VII. Kirchengeschichte.

Der 3. von E. Klebels Beiträgen zur Geschichte der Pfarren und Kirchen Kärntens ( 1704) ist den Umständen und Zielen der Filialkirchengründungen gewidmet, die er auf dem noch wenig begangenen Umwege über die Kirchenheiligen und deren Altersschichten zu entschleiern sucht. Von einer hochmittelalterlichen Schicht von Wallfahrtsheiligen aus der Zeit der Hiersauer Reformorden und der Kreuzzüge, die sich, vermittelt durch hochfreie oder ritterliche Geschlechter, teils aus Südfrankreich und Spanien, teils aus Italien und dem Oriente herleiten, und einer karolingischen, von Salzburg und Aquileia beeinflußten Schicht hebt K. nach unten hin eine von bäuerlichen


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Kirchengründern herrührende spätgotische Schicht des Vorherrschens von Schutzpatronen, nach oben hin aber eine heidnisch-frühchristliche ab. Der Relativität seiner Altersschichten und der Voraussetzungen ihrer wissenschaftlichen Fundamentierung ist sich K. wohl bewußt geblieben. -- Die Skizze des geistigen Lebens im Stifte Kremsmünster im 13. und 14. Jhd. von H. Prochaska ( 1664) hält dermalen bei der Geschichte des Klosters und der kulturellen Zustände bis zur Mitte des 13. Jhd. -- An dem Beispiele des Salzburger Bistumsstreites von 1403--1406 entwirft E. Göller ( 1621) ein eindrucksvolles Bild von dem damaligen päpstlichen Provisions(un)wesen und den Anstrengungen und Aufwendungen, denen sich jede der Gegenparteien unterziehen mußte. -- P. J. Barrys Untersuchung der Zustände im Wiener Schottenkloster vor der Reform des Jahres 1418 ( 1663) läuft im wesentlichen auf eine Kritik des um 1466 von einem der neuen deutschen Mönche der Melker Observanz geschriebenen, die Tätigkeit der alten irischen Benediktiner verurteilenden »Memoriale reformationis ad Scotos« hinaus. B. zählt die Gründe auf, die es als tendenziös, von außen her beeinflußt und unkritisch erscheinen lassen. Er trifft damit wohl das Richtige. Ein gewisser zeitgeschichtlicher Wert wohnt jenem Memoriale dennoch inne. -- Über Kapistrans Wirken in und für Österreich vgl. den Aufsatz N. Lickes ( 1637 a).

Einen interessanten Beitrag zur Politik Josephs II. liefert Hofer ( 882), indem er die Geschichte des Toleranzpatentes in Tirol verfolgt. Er weist darauf hin, wie zum Schrecken der Regierung die bis dahin gewaltsam zurückgehaltenen Protestanten sich bereits im Jahre 1781, da das Patent veröffentlicht worden war, 73 722 als Akatholiken bekannten, eine Zahl, die 1785 auf 107 454 stieg. Die vielverbreitete Meinung, als ob das Toleranzpatent in Tirol gar nicht oder bloß verschleiert kundgetan worden wäre, weist Hofer als Irrtum nach. Das Innsbrucker Amtsblatt brachte bereits 9 Tage nach Erlassung des Patentes, am 22. Oktober den Wortlaut. Die Veröffentlichung allerdings durch die Kirchenbehörden ging nicht ohne Proteste und Verschleppungen vor sich und in Formen, die einem Verschweigen ziemlich gleich kamen. Wohl erhoben die Stände verschiedentliche Male Einspruch, wandten sich später auch an Leopold II., ohne einen Erfolg zu erringen. Mit Ausnahme von zwei Familien im Ahrntal, die dem lutherischen Glauben anhingen, unter der Einwirkung ihrer Umgebung und der Behörden aber von einem öffentlichen Bekenntnis zurücktraten, kamen die Folgen des Toleranzpatentes für Tirol nicht in Betracht. Zu einem politischen Kampfgegenstand wurde die Frage der Glaubenseinheit des Landes erst, als 1828 im Zillertal Landesbewohner die Errichtung einer evangelischen Kultusgemeinde forderten. (B.) -- A. Posch ( 1769) beleuchtet die kaiserfreundliche Stellungnahme des Seckauer Bischofs Josef Adam Graf Arco von 1780--1802 in der Frage der großen josefinischen Diözesanregulierungen. Die späteren an Leopold II. und Franz I. gerichteten Beschwerden über den Verfall von Religion und Moral sind zeitgeschichtlich recht wertvoll. Bedeutsam ist Arcos Eintreten für die »deutsche Kirchenfreiheit« gegen das »Joch der römischen Anmaßung«. -- Was M. Frh. v. Hussarek zum Tatbestande des landesfürstlichen Nominations- und Bestätigungsrechtes für die österreichischen Bistümer zur Zeit Kaiser Franz Josefs ( 1770) berichtet, gewinnt, da er selbst lange Zeit als Referent und Kultusminister daran beteiligt war, erhöhte Bedeutung. Sein instruktiver Querschnitt durch die


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Praxis wirft auch auf Franz Josefs absolute Sachlichkeit ein wohltuendes Licht.


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