I. Landesgeschichte.

Ein junger französischer Gelehrter, David ( 1305), legt das Ergebnis seiner in Polen betriebenen Studien über die Anfänge des Christentums in Pommern vor und lenkt dabei den Blick auf Bischof Franco, der bei Wladislaw Herman von Polen um 1085 sich in angesehener Stellung befand und den Gallus episcopus Poloniensis nennt. David will ihn dem Bischof Franco gleichsetzen, der in der 2. Hälfte des 11. Jhds. in der Geschichte der Abtei St. Hubert in den Ardennen erscheint. Er wird dort als episcopus Bellagradensis bezeichnet, womit, meint David, nur Belgard in Pommern gemeint sein kann, das zu dieser Zeit als bedeutende Stadt gerühmt wird. Für die pommersche Geschichtsforschung ist Belgard als Bischofssitz bisher unbekannt gewesen, obwohl


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von der Gründung des Bistums Kolberg im Jahre 1000 bis zu den Bekehrungsreisen Ottos v. Bamberg sicherlich das Vorhandensein christlicher Bevölkerungskreise anzunehmen ist, worauf Wehrmann in seinen Arbeiten wiederholt hinweist. Man wird die Nachprüfung durch die deutsche Wissenschaft abwarten müssen, die polnische Wissenschaft steht der Arbeit Davids skeptisch gegenüber. Jedenfalls sucht dieser seine These ausführlich zu stützen. Im ganzen will er zeigen, daß die Christianisierung Pommerns von Polen ausging, was aber durchaus nicht neu ist. Das gleiche gilt von der Bekehrung der Pommern durch Otto von Bamberg und der Entwicklung der kirchlichen Verhältnisse im 12. Jhd., denen er den 2. Teil seiner Arbeit widmet. -- Die Wechselwirkung von Mensch und Landschaft, d. h. die Bedingtheit des Menschen durch die Landschaft und umgekehrt seine Einwirkung auf ihre Gestaltung untersucht E. Rubow: Der Siedlungsraum um Greifswald. Eine anthropogeographische Untersuchung. Greifswald 1928, 156 S. mit vielen Tafeln. Nach einer eingehenden Beschreibung der Landschaft um Greifswald, wird die allmähliche Ausbreitung des Menschen in dieser Landschaft nach ihrem historischen Verlauf doch auch mit weitgehender Berücksichtigung volkskundlicher Probleme dargestellt. Die Einwirkung des Menschen auf die Landschaft geschieht hauptsächlich durch seine Betätigung in der Forst-, Landwirtschaft und Fischerei. -- Nachdem Eggert ( 594) in einem ersten Aufsatze eine Analyse der historischen Quellen gegeben hatte, erzählte er jetzt in glatter Darstellung die Heerfahrten, die die Dänen von 1160 bis 1223 gegen Rügen und auch nach der Gegend von Wolgast und Kammin unternahmen. Die überragende Gestalt des Bischofs Absalom verkörpert die Idee dieser Züge. -- Obwohl der Prozeß um die Travemünder Reede längst beendet ist, übergibt gleich Lübeck auch Strecker ( 1063) sein letztes Gutachten zur Vervollständigung der Öffentlichkeit. Er wendet sich darin vornehmlich gegen die von Rörig angeführten Ansichten von seemännischen Sachverständigen der heutigen Praxis, die er wegen offensichtlichen Mangels an Kenntnissen des historischen Hintergrundes ablehnt; ferner äußert er sich über die Begriffe Flußreede und Hafenrecht. -- Von der menschlichen und staatsgeschichtlichen Seite verdient Friedrich Ludwig von Mecklenburg rege Teilnahme, die Lüben ( 737) in lebendiger Darstellung zu wecken weiß. Friedrich Ludwig, Erbprinz von Meckl.-Schwerin (geb. 1778), hatte nach gediegener Jugenderziehung eine Tochter des Zaren Paul in erster Ehe geheiratet und war durch häufige Besuche am Zarenhofe und enge Beziehungen zur preußischen Königsfamilie in eine lebhafte politische Betätigung hineingewachsen. Er vertrat überall die Wünsche Mecklenburgs, von denen er die Verpfändung des schwedischen Wismar an Mecklenburg erreichte; doch die Erlangung der Kurwürde infolge der hohen Nebenforderungen seines Vaters gelang ihm trotz aller Bemühungen nicht. In den napoleonischen Kriegswirren war er unermüdlich beim Zaren, bei Napoleon, in Paris, in Erfurt tätig, um seinem Lande drohende Leiden zu ersparen oder eingetretene zu mildern. Außer dieser weitverzweigten politischen Tätigkeit nach außen hin war er als Kammerpräsident für die innere Verwaltung tätig. Ein allzufrüher Tod (1819) nahm ihm jedoch die Gelegenheit, seine seltenen Fähigkeiten als Landesherr zu voller Entfaltung zu bringen.


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