VIII. Kirchengeschichte.

In seinen Untersuchungen über Heiligenleben der Diözese Besançon berührt Zinzius ( 1644) auch den Abt Germanus von Moutier-Grandval (heute Kanton Bern, ehedem Gebiet des Fürstbischofs von Basel) gest. um 645, dessen Vita als Vorbild für die Vita eines angeblichen Bischofs Germanus von Besançon gedient hat. Diese erfundene Bischofsvita verdankt ihren Ursprung wohl nur in Baume-les-Dames ruhenden Reliquien des Abtes, von deren geschichtlichem Dasein man in Besançon trotz der alten Passio nichts mehr wußte. -- In seinen Beiträgen zur Geschichte der heiligen Wiborada sucht E. Schlumpf ( 718) zu beweisen, daß Wiborada von der Burg Klingen (heute Altenklingen im Kanton Thurgau) stamme, wobei mangels genügender historischer Überlieferung als Beweis »eine durch Jahrhunderte geheiligte Tradition« angeführt wird. Als Zeit der Heiligsprechung der Wiborada nimmt der gleiche Verfasser das Konzil in Rom Ende 1046 unter dem Pontifikat von Papst Clemens II. an. -- Die Arbeit von Chorherrn Lütolf ( 1670) in Beromünster über das Reichsstift Beromünster (Übergang an Österreich und Luzern) beruht hauptsächlich auf dem 1906--1913 von Liebenau herausgegebenen Urkundenbuch des Stiftes Bero-Münster, und gibt in der Reihenfolge der Päpste den Inhalt der wichtigsten Dokumente in Regestenform wieder. -- Im Anschluß an die 1924 erfolgte Ausgabe der Chronik des Minoriten Johannes von Winterthur in den Monumenta Germaniae historica untersucht Johann Hofer ( 1636) die Stellung des Chronisten zum Armutsstreit im Franziskanerorden zur Zeit Johannes XXII. Der Chronist berichtet über die Ereignisse auf Grund der Auffassung des in Opposition zum Papst stehenden Ordensgenerals Michael von Cesena. Wenn der Chronist auch für Cesena Partei ergreift, so geht er doch nicht so weit, das Schisma der Anhänger des Ordensgenerals zu billigen. Die Chronik des Johannes von Winterthur ist nach Hofer ein Stimmungsbild aus dem Kreise der oberdeutschen Minoriten, die z. T. von unklaren, z. T. von unrichtigen Voraussetzungen ausgingen.

In einer größeren Arbeit, deren erster Teil vorliegt, verfolgt Karl Schönenberger ( 1642) die Schicksale des Bistums Basel während des großen Schismas 1378--1415. Besondere Beachtung schenkt der Verfasser mit Recht Herzog Leopold III. von Österreich und seiner Stellung zum Schisma. Leopolds Besitzungen erstreckten sich als ein langer Streifen hinein ins Gebiet der römischen Obödienz und unterbrachen fast die Verbindung Dtls. mit Italien. Hauptsächlich mit der Mehrung seiner Gebiete im Westen beschäftigt, (habsburgische Vorlande in der Schweiz, im Schwarzwald, Breisgau und Elsaß), war es von folgenschwerer Bedeutung, daß er sich dem Papste Clemens VII. und Avignon enge anschloß. Diese Stellungnahme sollte seinen Einfluß im Westen stärken und ihm die Hilfe Frankreichs sichern. Außerdem hatte Leopold den Plan, sich der Stadt Basel zu bemächtigen, die als Verbindungsstück zwischen den aargauischen, elsässischen und welschen Besitzungen für ihn in Betracht kam. Unter diesen Umständen spielte der Bischof von Basel, der


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zwar nicht Stadtherr war, aber doch viele wichtige Rechte besaß, keine unbedeutende Rolle, zudem befand sich Kleinbasel, das wichtige Eingangstor, in den Händen des Bischofs. Nach dem frühen Tode des Herzogs in der Schlacht von Sempach fiel nun aber die stärkste Stütze des Clementinismus im Bistum Basel dahin und der Einfluß von Avignon ging zurück. Immerhin warf das Schisma doch noch so starke Wellen, daß sich auf dem Basler Bischofsstuhl fast ständig Kandidaten der beiden Richtungen von Rom und Avignon befehdeten, bis schließlich in Basel völlige Interesselosigkeit gegen die kirchlichen Kämpfe eintrat. Seit 1410 gehörte wieder das ganze Bistum Basel zu einer Obödienz, zu derjenigen Johanns XXIII. -- Das Bistum war durch die steten Kämpfe in schwere Verschuldung geraten und das ermöglichte der Stadt Basel, sich frei zu machen und sogar Kleinbasel zu erwerben. -- Die Studie von K. Schönenberger ( 1643) über Bern und Solothurn während des großen Schismas zeigt, daß sich Bern in seiner wechselnden Parteistellung (zuerst für Clemens VII., dann für Bonifaz IX.) nicht in erster Linie von religiösen Antrieben leiten ließ, sondern daß es die Ausdehnung seines Machtbereiches im Auge hatte und gelegentlich rücksichtslos gegen die kirchlichen Institutionen vorging (Überfall auf das Kluniazenserpriorat Rüggisberg, Teilnahme an der Gruberschen Fehde). Solothurn hatte sich zu Beginn des Schismas auf die Seite Clemens VII. gestellt, zog sich aber Exkommunikation und Interdikt zu, da im Zusammenhang mit der sog. »Mordnacht« von 1382 ein Chorherr von der erbitterten Menge niedergemacht worden war. Als Beilagen sind vier päpstliche Urkunden abgedruckt.


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