3. Handel.

Die Geschichte des Fuggerschen Handelshauses ist nun auch von O. H. Brandt volkstümlich, doch auf bester wissenschaftlicher Grundlage und in geschickter Zusammenfassung dargestellt worden (Deutsche Volkheit, Bändchen 61, Jena, Diederichs, 80 S.). Neben dem zeitlichen Werdegang des Hauses sind zwei der bedeutendsten Geschäftszweige, der Erzhandel und die spanische Handlung, sowie die Beziehungen der Fugger zu Kirche, Kunst und Wissenschaft in besonderen Abschnitten gewürdigt. Das Büchlein ist gefällig ausgestattet und mit guten Bildern versehen.

Für die Fuggergeschichte von einiger Bedeutung ist auch die Abhandlung Reinhardts über den bekannten Teilhaber Jakob Fuggers bei dem großen ungarischen Metallgeschäft, Johann Thurzo ( 1140). Die fesselnde Persönlichkeit dieses bedeutenden Wirtschaftsführers und seine großzügigen Unternehmungen, im besonderen seine längere Wirksamkeit in Goslar, die für das Gedeihen jener Stadt von höchstem Wert war, werden aus teilweise noch nicht erforschten Urkunden aufgehellt. Die Gesellschaftsverträge, die er da mit einem Nürnberger und einem Bautzener Kaufmann sowie mit Goslarer Gewerken schloß, bilden einen neuen Beitrag zur Geschichte des Verbandswesens und des Kapitalismus.

Die Geschichte eines noch lebenden alten Handels- und Bankhauses, von dem gegenwärtigen Leiter desselben, K. von Eichborn, selbst verfaßt, ist schon 1903 anläßlich des 175jährigen Bestehens erschienen und jetzt nach weiteren 25 Jahren entsprechend fortgesetzt, aber auch in seinen ursprünglichen Teilen ergänzt, berichtigt und teilweise umgearbeitet wiederum vorgelegt worden ( 1222). Es ist ein stattlicher, sehr geschmackvoll ausgestatteter Band. Ausgiebige Forschungen im Archiv der Firma, dem Staats- und dem Stadtarchiv in Breslau, in Berlin und sonst liegen zugrunde.

Aus der Literatur, zumal den wirtschaftsgeschichtlichen Darstellungen von Fechner, ist wohl ein pessimistischer Grundzug übernommen, der in dem erfolgreichen Werdegang der Firma selbst nicht begründet wäre. Die Wirkungen der preußischen Herrschaft in Schlesien, der friderizianische Merkantilismus, die exponierte Lage der Provinz werden allzu scharf beurteilt, die Schattenseiten


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oft einseitig hervorgehoben. Dabei haben sich unter Friedrich II. die Gewerbe und der Wohlstand Schlesiens im ganzen unzweifelhaft gehoben, wenn auch der Handel manche nachteiligen Eingriffe erfuhr, und die etwas ungünstige Lage Schlesiens zu dem Staate, dem es seit 1740 angehörte, wurde dadurch ausgeglichen, daß die Beziehungen mit den weiten Ländern des Ostens hier besonders rege waren. So behandelt eine der eindrucksvollsten Schilderungen des vorliegenden Buches das Treiben auf der Messe von Nishnij Nowgorod und die namhaften Geschäfte, die das Haus Eichhorn dort im Osten bis zum Weltkriege unterhielt. Das Allgemeingeschichtliche überwiegt vielfach mehr als nötig. Der Schluß, Zeitenwende benannt, ist eine rein politische Betrachtung Grau in Grau, von ausgesprochen konservativem Standpunkt aus; wenig glücklich erscheint darin auch der Versuch, aus den Büchern der Firma Material gegen die Kriegsschuldlüge beizusteuern. Im ganzen aber muß man den hohen Geist anerkennen, in dem dieses Werk gehalten ist, das nicht nur die Geschichte eines bedeutenden Geschäftshauses darstellt, sondern auch als Beitrag zur Geschichte der großen Unternehmungen und als ein Stück allgemeiner Wirtschafts- und Kulturgeschichte beachtenswert ist.

Einen bedeutenden süddeutschen Handelsherrn schildert auf Grund archivalischer Studien v. Rauch ( 1180). Friedr. Dittmer, ein kleiner Handelsjüngling aus Hinterpommern, kam 1752 mit 25 Jahren nach Regensburg und ist hier durch eigene Tüchtigkeit Inhaber einer großen Wechsel-, Waren-, Kommissions- und Speditionshandlung geworden. Bemerkenswert ist der Versuch D.'s, 1771 einen Handelsvertrag zwischen Bayern und Preußen zustande zu bringen, er scheiterte an der Weigerung Friedrichs II., an seinem Protektionssystem etwas zu ändern. Die Firma hat ihren bedeutenden Chef († 1811) nicht lange überdauert und ist vergessen.

Baasch ( 1160) berichtigt die Äußerung Sombarts von einer zunehmenden Verherrlichung des Kaufmanns in der Literatur des 18. Jhds.; er belegt durch viele Beispiele, daß eine oberflächlich abschätzige Beurteilung die Regel ist, und daß namentlich der bankerotte Kaufmann auffallend häufig erscheint. Erst um die Wende zum 19. Jhd. erschien der erste Roman, der die Verhältnisse des Kaufmannslebens nüchtern realistisch schildert. Baasch kommt zu dem Urteil, daß damals erst die frühere phantasievolle, unklare, vorwiegend ungünstige Auffassung vom Kaufmann durch Bilder ersetzt wurden, die der Wirklichkeit mehr und mehr sich annäherten.

Aus der groß angelegten Geschichte der Mannheimer Handelskammer von Blaustein ( 1187) ist für unsere Periode nur dies bemerkenswert, daß selbst da, wo Gewerbe- und Handelsfreiheit grundsätzlich eingeführt wurde, wie in Mannheim durch das Privileg von 1652, die Zunftverfassung sich doch durchsetzte. So wurde auf Wunsch der Handelsleute selbst 1728 die Handelsinnung errichtet, deren Vorstand seit 1831 als Handelskammer bezeichnet wurde und als solche bestehen blieb, als mit Einführung der Gewerbefreiheit 1862 die Handelsinnung selbst aufgehoben wurde.


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