III. Historische Landeskunde.

Das Dunkel, das über die Zeit des Einwanderns der Slawen, des Abwanderns der germanischen Stämme aus den Sudetenländern gebreitet ist, reizt immer wieder zu neuer Erforschung. So bemüht sich Dopsch ( 638) mit erlesenem Scharfsinn durch genaue Interpretation der schriftlichen Quellen und durch Heranziehung der prähistorischen Forschungsergebnisse mehr Licht in die Frage des Abwanderns der Markomannen, des Einsetzens der Langobarden- und Awarenherrschaft zu bringen. Der Annahme, daß Thüringer auch in Nordböhmen geherrscht hätten, schließt er sich an. -- Vereinzelte Funken des einst mächtigen Streitfeuers um die Bretholzsche Lehre


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steigen noch auf [Bretholz ( 429), Leithold ( 429)]. -- In die Grenzbesiedlung des böhmischen Landes führten die 1924 erschienenen Arbeiten Lechners über die Geschichte der Besiedlung und der ursprünglichen Grundbesitzverteilung des Waldviertels und Muggenthalers über das Kloster Waldsassen, denen J. Pfitzner, MÖIG 42, 121--136, eine eingehende Besprechung angedeihen läßt, in der er Lechner gegenüber in der Gmünder Frage, Muggenthaler, der wenig methodisch geschult, mit Außerachtlassung wichtigster Quellenwerke zur böhmischen Geschichte gearbeitet hat, für die gesamte Frühzeit der kolonisatorischen Tätigkeit Waldassens in Westböhmen und Oberbayern Neues beibringt. -- Für die böhmisch-oberlausitzische Grenze liegt nun der gedruckte Auszug der genau gearbeiteten Dissertation von R. Wenisch: Die Grenze zwischen Böhmen und der Oberlausitz (Jahrb. d. phil. Fak. d. dt. Univers. in Prag III, 18--21) vor, deren allgemeine Ergebnisse bereits Hirsch (siehe Jahresberichte II, 658) mitgeteilt hat. -- In das gleiche Gebiet führt B. Schier: Flur und Siedlung, der im Rahmen der Heimatkunde des Friedländer Bezirkes eine altertumskundlich-volkskundliche Studie veröffentlicht hat, in der er Feld, Wald, Wiese, Wege, Gewässer usw. möglichst allseitig nach Wörtern und Sachen durchsucht, dabei eine erstaunliche Mannigfaltigkeit der Terminologie zustande bringt, die bei vergleichenden Arbeiten auf diesem Felde sicher an Bedeutung gewinnen wird, wenngleich Flur- und Siedlungsgeschichte im üblichen Sinne stark zurücktreten und das Verwenden neuerer Arbeitsmethoden noch nicht recht erkennen lassen. -- Die Ortsnamenforschung ist als Helferin zur Aufhellung historisch-landeskundlicher Fragen stets willkommen, so daß auch Rösler, K.: Die Ortsnamen des politischen Bezirkes Komotau (Jahrb. d. phil. Fak. d. dt. Univers. in Prag III, 55--56), soweit der Auszug erkennen läßt, einiges Beachtliche gerade für die Siedlungsgeschichte des früh besiedelten Egergrabens beibringt. -- Von dem monumentalen Werke des unermüdlichen Sammlers und Arbeiters in den historischen Hilfswissenschaften Böhmens Sedláček (S. 623 Nr. 39) liegt nun ein neuer, aus seinem Nachlaß herausgegebener, den Gebieten Kouřím, östliches Moldaugebiet und südwestlicher Teil des Bunzlauer Landes gewidmeter Band vor, der ähnlich wie die früheren alle Burgen, Befestigungen, Schlösser genau verzeichnet, mit Verwendung eines reichen urkundlichen Materials beschreibt und abbildet, womit er der Orts-, aber auch Siedlungs- und Kulturgeschichte Schätze höchsten Wertes aufbereitet hat, deren historisch-geographischer Wert bereits aus der von Šimák beigegebenen Karte erhellt.


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