchbaren Beitrag ( 1537). Die Absicht des Verfassers ist nicht auf historische Darstellung, sondern auf möglichst genaue statistische Erfassung der wirtschaftlichen Zustände des Elsaß nach der Revolution i. J. VIII gerichtet. Als Quellen dienen die Statistik des Departements, die der Präfekt Laumond i. J. X als ersten Beitrag für die große von Chaptal herausgegebene statistique des préfets geliefert hat, sowie einige periodische Blätter; daneben wurde archivalisches Material herangezogen, besonders die Déliberations des Departementsdirektoriums aus dem Straßburger Bezirksarchiv. Auf Grund dieser Quellen werden die Verhältnisse des Handels, der Industrie und der Landwirtschaft eingehend untersucht. Der Gesamteindruck ist auf allen Gebieten der eines entschiedenen Rückgangs. Schuld daran trug wohl in erster Linie die erst von der Revolution vollzogene Eingliederung des Elsaß in das französische Zollsystem; die neue am Rhein laufende Zollgrenze lähmte den Transithandel, nahm Straßburg seine Bedeutung als Emporium des Handelsweges Holland-Schweiz und unterband die unumgängliche Verbindung des Elsaß mit dem rechten Rheinufer. Daneben wirkten die Wirren der Revolutionskriege, die Requisitionen und die einengende Gesetzgebung schädigend auf die wirtschaftliche Entwicklung ein.


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