VII. Wirtschafts- und Sozialgeschichte.

In seiner zusammenfassenden Bewertung der wirtschaftlichen Bedeutung der Schweiz im MA. kommt Am-


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mann ( 1477) zum Schluß, daß das ökonomische Leben der Schweiz im MA. nur verständlich ist im größeren Rahmen der gesamten oberdten. Wirtschaft. Den Anteil der Schweiz an der dten. Wirtschaft zu untersuchen, ist das Ziel von Ammanns Ausführungen. Sie handeln vom Bergbau, von der Landwirtschaft, vom Gewerbe und vom Handel. Die besonderen Eigentümlichkeiten der schweizerischen Städte sind sorgfältig hervorgehoben, und der Verfasser verfehlt nicht, immer auf die verschiedenen Richtungen hinzuweisen, die die eine Stadt mehr auf die Förderung der rein politischen Macht, die andere Stadt mehr auf die Förderung der ökonomischen Interessen hingewiesen haben. Mit vollem Recht verlangt Ammann eine systematische Erschließung des gesamten schweizerischen wirtschaftsgeschichtlichen Quellenstoffes, wie sie in St. Gallen und neuerdings auch in Zürich begonnen worden ist.

Den italienischen Bankiers, Kaufleuten, Diplomaten und Reisenden, die sich in Freiburg bis zum Jahre 1500 nachweisen lassen, widmet Aebischer ( 1478) eine inhaltreiche Studie. Hauptsächlich die Rolle der lombardischen Geldwechsler in Freiburg untersuchend, vermutet er, daß zur Ansiedelung lombardischer Geldwucherer namentlich beigetragen hätten die kaiserlichen Dokumente zugunsten der freien Handelsbetätigung der Bürger von Asti und die Aussöhnung zwischen den Grafen von Savoyen und den Lombarden von Asti. Die ersten Lombarden treten demgemäß zu Ende des 13. Jhd. in Freiburg auf und sie bildeten für die freiburgischen Tuch- und Lederproduktion eine wichtige Ergänzung, da die Freiburger Kaufleute nicht über die nötige finanzielle Organisation verfügten. Mehrere der freiburgischen Lombarden waren daneben auch in Genf, wo die bekannten Messen blühten, tätig. Einzelne erscheinen auch in enger Verbindung mit den Grafen von Savoyen, so ist ein Salicato 1381 Kastellan der Savoyerstadt Murten. Das 15. Jhd. brachte den allmählichen Rückgang der Tätigkeit der Lombarden in Freiburg, der zu erklären ist durch den allgemeinen Rückgang der freiburgischen Wirtschaft. Des Weiteren befaßt sich Aebischer mit italienischen Apothekern in Freiburg, mit den direkten Beziehungen der Zähringerstadt mit Italien (Mailand und Venedig), mit der Durchreise von apostolischen Legaten und Delegierten in Freiburg. Im Anhang werden zwei Dokumente betr. Aufnahme von Astesanen ins freiburgische Bürgerrecht ( 1336) und ihre Stellung zum Herzog von Österreich ( 1337) abgedruckt.

Auf die Entstehung von Kleinbasel, d. h. der Siedlung am rechten Ufer des Rheines, kommt Eduard Schweizer ( 1479) in seiner Studie über die Gewerbe am Kleinbasler Teich zu sprechen. Von dem aus dem heute badischen Gebiet herkommenden Fluß Wiese zweigte wohl schon von jeher ein wild fließender Wasserlauf ab, der sich gegenüber dem heutigen Großbasel in den Rhein ergoß (man vgl. z. B. den Grundriß der Stadt Basel in Merians Topographie der Schweiz, 1642, Neuausgabe 1926). Dieser Wasserlauf wurde nun in verschiedene Kanäle abgeleitet und die Wasserkraft mannigfachen gewerblichen Zwecken dienstbar gemacht. Die Lehensinteressenten an diesem sog. »Kleinbasler Teich« schlossen sich zu einer Gewerbsgenossenschaft zusammen, die von Andreas Heusler in seinen Institutionen des deutschen Privatrechtes ganz besonders gewürdigt worden ist. Heusler und Wackernagel wollen nun die Unabhängigkeit dieser Genossenschaft und ihr Eigentum am Teich damit erklären, daß Teich und Teichbenutzung in die Zeiten vor Entstehung einer Kleinbasler Stadtgemeinde zurückreichen. Schweizer kommt mit sehr einleuchtenden


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Argumenten zum Ergebnis, daß die Stadtgründung von Kleinbasel (um 1225) das primäre sei, und daß der systematische Ausbau der Kanäle, sowie die Entstehung der Gewerbsgenossenschaft erst eine Folge der Stadtgründung seien. In weiteren Kapiteln seiner Untersuchung kommt der Verfasser auf die einzelnen Wasserlehen und auf die Korporation der Lehensinteressenten zu sprechen.


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