d) Staufer:

Die Verhandlungen, welche Heinrich VI. 1196 mit der Kurie um eine Einigung zwischen Reich und Kirche führte, beschäftigten V. Pfaff (1927: 698) mit besonderem Hinblick auf den uns nicht bekannten hohen Preis, welchen der Kaiser der Kurie geboten haben soll. Pf. glaubt ihn mit Bestimmtheit in dem bei Giraldus Cambrensis überlieferten Plan einer Pfründenreservation für Papst und Kardinäle in den Metropolitan- und Bischofskirchen erkennen zu können. Nach einem Überblick über die Lage der päpstlichen Finanzen im 12. Jhd. und die durch sie mitbestimmte Frage der mathildischen Güter, um deren Erledigung sich schon Friedrich I. bemühte, wird der Verlauf der Verhandlungen von 1196 eingehend besprochen, die Ansicht Hallers, es habe sich um eine Lehensnahme des Reiches von der Kurie gehandelt, abgelehnt, die Persönlichkeit des Giraldus einer genauen Untersuchung unterzogen. Bedingungen und praktische Möglichkeiten des Planes werden eingehend geprüft, seine Durchführbarkeit bejaht, wenn auch Schwierigkeiten nicht geleugnet werden. Mit einem Ausblick auf die Ausbildung des Verhältnisses von Kaiser und Papst und des päpstlichen Finanzsystems in den ersten Jahrzehnten des 13. Jhds. schließt die eingehende Abhandlung, die das Verdienst hat, den Plan des Giraldus einmal nahezu erschöpfend untersucht zu haben. Das positive Urteil freilich, welches Pf. über die Glaubwürdigkeit der Nachricht fällt, erscheint mir gerade in Hinblick auf die auch von ihm betonte Gegnerschaft von Bischöfen, Domstiften und Adel, die erwartet werden mußte, und den sonst recht vorsichtig aufzunehmenden Bericht des Giraldus bedenklich.

In größerem Rahmen behandelte die bedeutenden staatsrechtlichen Reformen, welche Heinrich VI. in diesen Jahren plante, E. Perels (1927: 697) in einer vorsichtigen, eingehend durchdachten Arbeit. Der Schwierigkeit, die die Erkenntnis der Vorgänge bietet, versucht P. dadurch zu begegnen, daß er in der ersten Hälfte seines Buches die spärlichen Quellen der Reihe nach einer unvoreingenommenen Auslegung unterwirft. Marbacher Annalen, Reinhardsbrunner Chronik, Ansbert, Lütticher Bistumsgeschichte, Gervasius von Tilbury und Innocenz III. Deliberatio werden so nacheinander besprochen und ihre Berichte von P. zu vereinigen versucht. Ein tieferes Eingehen auf die Frage der Gewährsmänner, von denen die Quellen ihre Nachrichten bezogen, wäre wohl noch zu wünschen. In einem aufschlußreichen zweiten Abschnitt werden dann Gründe und Ablauf des Reformplanes dargestellt. In dem reformbedürftigen Zustand des deutschen Successionsrechtes, den ideellen Einflüssen der Reichsidee und in politischen Umständen, wie der Erwerbung der Erbmonarchie Sizilien, sieht P. die Gründe für das Entstehen des Planes. Zum zweiten Punkte wäre noch manches nachzutragen, manches auch wohl einmal von anderen Gesichtspunkten zu betrachten. Der Verlauf der Verhandlungen wird unter Verwertung aller Quellen überzeugend geschildert, Motive und Absichten aller Beteiligten werden glaubwürdig gezeichnet; die Frage des »höchsten Angebotes« des Kaisers an die Kurie versieht P. mit Recht mit einem ignoramus.


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Abschließend wird die durchaus selbständige Bedeutung des Kreuzzugsplanes für Heinrich VI. aus den Vorgängen erschlossen. Die Untersuchung wird für weitere Forschungen durchaus Grundlage sein können.H. K.

Mit der Geschichte Italiens unter Friedrich I. und Heinrich VI. beschäftigt sich das Buch von Giangiacomi (1927: 696), das um den Bericht des Buoncompagno über die Belagerung von Ancona durch Christian von Mainz (richtig 1173, nicht 1172 oder 1174) in bunter Folge die Fülle lokalpatriotischer Belesenheit über ferne und nahe Dinge von der Römerzeit bis zur Gegenwart herumreiht und so gewiß in seinem Kreise anregend wirken mag, ohne daß indes damit für die Fachwissenschaft der Mangel einer straffen methodischen Gedankenführung ausgeglichen wurde.A. H.

Über die Pappenheim und die Würtzburg, zwei der bedeutendsten Dienstmannengeschlechter unter den Staufern, vor allem unter Heinrich VI. und in der Zeit des Thronstreites, veröffentlichte G. Beckmann (1927: 716) eine Untersuchung. Für die Pappenheim behauptet er die Identität des Heinrich Testa von Pappenheim mit Heinrich von Kalden und sucht sie in einem besonderen Exkurs zu erweisen. Nach Kaldens Tode läßt er die jüngeren Pappenheimer von den Biberbachern abstammen und verfolgt sie bis zum Ende des MA. kurz weiter. Die Geschichte der ihnen verwandten Würtzburg wird in einem größeren zweiten Abschnitt für ihre ersten Vertreter ausführlich besprochen, namentlich sucht B. die Ermordung des Bischofs Konrad von Würzburg von 1202 und den Zwist der Würtzburger mit den Bischöfen aus dem Hause Lobdeburg zu klären. Die jüngere thüringische Linie des Geschlechtes wird bis in die Gegenwart besprochen. Die Abhandlung hat in vielen Punkten den Stoff nicht erschöpft. Gegen die Identität Pappenheim-Kalden erhob scharfen Einspruch H. Graf zu Pappenheim (1928: 227) in einem Aufsatz, in dem er sich auf das Fehlen jeglichen Beweises in dem Urkundenmaterial der Zeit stützt und die Verschiedenheit von Wappen und sozialer Stellung der Pappenheim und Kalden betont. Die entgegenstehende Tradition sucht er aus den Itineraren der beiden Marschälle zu widerlegen und erklärt sie aus der späteren Geschichte von Besitz und Geschlecht der Pappenheim. Nach ihm wäre Kalden nur ein Schwager des Marschalls von Pappenheim gewesen. Die Untersuchung gibt beachtenswerte Hinweise, dürfte aber das letzte Wort in der so hart umkämpften Identitätsfrage noch nicht gesprochen haben. Sie ist entnommen einem umfangreichen Werke, welches H. Graf zu Pappenheim (1927: 331) über die Geschichte der Marschälle von Pappenheim vom 12. bis 16. Jhd. auf Grund langjähriger Studien vorlegte. In einem ersten Teile werden Regesten der Mitglieder des Geschlechtes Pappenheim und des Hauses Kalden gegeben, in einem zweiten wird eine geschlossene und eingehende Geschichte vorgetragen. In einem Anhang rechnet P. scharf und manchmal wenig erfreulich mit den Beckmannschen Aufstellungen über die Pappenheimer ab. Die gründliche Arbeit läßt den Wunsch nach weiteren derartigen Forschungen der Familiengeschichte rege werden, von denen auch die allgemeine Geschichte weitgehend Nutzen ziehen kann.

Über die Stellung des Adels im MA. bis zum Ende des 12. Jhds. versuchte O. Frh. von Dungern (1927: 1272) neue Aufschlüsse zu geben, mit bemerkenswerten Ausblicken auf die spätere Entwicklung nach 1200 und betonten


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Angriffen auf die Methode der alten rechtshistorischen Forschung. Die methodische Bedeutung der Einzelforschung für die Verwandtschafts- und Eigentumsverhältnisse des deutschen Adels im frühen MA. wird zu Recht unterstrichen und auf ihre Bedeutung für die rechtshistorische Erkenntnis hingewiesen. D. bemüht sich, die Herrschaft einer blutsmäßig geschlossenen Schicht von »Dynasten« in Deutschland für das frühe MA. nachzuweisen, wobei er hervorhebt, daß der Titularadel, besonders der der Grafen, ständisch keinen eigenen Stand gegenüber den titellosen Dynasten dargestellt hätte. Seine Aufstellungen werden aber gerade durch die Einzelforschung noch weitgehend nachgeprüft und wohl auch umgeformt werden müssen.

Weit über den Kreis der Fachwissenschaft hinaus erregte Aufsehen und gab Anlaß zu grundsätzlichen Erörterungen das umfangreiche Werk von E. Kantorowicz (1927: 699) über Kaiser Friedrich II. Das Buch weist allein durch seinen Erfolg fraglos eine Lücke, die die ma.liche Geschichtsschreibung leider nur in Einzelfällen auszufüllen versuchte, nämlich die, einem größeren Kreise von Menschen für Gedanken und Persönlichkeiten der mittleren Zeit Anteilnahme abzugewinnen und so einer tausendjährigen ideen- und ereignisreichen Geschichte im geistigen Gut der Gegenwart den würdigen Platz zu erringen. Dafür, daß er diese Aufgabe erkannte und mutig in die Bresche trat, wird man dem Verfasser Dank wissen.

Nach einem kurzen Überblick über Wollen und Schaffen Kaiser Heinrichs VI. werden in wirkungsvoller Darstellung die dramatischen Kämpfe der verschiedensten Machtgruppen in Sizilien um den maßgebenden Einfluß im Staate geschildert, als deren Faustpfand und Rechtsobjekt der Knabe zum Mann wurde. Als Figur im Spiel des großen Innocenz III. wurde Friedrich deutscher König gegen den Welfen Otto IV. in einem Augenblick, in dem sein sizilisches Königtum durch diesen bereits vernichtet schien. In beispiellosem Aufstieg gelang es ihm, innerhalb weniger Jahre dem Welfen Macht und Einfluß zu nehmen. Mit dem Kreuzzugsentschluß des jungen Königs zu Aachen läßt K. das geniale Wirken des Staatsmannes beginnen. Schon hier wird man zweifeln können, ob dies wirklich »ein ungemein geschickter, ja genialer diplomatischer Zug« des Königs war, »daß er sich selbst an die Spitze der Kreuzbewegung stellte«. In der Tat lag die Gefahr, daß das römische Papsttum wirklich Führer einer hinreißenden Bewegung wurde, nicht vor, wie die Unternehmungen Honorius III. und die allgemeine Unlust in Deutschland zeigen. Mit dem Ziel der Erneuerung des römischen Kaisertums läßt K. den König die deutschen Verhältnisse im Sinne der Fürsten ordnen, um sie dafür als Kampfkraft seinen großen Plänen dienstbar zu machen, in klugen Verhandlungen die Nachfolgefrage in Deutschland zugunsten der Staufer regeln und aus den chaotischen Trümmern des sizilischen Staates die Grundmauern einer unvergleichlichen Machtposition bauen. Als Gegner des ersehnten römischen Caesarentums erscheinen Papst und Lombarden, das Kreuzzugsversprechen gab Gregor IX., der in Friedrich II. zuerst den großen Gegner päpstlicher Weltherrschaft erkannte, den erwünschten Anlaß, den offenen Kampf aufzunehmen. Der trotz des Bannes unternommene Kreuzzug, der die Wiedergewinnung Jerusalems brachte, wird von K. zu einer absichtsvollen metaphysisch-religiösen Begründung eines Gottkaisertums durch Friedrich II. ausgedeutet, wogegen A. Brackmann HZ. 140, 534 ff. Einspruch erhoben hat. Sein Angriff richtete


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sich vor allem auch dagegen, wie K. den Ausbau der Machtgrundlage dieses »Messiaskaisers«, die geniale Neuordnung Siziliens, in einem umfangreichen Kapitel gesehen wissen wollte. Der Herrscher als Vater und Sohn der Iustitia, durch die Necessitas des aus der Natur sprechenden göttlichen Willens eingesetzt, ist Gottes Walter und Sohn neben, nicht unter dem Priester. Von dieser obersten Erkenntnis läßt K. die ganze bewunderte staatsrechtliche Einrichtung Siziliens bestimmt sein, von ihr auch ungeahnte kulturelle Kräfte regsam gemacht werden. Sie ist Maßstab und Urgrund aller Tätigkeit, die der Kaiser im Verlauf eines unerhört bewegten, weiteren zwanzigjährigen Ringens um die Neuordnung des Reiches im sizilischen Sinne -- von Süden nach Norden gedacht, zunächst um Italiens Formung also -- entfaltet. Die Auseinandersetzung mit dem königlichen Sohn um die Richtung der inneren Politik in Deutschland, der wechselvolle, an Triumphen und Niederlagen reiche lombardische Kampf, der nicht gewollte, aber schicksalhaft bedingte, zu immer größerer Erbitterung gesteigerte Kampf mit dem Papsttum, in dem das Bild des Messiaskaisers sich schließlich zu dem des Antichristen wandelte, wird mit blutvollen Farben gemalt. Unbesiegt starb der Kaiser im Augenblick, als er neue, gewaltige Schläge führen wollte. Sein Geschlecht verdarb, sein Sein aber brachte eine neue Welt- und Staatsauffassung zum Erwachen.

Eine kritische Würdigung des Buches müßte von zwei Seiten anfassen; denn es ist Kunstwerk und Forschung zugleich. In beiden Beziehungen wäre weit mehr zu sagen, als der Raum hier erlaubt. Gestaltlich läßt das Werk, namentlich in den letzten Kapiteln, Übersichtlichkeit vermissen. Den metaphysischen Ideen, die den Kaiser bewegten, ist für mein Empfinden zum Nachteil der tatsächlichen Vorgänge ein allzu weiter Raum gewidmet; denn Friedrich war mehr Täter als Denker, und das mußte eine Schilderung seines Lebens den Leser fühlen lassen. So wird die Person des Kaisers trotz aller einzelnen, geschickt gezeichneten Episoden und Anekdoten etwas blutleer. Wissenschaftlich wird die Kritik erst dann recht angreifen können, wenn der angekündigte zweite Band die Belege dargelegt hat, auf denen das Werk aufbaut. Schon jetzt aber wird man sagen dürfen, daß in manchen Punkten, wie in Beurteilung der deutschen Politik, des Kreuzzuges, der Lombardenfrage und der Person des Kaisers selbst, die bei K. in fast reiner »Weißzeichnung«, wenn der Ausdruck gestattet ist, erscheint, sich berechtigter Widerspruch melden wird. Doch wird das Buch den großen Erfolg haben, die Forschung über den letzten der großen Staufer auf Jahre hinaus zu beleben.

Demgegenüber kann der Abriß, den F. Wuessing (1927: 701) über das Leben Friedrichs II. gab, nur als eine sehr allgemeine und oft recht obenhin gearbeitete Zusammenstellung gelten, die der Forscher sehr wohl wird übersehen dürfen. Ebenso geht kaum über den Charakter einer Zusammenfassung hinaus, was G. Cocchiara (1927: 704) über Friedrichs II. gesetzgeberische Tätigkeit in Sizilien bot. Nach einer kurzen Einleitung über die Rechtslage in Sizilien unter den Normannen und Friedrichs II. Bedeutung für die Rechtsgeschichte des Landes -- bemerkenswert ist das seltsame Urteil, daß das Papsttum durch seinen Kampf gegen Friedrich Italien von den Deutschen habe befreien wollen (!) -- und über die Entstehung der Kodifizierung, für die Petrus von Vinea erneut in Anspruch genommen wird, werden die einzelnen Materien nacheinander besprochen: Verfassung des Staates, Privatrecht, Strafrecht


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und Verwaltung. Eine Würdigung der Tätigkeit des Kaisers beschließt die Ausführungen. Nebenbei zu beanstanden ist, daß wohl kein deutscher Buchtitel ohne schwere Druckfehler zitiert ist.H. K.

Genauer als Kantorowicz und mit Berichtigungen im einzelnen bespricht K. Hampe (1927: 700) die Fragen über Himmel, Hölle, Fegefeuer und Naturerscheinungen auf der Erde, die Friedrich II., wie H. annimmt, etwa im Herbst 1227 in Pozzuoli, dem Michael Scotus vorlegte. Er gibt den lateinischen Text aus dem Liber particularis des Michael Scotus, wie ihn Haskins vor einigen Jahren veröffentlicht hat, mit möglichst treuer Übersetzung. Obwohl sie durchaus von dem üblichen ma.lichen Weltbilde ausgehen, findet H. in ihnen neben einer leisen Ironie doch schon Anzeichen des über das Überkommene hinausdrängenden Wissenstriebes des Kaisers, dessen weiteres Fortschreiten er in den philosophischen Fragen an Ibn Sabin reichlich ein Jahrzehnt später erkennt. Hoffentlich wird auch die ganze Antwort des Michael Scotus einmal bequem veröffentlicht. Dadurch würde das Bild des geistigen Kreises um den Kaiser, aus dessen Erörterungen ja auch diese Fragen hervorgegangen sind, erwünscht vervollständigt werden und die Eigenart Friedrichs in ihnen vielleicht unmittelbarer hervortreten.(A. Hofmeister.)

Eine gründliche Untersuchung über die territorialen Grundlagen des Herzogtums Braunschweig-Lüneburg, welches im Jahre 1235 aus den Alloden der Welfen für den Enkel Heinrichs des Löwen von Friedrich II. gebildet wurde, gab L. Hüttebräuker (1927: 726). Nachdem kurz besprochen worden ist, wie die Besitzmassen der verschiedenen Geschlechter, aus denen der welfische Besitz bestand, zu einem großen Einflußgebiet zusammenwuchsen, wird die Geschichte der einzelnen Besitzungen der Reihe nach, im großen von Süden nach Norden vorschreitend, einer eingehenden Untersuchung unterzogen, wobei die besondere Bedeutung der welfischen Kirchenlehen hervortritt. Eine selbständige Behandlung erfahren die Grafschaften, und hervorgehoben sei die Feststellung, daß die Welfen seit 1180 keine Grafschaften besessen haben und erst nach 1235 wieder in den Besitz von Grafschaftsrechten kamen. Die Ergebnisse der Arbeit hat H. schließlich kurz zusammengefaßt, und die Bedeutung der Vorgänge von 1235 betont. Eine ausgezeichnete Tabelle über die Besitzungen der Welfen und ihre Rechte an ihnen und eine Karte sind der Untersuchung beigegeben, die nicht nur für die historische Geographie, sondern auch für die allgemeine Geschichte Aufschlüsse gibt.

Einen Beitrag zur Geschichte des deutschen Nordostens lieferte O. Eggert (1927: 728), indem er in die recht umstrittene Datierung und den Verlauf der Wendenzüge Waldemars I. und Knuts VI. von Dänemark nach Pommern und Mecklenburg Klarheit zu bringen suchte. Die Arbeit will ihr Ziel auf dem Wege gründlichster Quellenkritik erreichen. Quellen und bisherigen Darstellungen ist darum zunächst allgemein ein einleitendes Kapitel gewidmet. Der Wert der Knytlingasaga für die historische Erkenntnis wird dabei verteidigt. Darauf versucht E. das Problem der Chronologie in drei Abschnitten für die Jahre 1157--1164, 1165--1171, 1172--1199 dadurch zu lösen, daß er aus jeder bedeutenderen Quelle für sich eine Zeitfolge erschließt und die verschiedenen Ergebnisse dann sorgfältig mit einander in Einklang zu bringen sucht. Ein zweiter Teil bespricht die Ortsbezeichnungen der Quellen und ihre Festlegung auf


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der heutigen Karte. Die notwendige Verarbeitung dieser Forschungen in einer geschlossenen Darstellung brachte O. Eggert (1928: 594) in einem zweiten Aufsatz. Recht anschaulich werden hier die bedeutungsvollen Feldzüge der beiden dänischen Könige geschildert, die für die Entfaltung einer dänischen Vormachtstellung in der Ostsee die Grundlage schufen. Mit besonderer Anteilnahme verfolgt man den stillen Kampf, welchen die norddeutschen und dänischen Eroberer, besonders Heinrich der Löwe und Waldemar, um den maßgebenden Einfluß in Pommern führten. Wenn auch nicht in allen Punkten die Aufstellungen des Verfassers unangefochten bleiben werden -- so verwies mich Herr Prof. Hofmeister auf eine Arbeit von R. Asmus, Mecklenburg 22, (1927) 4 S. 120 ff., die für die von E. als unwahrscheinlich abgelehnte Eroberung des Teterower Burgwalls 1171 doch beachtenswerte Hinweise auf Grund des örtlichen Befundes gibt, für die Vieborg von 1177 wäre die Gleichsetzung mit dem Wrangelsburger Burgwall durch Kasten, Balt. Stud. 29, S. 33 ff. nachzuprüfen --, so hat die Abhandlung doch in die recht dunklen Anfänge dieser dänischen Zeit Pommerns weitgehend Licht gebracht und für weitere Forschung festen Boden geschaffen.

Den Kampf, den wenig später Dänen und Deutsche um die Vorherrschaft in Holstein austrugen, hat W. Biereye (1927: 723) in einem seiner wichtigsten Abschnitte darzustellen versucht, dadurch, daß er sich mit der Figur des dänischen Statthalters von 1202--1225, dem Grafen Albrecht von Orlamünde und Holstein, beschäftigte. Neben der Schilderung der bekannten, ereignisreichen Politik Albrechts gegenüber den Schauenburgern und ihrem Anhang, hat B. großen Wert auf eine Betonung der Tätigkeit des Grafen in Holstein selbst, als Kolonisator und Verwaltungsbeamter, gelegt. In Beziehung auf das Zurückdrängen der ständischen Opposition des Adels hat B. den Einfluß Albrechts wohl überschätzt. Leider verzichtet die Arbeit fast ganz darauf, Belege für ihre Aufstellungen zu geben. Sie ist ebenfalls hervorgegangen aus eingehender quellenkritischer Beschäftigung, die die erhaltenen Urkunden Albrechts untersuchte. Die Ergebnisse hat W. Biereye (1928: 135) in einer größeren Abhandlung vorgelegt. Von äußeren Merkmalen ausgehend, werden Siegel, Handschrift, Protokoll und Kontext der Urkunden eingehend besprochen, Stilvergleichungen angestellt und die Arbeiten hauptsächlich auf das Ziel hin gewandt, zwischen echten und gefälschten Stücken Albrechts zu scheiden. Man kann jedoch nicht sagen, daß dieses Ziel merklich erreicht worden ist. Der Umstand, daß diesem Teil der Untersuchung jede Zusammenfassung fehlt, läßt die einzelnen Feststellungen auseinanderfallen und eine klare Ansicht von der Meinung des Verfassers vermissen. Eine kurze Schilderung der Tätigkeit der Kanzlei des Grafen und ihrer Mitglieder, wie sie sich aus den Urkunden ergibt, ist der Arbeit angefügt.

In einer zusammenfassenden Rede zum 700 jährigen Gedächtnistage der Schlacht bei Bornhöved suchte F. Rörig (1927: 724) die Bedeutung dieser wichtigen Entscheidung des 13. Jhds. für die Geschichte des deutschen Nordens und Nordostens herauszustellen. Die Vorgeschichte der Schlacht wird in Kürze dargestellt und dabei besonders auf die zu wenig beachtete Teilnahme verwiesen, die das Königtum unter Philipp und Friedrich II. dem deutschen Norden zuteil werden ließ. Den Wert des Sieges sieht R. vor allem in der Befreiung Nordalbingiens, der Sicherung des Baltikums für die deutsche Kolonisation und


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der Grundlegung der Führerstellung Lübecks, dessen hervorragende Anteilnahme an der Geschichte jener Tage überhaupt -- vielleicht zu stark -- in den Vordergrund gerückt wird.

Über das kirchliche Vorspiel der endgültigen politischen Eroberung Preussens durch den Orden, die Missionstätigkeit des Bischofs Christian, äußerte sich F. Blanke (1927: 1632). Er setzt die Person des Bischofs ebenfalls mit dem Abt Gottfried von Lekno gleich. Voraussetzungen der Mission, Persönlichkeit ihres Trägers und päpstliche Einflüsse werden kurz berührt, der Hauptteil der Darstellung sucht aus den Quellen Genaueres über die erst friedliche, dann durch Kreuzfahrer getragene, kriegerische Methode Christians zu erschließen. Nach B. ist die vorübergehende Niederlage der Mission in Preußen auf den Übergang zur gewaltsamen Bekehrung zurückzuführen.


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