III. Historische Landeskunde.

Wie G. Sello einst das Thema des Jadeeinbruchs, so behandelt auch C. Woebcken »die Entstehung des Dollart« ( 289) rein historisch. Er beginnt mit der Prüfung der Quellen, der Aufzeichnungen über Flutkatastrophen, die entweder von Zeitgenossen geschrieben sind oder auf Jahrhunderte alter Tradition beruhen. Dann versucht er, die Topographie des Landes vor der Zerstörung zu rekonstruieren und den Gang der Küstenwandlung zu verfolgen. In der beigegebenen Karte des Reiderlands und Oldampts um 1400 stellt er seine Auffassung von der Besiedelung des Dollartgebietes bis zu Beginn des Einbruchs, von seiner größten und seiner heutigen Ausdehnung klar und verständnisvoll dar.

Die 4. Lieferung der Topographischen Landesaufnahme des Kurfürstentums Hannover 1764--1786 ( 293) enthält die Karten des Herzogtums Bremen und des Fürstentums Verden. Hiervon waren die Blätter Otterndorf, Stade, Horneburg, Bremen, Ottersberg, Rotenburg und Verden schon in der 1. und die Blätter Leeste und Bruchhausen in der 3. Lieferung erschienen. -- L. Bückmanns ( 288) vorsichtig abwägende Arbeit ist eigentlich nur die Erläuterung einer sorgfältig gezeichneten Karte, auf der alle mit unendlichem Spürsinn festgestellten Wendenspuren in Ortsnamen und Personenbestand eingetragen sind. Darnach sind die Slawen über die Wederau und den Mittellauf der Ilmenau nicht weiter nach Westen vorgedrungen. A. Brückner hat nur zur Erklärung der Fluß-, Flur- und Personennamen Weniges zu bemerken. E. Gäbler bringt in seiner Arbeit über das Amt Riddagshausen ( 292) Material zur allgemeinen Siedlungsgeschichte, das umso wertvoller ist, als die Beobachtungen aus einem siedlungsgeschichtlich bedeutsamen Gebiete stammen, das den Siedlungsforschern außerdem so viele Hilfsmittel bietet wie nur wenige. Mit Recht unterstreicht der Verfasser die große Bedeutung der Flur- und


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Dorfform für die Siedlungsforschung. K. Fröhlich liefert durch sachgemäße und methodische Ausnutzung des vorhandenen Quellenmaterials neue »Beiträge zur Topographie von Goslar im MA.« ( 291) und betont dabei die Notwendigkeit, durch sorgsame Einzeluntersuchungen die Grundlage für ein den heutigen Anforderungen entsprechendes Kartenwerk zu schaffen. Denn der Stadtplan von Goslar, den uns das späte MA. überliefert und den wir noch heute im Innern der Stadt erkennen, setzt »umfangreiche planmäßig erwogene und geförderte Entwässerungs- und Flußregulierungsarbeiten voraus.« Über die Hydrographie des Stadtbildes von Goslar auch in geschichtlicher Hinsicht ist die unten besprochene »Geschichte der Goslarer Wasserwirtschaft« von O. Flachsbart zu vergleichen. Während G. Sievert seinen Forschungen über »Waldbedeckung und Siedlungsdichte der Lüneburger Heide im MA.« (1920) ausschließlich Urkunden zugrunde legte, hält W. Gusmann die Abgrenzung zwischen Wald- und Siedlungsgebiet allein nach Urkunden für häufig unmöglich und verlangt eine Begründung und Auswertung der prähistorisch, historisch und philologisch gewonnenen Tatsachen. Den Wendepunkt für die Entwicklung des heutigen Landschaftsbildes sieht er im 5. Jhd. n. Chr. Im ersten Teile seiner Schrift »Wald- und Siedlungsfläche Südhannovers« ( 514) gibt er eine kritische Darstellung der bisher angewandten Forschungsmethoden, im zweiten, dem eigentlichen Hauptteile, die Anwendung dieser verschiedenen Hilfsmittel auf das südhannoversche Gebiet. Zum Schluß faßt er die methodischen Ergebnisse zusammen und wertet die sachlichen in einem Verzeichnis der noch bestehenden und der eingegangenen Siedlungen und einer Übersicht der vor- und frühgeschichtlichen Funde aus. Darf auch der durch die beigegebene Karte vorgetäuschte Grad von Sicherheit nicht überschätzt werden, so hat doch Gusmann durch sein anschauliches Bild der südhannoverschen Landschaft im 17. Jhd. die methodischen Vorarbeiten für Einzelforschungen gegeben. H. Ohlendorf (Hannov. Magazin 3, 31--42) beschäftigt sich auf Grund bisher unbenutzten Quellenmaterials mit den Anfängen des Stiftes und der Stadt Wunstorf und ergänzt und berichtigt die ältere Literatur.


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