III. Deutsche Fürsten und Stände.

Mehrere Arbeiten führen uns in die gewitterschwüle Zeit vor dem Dreißigjährigen Kriege. Am bedeutendsten ist wohl das Buch von Herbst ( 650). Es behandelt mit großer Gründlichkeit das in der neueren historischen und kirchenhistorischen Literatur wenig beachtete Religionsgespräch, das auf Veranlassung des Pfalzgrafen Philipp Ludwig von Neuburg im November 1601 in Regensburg zwischen verschiedenen lutherischen Theologen und einigen Jesuiten in Gegenwart des Pfalzgrafen und Maximilians I. von Bayern über Schrift und Tradition stattfand. Der Verfasser handelt über die früheren Erwähnungen, die Quellen und die Vorgeschichte des Gesprächs, über die Persönlichkeiten der Kollokutoren, das Gespräch selbst und seinen durch Maximilian veranlaßten Abbruch und weist ihm schließlich seine Stellung in der Dogmengeschichte sowohl des Katholizismus wie des Protestantismus an. Einige Beilagen betreffen vor allem die Vorgeschichte des Gesprächs. Der Gang der Untersuchung ist fein und fesselnd, sie gewährt einen lehrreichen Einblick in die religiösen Gegensätze der Zeit.

Haben wir es hier noch mit einem Versuch zu tun, diese Gegensätze auszugleichen, so kommen wir mit den folgenden Arbeiten in eine Zeit, wo sich die Parteien schon zu den Bündnissen der Union und der Liga zusammengeschlossen hatten. Auch jetzt aber gab es Reichsstände, die sich von diesen Bündnissen fern hielten und eine vermittelnde Stellung einzunehmen suchten. So auf protestantischer Seite das stets kaisertreue Kursachsen. Die Bemühungen Johann Kasimirs von Koburg, Kursachsen von dieser Politik abzubringen und es auf


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die Seite der Union herüberzuziehn, verfolgt Klinkenborg ( 652) und sucht wahrscheinlich zu machen, daß gelegentlich von Verhandlungen in Dresden im September 1614 der koburgische Rat Christoph von Waldenfels, der früher in kurbrandenburgischen Diensten gestanden hatte, das sogen. Stralendorffsche Gutachten gefälscht habe. In einer zweiten Arbeit verfolgt er die Wirkung des für echt gehaltenen Gutachtens auf die brandenburgisch-preußische Politik bis 1740 und klärt dabei auch die Geschichte der Veröffentlichung des Schriftstücks, die im Jahre 1718 auf Veranlassung des Berliner Kabinetts durch Thomasius erfolgte, auf.

Zu den entschiedenen Gegnern der Liga auf katholischer Seite gehörte der kluge, aber unzuverlässige Salzburger Erzbischof Wolf Dietrich. Seine Politik in den Jahren 1610 und 1611, in der Zeit des Einfalls des Passauer Kriegsvolks in Oberösterreich, unterzieht Mayr ( 653) einer genauen aktenmäßigen Untersuchung. Mit der verblüffenden Unbeständigkeit der Haltung des Erzbischofs vermag nur seine nationale Gesinnung und seine Neigung zur religiösen Toleranz einigermaßen zu versöhnen, aber die Katastrophe, die ihn im Salzkrieg mit Bayern ereilte, erscheint doch wohlverdient.

Ein vor allem kulturhistorisch außerordentlich interessantes Bild entwirft Striedinger ( 648a) von dem Leben des Goldmachers Bragadino, in erster Linie auf Grund von dessen eigner Registratur, die sich auf der Münchener Staatsbibliothek befindet, unter Heranziehung aber auch weiterer Akten und seltener Drucke. Der größte Teil dieses Materials wird im Anhang abgedruckt, um seine weitere Ausbeute zu erleichtern. Für die deutsche Geschichte kommt das Buch nur deswegen in Betracht, weil Bragadino sich ein halbes Jahr lang 1590/91 am Hofe Wilhelms V. aufhielt und sehr in dessen Gunst war, bis sein Betrug aufgedeckt und ihm der Prozeß gemacht wurde. Sein Wirken ist insofern auch politisch von Wichtigkeit gewesen, als es mit beitrug zur Verwirrung der Finanzen und schließlich zum Regierungsverzicht des Herzogs.


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