III. Schriftentwicklung.

Anknüpfend an frühere Studien untersucht Schiaparelli ( 247) sehr genau fremde Einflüsse von Spanien, England und Frankreich her auf die Schrift der Apenninhalbinsel während des 8./9. Jhds. Seine Aufmerksamkeit gilt Lucca, Verona, Bobbio und besonders Montecassino. Daß hier wieder Beeinflussung von Schreibstube zu Schreibstube betont wird, kann ich nur begrüßen. Hingegen scheint mir die von S. angenommene Richtung für den Entwicklungsgang der vorkarolingischen Schrift (nicht von Italien über die Alpen, vielmehr umgekehrt von Norden nach Süden) noch der Nachprüfung


S.126

bedürftig. --Villada ( 240), welcher im übrigen nur über Kehrs spanische Forschungen referiert, bringt einen Nachtrag zu seinem Verzeichnis westgotischer Handschriften.

Die Aufsätze des vorliegenden Heftes der Palaeographia Latina ( 236) gehören auch inhaltlich zusammen. Lowe bereichert unsere Kenntnis vom B-Typ durch Hinweis auf ein Blatt in Cod. lat. 4808 der Nationalbibliothek. --Lindsay handelt von insularen Einflüssen auf die Abkürzungen in niederländischen Manuskripten des 8./9. Jhds. --Löffler will aus heute in Stuttgart befindlichen Kodices eine Konstanzer Schreibschule rekonstruieren, betont aber selbst, daß ein abschließendes Urteil sich erst ermöglichen läßt, wenn wir über die Scriptorien von Reichenau und St. Gallen völlige Klarheit gewonnen haben werden. --Rand untersucht an Hand von Beispielen aus Tours die damalige Blindliniierung. Er stellt einen Wechsel der Methode um ca. 820 fest und gewinnt damit ein neues Datierungsmoment. -- Anzuschließen sind zwei andere Arbeiten desselben Verfassers. In der einen ( 243) polemisiert er gegen die Annahme Lindsays, bis ca. 820 sei zur Abkürzung für «tur» ein Apostroph, erst später das 2-Zeichen verwendet worden. Die andere ( 242) beschreibt und verzeichnet die zahlreichen Abkürzungen, welche Cod. Turon. 286 (Augustins De Musica) enthält. Sie entstammen nach der Ansicht Rands einer in Uncialis geschriebenen Vorlage und verbreiten so neues Licht über die Notae communes des Frühmittelalters. --Lehmanns kleiner Aufsatz ( 244), welcher den von anderen versuchten Nachweis eines Wal. Strabo-Autographs ablehnt, sei hier noch wegen seiner Bemerkungen zu insularen Einflüssen in Reichenau hervorgehoben.

Haetges Dissertation ( 250) «Die Erfurter Grabplastik des 15./16. Jhds.», beschäftigt sich auch -- was an sich sehr dankenswert -- mit den auf den Grabsteinen beobachteten Buchstabenformen. Nur ist seine Betrachtungsweise für uns unergiebig, zumal ihm jede genauere Kenntnis der damaligen Schriftarten fehlt.

Einige der in der Bibliographie angeführten Arbeiten waren mir nicht zugänglich.


Diese Seite ist Bestandteil des Informationsangebots "Jahresberichte für deutsche Geschichte" aus der Zwischenkriegszeit (1925-1938)