V. Wirtschaftsgeschichte.

Für die ältere Zeit bis zur Mitte des 16. Jhds. liegen mehrere Abhandlungen aus dem Fürstentum Osnabrück und dem Harz vor. H. Westerfeld ( 1137) gibt eine Geschichte der Hausgenossen des ehemaligen Hochstifts Osnabrück und sucht zu beweisen, daß die ersten Hausgenossen aus fränkischen Siedlern bestanden, zu denen sich mancherorts noch Sachsen gesellten. Für die Bedürfnisse jeder Hausgenossenschaft bildete sich ein Recht heraus, das im 16. Jhd. schriftlich fixiert und seitdem nicht verändert wurde. Den Schluß bildet eine Betrachtung der Besonderheiten der Wetterfreien, deren Genossenschaft von den ererbten Freiheiten verhältnismäßig wenig einbüßte und sich erst im Jahre 1863 auflöste. J. Vincke, der in seinem Aufsatze über die »Besiedelung des Osnabrücker Landes« (Jberr. 3, 494, nr. 393) den Bauern als Gestalter der Dinge gezeigt hatte, fügt diesem Bilde mit seiner Abhandlung über die spätma.liche bäuerliche Wirtschaft dieses Territoriums neue Züge hinzu ( 1138). Er weist auf die große Bedeutung des spätma.lichen Bauernstandes und seiner Wirtschaft hin und zeigt, daß diese Wirtschaft organisch in den Gesamtvolkskörper eingefügt war. Trotz häufiger Katastrophen trat sie immer wieder ohne fremde Hilfe lebenskräftig hervor und half sogar dem Bürger, den Grundherren und den Landesherren über krisenreiche Zeiten hinweg. So wurde sie zur Förderung des Handels und der Kultur. Trotz großer Belesenheit in der einschlägigen Literatur bringt der Verfasser nichts wesentlich Neues, weil er auf den mühevollen, aber sicherlich lohnenden Weg über das reiche Quellenmaterial verzichtet hat. -- Zur Siedlungs- und Wirtschaftsgeschichte des Harzes liefert A. Bode ( 1139) einen wertvollen Beitrag durch seinen Versuch, an Hand der vorhandenen Nachrichten die Lage der alten Schmelzstätten im West- und Mittelharze möglichst vollzählig im Gelände selbst festzustellen. Auf eine allgemeine geschichtliche Einleitung und eine Untersuchung über die Herkunft der Erze folgt die umfangreiche Beschreibung der einzelnen Schmelzstätten und ihrer Schicksale. Trotz jahrelanger Bemühungen war es nicht möglich, die Reste und Spuren der urkundlich bekannten Hütten wirklich überall aufzufinden. 191 Hüttenstätten und Schlackenplätze -- wenigstens die große Mehrzahl -- hat der Verfasser zusammengestellt und ihrer Lage nach in die beigegebene Karte eingetragen. Zwei wichtige Beiträge zur Wirtschaftsgeschichte des Harzes liefern weiter die Hefte 4 und 5 der »Beiträge zur Geschichte der Stadt Goslar«, die der dortige Geschichtsverein herausgibt. O. Flachsbart ( 1142) stellt die geschichtliche Entwicklung der Goslarer Wasserwirtschaft auf Grund der vorhandenen Urkunden dar und untersucht an einem typischen Beispiele, welche Rolle das Wasser in der deutschen Stadt- und Wirtschaftsgeschichte gespielt hat. Das nächste Heft


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beschäftigt sich mit den Beziehungen des großen Unternehmers Johann Thurzo von Bethlemfalva, des späteren Mitarbeiters der Fugger, zum Rammelsberger Bergewerk. E. Reinhardt ( 1140) stellt die Zusammenhänge dieses Bergwerks und damit der Stadt Goslar mit der Weltwirtschaft des 15. und 16. Jhd. ins Licht und trägt durch die Darstellung der am Rammelsberg tätigen Verbände und Vereinigungen zu einer Klärung der Ansichten über die Entwicklung unseres Verbandswesens bei. Nachdem P. J. Meier in seinem Buche über die »Stadt Goslar« (Jberr. 2, 539 f. nr. 291) dem Bergwesen und der Entwicklung der Stadt nur ein Kapitel widmete, beschäftigt er sich jetzt in seinem neuen Werke auf Grund weiterer Studien eingehend mit den schwierigen Problemen des Rechts der Berg- und Hüttenherren und des Kampfes Heinrichs des Jüngeren gegen Goslar ( 1141). Nach entsagungsvoller Arbeit hat er unsere Kenntnis der Beziehungen zwischen dem Herzog und der Stadt Goslar bis zum Riechenberger Vertrage ( 1552) wertvoll bereichert. W. Feise gibt einen ausführlichen Bericht von der Entwicklung des »Brauwesens der Stadt Einbeck« ( 1143), deren Bier im 15. und in der ersten Hälfte des 16. Jhds. so berühmt und weit verbreitet war wie kein anderes. Das Aufblühen dieser Stadt, ihr Wohlstand und ihre Macht während dieser Zeit ist auf ihr Braugewerbe und ihre Biererzeugung zurückzuführen. Als dieses zerfällt, beginnt der Niedergang der Stadt. -- O. Schmidt will in seiner Dissertation über »die ostfriesischen Fehngesellschaften« ( 1197) keine Geschichte der Fehne, wohl aber »eine Darstellung und Durchleuchtung des Wesens der ostfriesischen Fehngesellschaften mit Rücksicht auf ihre wirtschaftliche Verfassung« geben. Die Arbeit ist durchaus formalistisch im juristischen und wirtschaftstheoretischen Sinne und bietet damit eine rechtskundige Ergänzung zu J. C. Freeses Werk, das 1789 zum ersten Male »über die Vehne oder Torfgräbereien«, diese volkswirtschaftlich und bevölkerungspolitisch wertvollsten Neusiedlungen in Ostfriesland seit der großen Kolonisationszeit des MA.s, Kunde gab. -- Das erste Kapitel von R. Schultes Kölner Dissertation bringt eine kurze Übersicht von der 1856 erfolgten Gründung des Georgs-Marien-Bergwerks- und Hütten-Vereins bis zur Vereinigung mit dem Osnabrücker Eisen- und Stahlwerk im Jahre 1885. Das zweite Kapitel behandelt dann den Aufbau und Ausbau des gemischten Werkes unter Haarmann bis 1911. Die nächsten Abschnitte zeigen den kraftvollen Aufstieg zur Höhe, die Jahre des Weltkrieges, die Zeit des Umsturzes und Wiederaufbaues.


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