A. Allgemeines.

An das für die polnische Geschichtswissenschaft bedeutsamste Ereignis des letzten Berichtszeitraums, den Posener Historikertag von 1925 (vgl. Jahresberr. 2, S. 691), erinnert die Veröffentlichung der Protokolle seiner Verhandlungen ( 89): die hier abgedruckten Diskussionen über die zum Vortrag gelangten Referate bringen vieles, das auch für den deutschen Historiker wichtig sein kann, so den Meinungsaustausch über die Organisation des historischen Publikationswesens in Polen; auf einzelne, besonders bedeutsame Punkte werden wir noch hinzuweisen haben. Im Berichtsjahr fand in Warschau, von der Polnischen Historischen Gesellschaft einberufen, die erste Konferenz der Historiker Osteuropas und der Slavenwelt statt, an der auch reichsdeutsche, Danziger und österreichische Forscher teilnahmen ( 23, 78): sie führte zu bedeutsamen organisatorischen Maßnahmen, deren Auswirkungen, ebenso wie die Veröffentlichung der auf der Konferenz gehaltenen Vorträge, aber nicht mehr in den Berichtszeitraum fallen.

Eine wertvolle Ergänzung hat das polnische historische Zeitschriftenwesen durch die Begründung eines Fachorgans für Archivkunde ( 4) erfahren. Außerdem hat die Polnische Wissenschaftliche Gesellschaft in Danzig sich in ihrem Jahrbuch ( 98) ein Organ geschaffen, dessen erster Jahrgang zwar historische Beiträge von selbständigem Wert nicht enthält, dessen Entwicklung aber die Beachtung des deutschen Historikers verdient.

Der Tod des jungen Posener Rechtshistorikers Teodor Tyc hat die polnische Geschichtsforschung eines ausgezeichneten Kenners und hochbegabten


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Erforschers der Geschichte der deutsch-polnischen Beziehungen im weitesten Sinne beraubt, von dessen großer Arbeitskraft auch die deutsche Forschung noch wertvolle Gaben zu erwarten hatte ( 93, 126, vgl. auch 122). Die Objektivität, die Tyc auszeichnete, lassen zwar die Schriften des 1918 verstorbenen Wojciech Kętrzyński (Adalbert von Winkler) vielfach vermissen: trotzdem sind seine Verdienste namentlich um die Geschichte des Deutschordenslandes und um die des polnischen und schlesischen Urkundenwesens unbestreitbar, und deshalb mag der von T. Czapelski besorgten Veröffentlichung seiner für die Kenntnis des Verhältnisses zwischen Deutschen, Masuren und Polen im preußischen Osten in der Zeit um 1860 wertvollen Jugenderinnerungen ( 24) auch hier gedacht sein. Nicht weniger dürfen die fesselnden Seiten, auf denen der Begründer und Führer der für die Geschichte des nordostdeutschen Koloniallandes so außerordentlich wichtigen polnischen wirtschafts- und siedlungsgeschichtlichen Forschung, Franciszek Bujak, von seiner Kindheit und seinen Bildungsgang erzählt ( 17), auf das Interesse der deutschen Fachgenossen rechnen.

Mit dem Hinweis auf wichtige Bibliographien der Veröffentlichungen zur allgemeinen und zur polnischen Geschichte und zur polnischen Volkskunde ( 6, 35, 73, 80) können wir den auf die einzigartige Übersicht der Organisation und der wissenschaftlichen Produktion auf dem Gebiete der rechtshistorischen Forschung in allen Kulturländern in den Jahren 1920--1925 verbinden, den P. von Dąbkowski vorlegt ( 28): außer reichhaltigen bibliographischen Angaben bringt er auch Würdigungen verstorbener Rechtshistoriker, so eine durch die Wärme ihres Tones ausgezeichnete des Lebenswerkes Ottos von Gierke.


Diese Seite ist Bestandteil des Informationsangebots "Jahresberichte für deutsche Geschichte" aus der Zwischenkriegszeit (1925-1938)