VI. Wirtschaftsgeschichte.

Mit einem vierten, gleich den übrigen (zuletzt 1924) in der Wiener Numismatischen Zeitschrift veröffentlichten Abschnitte über das Ausklingen der Friesacher Währung ( 344) beschließt A. Luschin- Ebengreuth seine aufschlußreiche Untersuchung, diesmal vornehmlich gestützt auf eine Friesacher Münzhausrechnung von 1338/39 und ein Aktenstück der salzburgischen Kanzlei von 1507, das eine wohl nur vorübergehende Wiederaufnahme des Friesacher Münzbetriebes verrät. -- In derselben Zeitschrift verfolgt G. Probszt ( 344) die Auswirkungen des angeblichen Münzrechtes der Gurker Fürstbischöfe im 18. und zu Beginn des 19. Jhds. und belegt das Münzrecht der Grafen von Dietrichstein durch Abdruck und Erläuterung der Verleihung desselben durch Kaiser Ferdinand III. von 1637. -- K. Kaser ( 1525) verdanken wir beherzigenswerte Vorschläge zu einer Geschichte des steirischen Waldwesens im 16. und 17. Jhd. als eines Brennpunktes des alten Kampfes zwischen Industrie und Landwirtschaft. -- Indem K. Kaser ( 1522) auf wenigen, doch inhaltsreichen Seiten ein Bild vom innerösterreichischen Eisenhandel der 1. Hälfte des 19. Jhds. entwirft, die schier unüberwindlichen Schwierigkeiten des Ringens mit der Konkurrenz des Auslandes und die der inneren organisatorischen und wirtschaftlichen Hemmungen aufzeigt, rührt er wie von selbst immer wieder an die wesensverwandten Nöte der Gegenwart: erstaunlich kräftig ist das Echo, das Schwarzenbergs Plan eines Siebzigmillionenreiches trotz und infolge der bitteren Not der Zeit in allen Kreisen des innerösterreichischen Eisenwesens gefunden hat. -- Ein um die Mitte des 14. Jhds. angelegtes landesfürstliches Urkundenverzeichnis der Bozner Pfandleihanstalt wird von L. Santifaller ( 1469) sorgfältig beschrieben und veröffentlicht. -- Auf dem Gebiete der zuletzt vornehmlich von Bückling und Stolz näher berührten Geschichte der Bozner Märkte hat F. Huter ( 1526) den Quellen des 1635 eingeführten Bozner Merkantilmagistrats sein Hauptaugenmerk zugewendet und auch die Wege aufgezeigt, auf denen diese fremdartige Einrichtung über die Champagne und Oberitalien in Bozen Fuß gefaßt und sich von hier aus


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weiter nach Deutschland verbreitet hat. Unter den Beilagen verdienen die bis zur Mitte des 19. Jhds. reichenden Listen der Marktbesucher und der Mitglieder des Merkantilmagistrats besondere Beachtung.

Eine in ihren Wirkungen nicht sehr nachhaltige Episode aus dem österreichischen Wirtschaftsleben, die sich an der Wende vom Merkantilismus zum Physiokratismus abspielte, behandelt F. v. Pollack-Parnau ( 1513), indem er das Werden und die Schicksale jener österreichisch-ostindischen Handelskompanie schildert, die Wilhelm Bolts ins Leben gerufen hatte. Bolts, deutscher Abstammung, zu Amsterdam geboren, hatte sich als Beamter der englisch-ostindischen Kompagnie mit der englischen Regierung in Indien überworfen und wandte sich 1775 an Österreich, wo man einerseits den Triester Hafen zu fördern und andererseits die Ausfuhr von Kupfer zu heben gedachte. Am 6. September 1777 langte das Schiff »Joseph und Theresia« an der indischen Westküste an, mußte aber bald schwer mit den Hindernissen kämpfen, die die Engländer allenthalben diesem Beginnen in den Weg legten. Immerhin wurden an der Malabarküste in der Delagoa-Bay, und auf den Nikobaren österreichische Niederlassungen gegründet. Doch die Erfolge hatten keine Dauer: im Jahre 1785 brach die Aktiengesellschaft zusammen. (B.) -- Einen wichtigen Beitrag zur modernen Wirtschaftsgeschichte Österreichs hat sich Johannes Kraft ( 1515) zum Gegenstande der Forschung erwählt. Aus der Arbeit wird deutlich, wie die österreichische Papiergeldwirtschaft mit 1762 anhebt, 1785 eine weitere Steigerung erfährt und in den napoleonischen Kriegen in beängstigendem Maße anschwillt, so zwar daß 1809 das Disagio zwischen Bancozettel und Silbermünze 221 v. H. erreicht. Da die Absicht des Hofkammerpräsidenten Grafen O'Donell, eine Vermögenssteuer einzuführen, an dem Widerstande der Ungarn scheitert, schlägt sein Nachfolger im Amte, Graf Josef Wallis vor, den Nennwert des Bancozettels auf 1/5 herabzusetzen und an Stelle der Bancozettel Einlösungsscheine auszugeben. Zwar lassen sich auch in diesen Jahren die typischen Erscheinungen der Inflation und der Deflation verfolgen, doch bedingten sie nicht so schwere Krisen, wie dies in der Gegenwart der Fall zu sein pflegt, weil das Kreditwesen und seine Organisation noch verhältnismäßig unentwickelt waren. Angesichts der heraufziehenden Kriegsgefahr nahm Graf Wallis am 16. April 1813 seinen Abschied. (B.) -- Mit Kasers Forschungsgebiet berührt sich z. T. das G. Zanes ( 1512), dem wir eine wertvolle Untersuchung der österreichischen (und deutschen) Wirtschaftsbeziehungen zu den Donaufürstentümern von der Mitte des 18. bis tief ins 19. Jhd. verdanken. Im Ringen der Konkurrenten, denen sich bald auch Großbritannien und Frankreich zugegesellen, bleibt Österreich dank der Donaustraße und der großzügigen Anlage seines Eisenbahnnetzes im wesentlichen siegreich.


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