2. Wirtschaftsgeschichte einzelner Gebiete.

Die akademische Veröffentlichung der Acta Borussica über die Handels-, Zoll- und Akzisepolitik Brandenburg-Preußens ist mit dem III. Doppelbande zum Abschluß gelangt ( 1162). Er behandelt die Zeit Friedrichs des Gr., und zwar nicht, wie die vorhergehenden Bände, in Form der Darstellung mit beigefügten Aktenstücken, sondern aus ökonomischen Gründen nur als Aktenpublikation. Bei der Auswahl ist darauf Bedacht genommen, die Wirksamkeit des Königs selbst vollständig zur Darstellung zu bringen, daher sind alle dahingehörigen Ordres Friedrichs II. aufgenommen; desgleichen ist alles erreichbare statistische Material wegen seines besonderen Wertes für die Forschung berücksichtigt, im übrigen aber mit


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strenger Sichtung verfahren worden. Der erste Halbband enthält das Allgemeine über Akzise- und Zollwesen, soweit es nicht in anderen Abschnitten behandelt werden mußte, ferner die innere Handels- und Verkehrspolitik, die Handelsstatistik als Grundlage der handelspolitik und das umfangreiche Gebiet der gewerblichen Schutzpolitik, abgeteilt nach Warengattungen. Im zweiten Halbband sind behandelt der Frankfurter Messehandel, der Oderhandel, endlich die auswärtigen Beziehungen und der Durchfuhrhandel; hierbei nehmen die Beziehungen mit Sachsen und mit Polen und die dabei eingeschlagene Transito- und sonstige Zollpolitik den breitesten Raum ein.

Der Bearbeiter dieser Publikation hat als Ergänzung dazu eine Übersicht über die Ziele und die Entwicklung des Merkantilismus in Brandenburg-Preußen ( 1161) gegeben, in der die Wirtschaftspolitik der drei bedeutendsten Herrscher und Staatsschöpfer im einzelnen dargelegt wird, desgleichen der Übergang zur freieren Wirtschaftspolitik.

Der dritte Band des Werkes der Magdeburger Industrie- und Handelskammer über Magdeburgs Wirtschaftsleben in der Vergangenheit ( 1212, vgl. vor. Jahresber. S. 345) enthält zunächst eine umfangreiche Abhandlung des Syndikus Leonhard über die Kaufleute-Brüderschaft von der Zerstörung der Stadt bis zur Auflösung in der westfälischen Zeit. Es wird darin viel Material aus dem dortigen Staatsarchiv und den Akten der Kammer selbst beigebracht, auch werden die Willküren von 1596, 1678 und 1723 und die Lehrordnung von 1750 im Abdruck wiedergegeben. Für die allgemeine Handelsgeschichte hätte mehr gewonnen werden können, wenn Verf. wissenschaftlich verfahren wäre und den Stoff unter Berücksichtigung der handelsgeschichtlichen und handelsrechtlichen Literatur und den darin behandelten Fragen behandelt hätte. Er beschränkt sich jedoch auf die etwas bunte Zusammenstellung jener Nachrichten, in denen das Lokal- und Verbandsgeschichtliche überwiegt. Die Entwicklung des Buchhandels in Magdeburg bis zur Mitte des 19. Jhds. schildert W. Stieda vornehmlich nach dem Archiv für Geschichte des deutschen Buchhandels und anderer Literatur, einiges ergab auch das Magd. Staatsarchiv. Der seit 1565 dort ansässig erscheinende Buchhandel hielt sich in bescheidenen Grenzen und stand lange hinter dem von Halle zurück; erst im 19. Jhd. nahm jener einen lebhaften Aufschwung und überholte 1838 wieder Halle im Buchverlag. Endlich wird die Magdeburger Zichorienindustrie, die um 1785 begann und ungewöhnlich schnell emporgeblüht ist, in ihrer Entwicklung bis zum Weltkriege von H. Meyne dargestellt.

Mohr berichtet unter Heranziehung aller gedruckten Quellennachrichten über Stapelrecht und Straßenzwang -- oder, wie es hier etwas ungewöhnlich genannt wird, Haltezwang und Wegerichtung in Österreich ( 1120). Wie der Titel, so sind teilweise auch die Ausführungen dunkel gehalten.

Aus den schon mehrfach behandelten Beziehungen zwischen den Hansestädten und England greift Fiedler ( 1146) das auf Danzig im besondern Bezügliche heraus und stellt dieses mit seinen vielfältigen Streitigkeiten und Verhandlungen im Zusammenhang dar. Obwohl er neben der deutschen Quellen- und sonstigen Literatur auch die Acts of the Privy Council herangezogen hat, ergibt sich nichts, was über bisher Bekanntes hinausführte.

Einen Beitrag zu den Kämpfen der aufstrebenden Territorialgewalten gegen die autonomen Städte bringt P. I. Meier ( 1141). Auch hier nach langem


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wechselvollem Streit um Bergrechte und Forsten, 1527--1552, ein voller Sieg des Fürstentums, während Goslar die Grundlagen seines Wohlstandes und seiner wirtschaftlichen Bedeutung für immer verlor. -- Der Goslarer Wirtschaftsgeschichte ist auch die Arbeit von Flachsbart ( 1142) gewidmet, eine technisch-wirtschaftliche Untersuchung über hydrographische Verhältnisse, Wasserversorgung und Entwässerung, über die Mühlen als älteste Wasserkraftanlagen und die Wasserwirtschaft des Rammelsberger Bergwerks.

Es sei hier noch die hübsche Abhandlung angeführt, mit der K. H. Wessely eines vergessenen Kameralisten, Benjamin Leuber († 1675) gedenkt (Schmollers Jahrb. Jg. 52) und mit der er gute Betrachtungen über die Bedeutung und die Dogmengeschichte des Kameralismus überhaupt verbindet. Von Leubers einzig erhaltener, aber ganz unbeachtet gebliebener Schrift »Von der Müntze«, erschienen in zwei Teilen 1623 und 1624, urteilt W., daß die darin enthaltenen Geldlehren ihrer Zeit weit vorausgeeilt und bisher meist späteren Wirtschaftslehrern zugeschrieben worden seien; ihre Kenntnis würde späteren Kameralisten eine Grundlage verschafft haben, an der sie lange gearbeitet und die sie in Wahrheit nie ganz erreicht hätten.


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