a) bis

1378. Nach wie vor bleibt die Frühgeschichte der böhmischen Länder das Stiefkind der Forschung. Zur Quellengeschichte liegt die Arbeit Perfeckijs ( 742) vor, der die Opatowitzer Annalen als Kompilation, entstanden in den Jahren 1146--1150, nachzuweisen und ihr Verhältnis zur böhmischmährisch-polnischen Annalistik genauer zu bestimmen versucht, ohne daß das letzte Wort in diesen Fragen schon gesprochen wäre. --Kovařik, G.: Studien zu Dalimil (Jahrb. d. phil. Fak. d. dt. Univ. in Prag III, 71--74) rührt mit seiner Dissertation an einer überaus wichtigen Stelle böhmischer Historiographie und Kulturgeschichte, legt sich Fragen wie die, ob Dalimil ein Ritter oder Geistlicher war, vor, betrachtet die Reimchronik als zeitgenössische Darstellung, untersucht die Fortsetzungen der Reimchronik und trachtet auch in


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der Frage nach den persönlichen Eigenschaften und Anschauungen Dalimils über den bisherigen Stand hinauszukommen. --Pfitzner ( 774) versucht vom Standpunkte des allgemeinen Historikers und unter Zuhilfenahme neuer, von der Historik bisher zu wenig benützter Methoden, welche politische Geographie und Geopolitik, aber auch die Sauersche Stammes- und Landschaftenlehre bieten, Böhmens und des Rheinlands politisches Schicksal am Ende des 13. und zu Beginn des 14. Jhds. zu umspannen, es aus der Gemeinsamkeit der Lage zum Reichskörper zu bestimmen, wozu sich dann besonders die Person des Mainzer Erzbischofs Peter Aspelt als konkretes Beispiel, an dem sich diese natürlichen Gegebenheiten auswirkten, einstellt. -- Einen lange von der Wissenschaft geglaubten, weil allzu plausiblen Aufsitzer hat nunmehr Koss (S. 622 Nr. 18) als solchen aufgedeckt. Es handelt sich um die Goldbulle Friedrichs II. von 1212 für Mähren, mit der er nach bisheriger Ansicht Mähren an seinen Markgrafen Wladislaw Heinrich zu Lehen gegeben haben soll. Bretholz hatte geglaubt, Mocran et Mocran als marchionatum Moraviae deuten zu können. Nun zeigt sich aber nach einer von K. im böhmischen Kronarchive gefundenen Urkunde, daß es sich bei Mocran et Mocran nicht um eine Verballhornung oder verdorbene Schreibung, sondern um wirkliche Orte handelt, und zwar um Stadt und Burg Möckern bei Magdeburg. Dies ist aber für die Geschichte des staatsrechtlichen Verhältnisses Mährens zum Deutschen Reiche eine Tatsache von weittragender Bedeutung. Seit Bretholz setzte sich die Meinung fest, Böhmen sei 1212 neuerdings vom Kaiser als Reichsfürstentum behandelt worden trotz des Vertrages von 1197, der den Zustand von 1182 aufhob. Nach der neuen Lesung handelt es sich 1212 nicht mehr um die Reichsunmittelbarkeit, sondern Mähren gehörte bereits zu Böhmen und nur durch dieses zum Reiche. --Schieche (S. 623 Nr. 38) bietet in seinen Beiträgen zur Geschichte Johanns von Böhmen einen Bericht über seine italienische Archivreise, in der er nach neuem Material zur Geschichte Johanns suchte, auch einiges fand, das vor allem einige kleine Züge in das Bild der italienischen Politik des Luxemburgers einzeichnen hilft. -- Einen glücklichen Fund machte der Belgier Quicke (S. 623 Nr. 35) mit der zweiten Fassung des Testaments Karls IV., die aus dem Jahre 1377 stammt und die im Vergleich zu dem von 1376 wichtige Änderungen aufweist, die nach Qu. vor allem auf das Konto von Luxemburger Rücksichten zu setzen sind, die aber auch für die mährischen Länder eine bessere Vorsorge trafen. Es scheint, daß dies das endgültige Testament Karls IV. darstellt, wenngleich, worauf Novák, Č. č. h. 33, S. 13--16, richtig hinweist, noch eine genauere palaeographische Untersuchung Klärung über die Herkunft der Kopie wird bringen müssen. -- Karl IV. unternahm 1378 eine Reise nach Frankreich. In einer gleichzeitigen Beschreibung dieses Zuges sind überaus wertvolle Illuminationen angebracht, welche das Treffen Karls IV. mit dem französischen König darstellen. Diese Bilder reproduziert nun Cibulka (S. 621 Nr. 4) vorzüglich und beschreibt sie.


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