I. Allgemeine Quellenkunde. Bibliographie und Genealogie.

Die Inventarisation der nichtstaatlichen Archive Schlesiens wurde durch den Druck des Inventars des Kreises Neustadt weiter gefördert. Organisation, Gesamtleitung und Redaktion dieses neuen Bandes ( 67) lagen wieder in den Händen von E. Graber, der die Verzeichnung unter Mitarbeit örtlicher Kräfte durchführte. Aus den beigefügten Nachrichten über die Geschichte der einzelnen Archive ergeben sich zugleich die ungemein großen Verluste an wertvollem Quellenmaterial, die durch Brand oder Unachtsamkeit entstanden. Sie zeigen wieder mit aller Deutlichkeit die Notwendigkeit eines Archivgesetzes, das den Schutz und die sachgemäße Aufbewahrung der wertvollen Dokumente der Vergangenheit verbürgt. Dem Kommerzienrat Max Pinkus in Neustadt gebührt besonderer Dank, daß er in verständnisvoller, jahrzehntelanger Sammelarbeit viele wertvolle Urkunden und Handschriften aus ganz Schlesien gerettet hat. Das Verzeichnis dieser Stücke, das dem Neustädter Inventar angefügt ist, beträgt allein über 120 Urkunden (seit 1402) und viele Handschriften und Aktenbände, Schlesien im allgemeinen und in seinen einzelnen Teilen betreffend. Auch Manuskripte und Briefe berühmter Schlesier des 19. Jhds. befinden sich darunter. Bedauerlich ist vor allem, daß das inhaltsreiche Reichsgräflich Oppersdorfsche Archiv in Oberglogau zur Zeit nicht bearbeitet werden konnte. Das dem neuen Bande erstmalig angehängte Sachregister bietet dem Forscher eine große Zahl wertvoller, den Urkunden entnommener Begriffe und Bezeichnungen. -- Vom Urkundenbuch der Stadt Münsterberg, das die Regesten aller Münsterberg betreffenden Urkunden enthält und von den wichtigsten Stücken Textabdrucke bringt, veröffentlichte P. Bretschneider ( 140) den II. Teil (1317--1337), der wie der I. Band (s. Jberr. 1927, S. 511) auch einige bisher unbekannte Stücke bringt und -- für das Münsterberger Land -- wertvolle Berichtigungen und Ergänzungen zu den Schlesischen Regesten enthält.

Zu dem von Kaisig-Bellée-Voigt herausgegebenen Literaturnachweis: Deutsches Grenzland Oberschlesien (s. Jberr. 1927, S. 512), erschien eine Fortsetzung ( 40), die neben wertvollen Ergänzungen auch aus fremdsprachlichen Veröffentlichungen die während des Druckes der gen. Bibliographie erschienene oberschlesische heimatkundliche Literatur der Jahre 1926 und 1927 enthält. -- Den Bericht über die in den Jahren 1926 und 1927 erschienene Literatur zur schlesischen Geschichte erstattete im Rahmen der hierfür bewährten Stoffgliederung H. Jessen ( 39). Gegenüber den früheren Berichten hat er durch die Mitarbeit der Herren Pfitzner (Prag) und Piotrowicz (Krakau) für die tschechische bzw. polnische Literatur eine wesentliche Verbesserung erfahren. -- Das Register zu Bd. 1--10 der Mitteilungen des Liegnitzer Geschichts-Vereins


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von H. Frost ( 12) ist sehr summarisch, da es nur ein Inhaltsverzeichnis nach alphabetischer Ordnung der Verfasser und ein solches nach alphabetischer Ordnung der Schlagwörter in den Überschriften bringt.

W. v. Böttichers 1927 als selbständiges Buch erschienene Schrift »Der Adel des Görlitzer Weichbildes um die Wende des 14. und 15. Jhds.«, das bereits im Jahresbericht 1927 (S. 513) angezeigt wurde, erschien auch im N. Lausitz. Magazin ( 232) in unverändertem Abdruck, doch sind hier 5 Tafeln mit Abbildungen von Siegeln und Grabsteinen beigegeben. Cod. diplomaticus Lusatiae superioris V: E. Wentscher, Die Görlitzer Bürgerrechtslisten 1379--1600 ( 139), ist als Ehrengabe der Stadt Görlitz Richard Jecht zum 70. Geburtstag gewidmet. Der Tradition des Oberlausitzer Urkundenwerkes entsprechend ediert der Herausgeber ohne rechtsgeschichtliche Untersuchungen, die besonderen Darstellungen vorbehalten bleiben, die Bürgerrechtslisten, die zunächst als Bestandteile des städtischen Rechnungswesens überliefert sind und aus den (seit 1375) mit einigen Lücken erhaltenen Görlitzer Ratsrechnungen ausgezogen werden mußten. Die Ausführlichkeit der Angaben wächst erst allmählich und umfaßt seit dem 16. Jhd. neben Namen und Gebühr des Neubürgers auch dessen Beruf, Geburtsort, das Datum des Erwerbes und bei besonderen Umständen bisweilen wortreiche Berichte. Das Buch bereichert die bei P. v. Gebhardt (Das älteste Berliner Bürgerbuch 1453--1700, Berl. 1927, S. XIV ff.) mitgeteilte Zusammenstellung der bis 1927 veröffentlichten matriculae civium aus dem deutschen Sprachgebiet um eine weitere wissenschaftlich zuverlässige Edition.


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