I. Allgemeine Quellenkunde.

Bibliographische Veröffentlichungen liegen für Niedersachsen nicht vor. F. Busch berücksichtigt in seinem Aufsatze »Das Geistesleben Niedersachsens im Spiegel seiner wissenschaftlichen Vereine« in erster Linie die historischen Gesellschaften und deren Veröffentlichungen (Minerva-Zs. 4, 103--107). Die drei großen Bibliotheken unseres Gebietes erhielten Sonderbearbeitungen. P. Zimmermann ( 80) berichtet von der bibliothekarischen Arbeit des Gründers der Wolfenbütteler Bibliothek (vgl. auch S. 87). O. H. May gibt in dem stattlichen Gedenkwerke »Sechzig Jahre Hannoversche Provinzialverwaltung«, dessen Hauptteile Beiträge der einzelnen Dezernenten über die verschiedenen Zweige der provinziellen Selbstverwaltung bilden, in knapper sicherer Form einen Überblick über die »Geschichte der Vormals Königlichen und Provinzialbibliothek in Hannover«, der um so willkommener ist, als eine ausführliche Darstellung der Entwicklung dieser Anstalt bisher fehlt. Von den neun zeitlich geordneten »Beiträgen zur Göttinger Bibliotheks- und Gelehrtengeschichte« ( 74) gehören drei in die Geschichte der Universität und die übrigen in die der Bibliothek. (Vgl. auch S. 87.)

Die Quellensammlungen beginnen mit einer ma.lichen Chronik. Dem ersten und zweiten Bande der »Braunschweiger Chroniken«, die in den Jahren 1868 und 1880 von L. Hänselmann in mustergültiger Weise herausgegeben wurden, schließt sich nach langem Zwischenraum jetzt der erste Teil des dritten Bandes, dessen Bearbeitung der im Jahre 1923 verstorbene H. Bäsecke übernommen hatte, würdig an ( 124). Er enthält eine Paraphrase des im zweiten Bande (Seite 86--258) veröffentlichten Schichtspieles -- und zwar nur soweit sie Eigenes zu bieten hat -- sowie Aufzeichnungen über die anschließende Fehde von 1492 bis 1493, die die Streitigkeiten der Stadt Braunschweig mit den welfischen Herzögen behandelt. Beide Stücke entstammen derselben Wolfenbütteler Handschrift (Helmstad. 562). Der zweite Teil des dritten Bandes wird ein einheitliches Sachregister zu den drei Bänden bringen, das dann den Abschluß der Braunschweiger Chroniken bildet. -- Den Chroniken folgen zwei Urkunden- und Regestenwerke, die nach ihrer Vollendung eine lange fühlbar gewesene wesentliche Lücke in den Quellenpublikationen Niedersachsens ausfüllen werden. Von dem »Oldenburgischen Urkundenbuche« ist in rascher Folge der dritte und vierte Band ( 136) dank der unermüdlichen Arbeitskraft des Bearbeiters G. Rüthning erschienen. Der dritte Band umfaßt die Urkunden der Grafschaft Oldenburg mit Einschluß der Herrschaft Delmenhorst, ferner Land Würden und Stadland nebst Butjadingen von 1482 bis 1550. Die Urkunden der Klöster und Kollegiatkirchen der Grafschaft folgen im vierten Bande, der nicht rein chronologisch, sondern zunächst nach den im Landesarchiv vorhandenen geschlossenen Einheiten geordnet ist. Jeder Band hat ein ausführliches Orts- und Personenregister und ein Sachregister, das besonders im vierten Bande stark ausgebaut ist. Trotzdem man im Vorwort jedes Bandes eine zusammenfassende Würdigung des betreffenden Urkundenmaterials ungern entbehrt und mehr Sorgfalt bei Gestaltung der äußeren Form wünscht, ist dieses große Urkundenwerk dankbar zu begrüßen. Nicht weniger freudig ist das Erscheinen der 1. Lieferung des ersten Bandes der »Regesten der


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Erzbischöfe von Bremen« ( 137) aufgenommen worden, die die Frühzeit des Erzstiftes von Willehad ( 787) bis zum Tode Liemars im Jahre 1101 enthält. Die Regesten waren trotz Hamburger und Bremer Urkundenbuch eine Notwendigkeit, weil diese Bände in erster Linie das Urkundenmaterial für die städtische Geschichte boten. Anfang des Jhds. hatte der Heimatbund der Männer vom Morgenstern bereits die Herausgabe des Werkes angeregt; dann wurde es bei der Gründung der Historischen Kommission zu Hannover als besonders dringlich in ihren Arbeitsplan aufgenommen. Das Ziel war »eine kritisch durchgearbeitete Darbietung aller auf die Geschichte der Bremer Erzbischöfe, die Regierung und Verwaltung des Erzstifts sich beziehenden urkundlichen wie sonstigen Quellennachrichten in chronologischer Folge«, nach den Worten des Bearbeiters O. H. May in seiner 1922 vorgelegten Denkschrift (Niedersächs. Jb. 1, 98). Die Regesten folgen in der äußeren Form bewährten Vorbildern, wobei auf eine musterhafte Ausgestaltung besonderer Wert gelegt ist. Zumal in der Frage der Fälschungen ist die eigene kritische Stellungnahme des Verfassers sehr wertvoll. Der zweiten Lieferung (bis 1306) wird ein Vorwort über die Grundsätze der Bearbeitung beigegeben werden. -- J. Gebauer (Alt-Hildesheim H. 8, 10--14) veröffentlicht aus dem Hildesheimer Stadtarchiv vier Quellenstücke: eine sehr energische Vermittlungsnote des Rates an König Sigismund ( 1424), die auf die Anerkennung der Lauenburgischen Erbfolge in Kur-Wittenberg hinzielt, und drei Berichte über die Schlacht bei Sievershausen ( 1583).

Der zweite Band von M. v. Bahrfeldt's »Niedersächsischem Münzarchiv« ( 256) ist dem ersten sehr rasch gefolgt und führt die Verhandlungen auf den Kreistagen und Münzprobationstagen des niedersächsischen Kreises um neun Jahre (1569--1578) weiter. Ein dritter Band wird mit dem Jahre 1625 das Werk zum Abschluß bringen. Trotzdem im zweiten Bande die Form des Regests für manches unwichtigere Aktenstück stärker herangezogen ist als im ersten Bande, möchte ich glauben, daß auch dieser Band noch hätte gekürzt werden können. (Vgl. auch Jberr. 3, S. 141 ff.)


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