III. Historische Landeskunde und Ortsgeschichte.

Die Breslauer Dissertation von F. Freudenthal ( 1150) behandelt die ältesten deutschbesiedelten Besitzungen des Klosters Leubus in Mittelschlesien, die »500 Goldberger Hufen«, deren Gebiet sich in einem schmalen Streifen durch das Bober-Katzbachgebirge in den heutigen Kreisen Jauer, Schönau und Bolkenhain zieht. Die Besitznahme dieses Gebiets durch das Kloster, seine Entwicklung bis zur Husitenzeit, die Lage der Bauern und des Lehnsadels bis ins 17. Jhd. hinein werden unter sorgsamer Heranziehung der Quellen und Literatur geschildert, ohne indessen die Forschung mit neuen Ergebnissen wesentlich zu bereichern. -- B. Bretholz ( 627) handelt kurz über den Ursprung der Husitenkriege und ihr Übergreifen auf die Grafschaft Glatz. Er erinnert an die Haupttatsachen, die aus kirchlichen, sozialen und nationalen Gründen schließlich zu den eigentlichen Husitenkriegen (1419--1436) führten, in deren Verlauf der katholische böhmische Landeshauptmann der Grafschaft Glatz mit dem Herzog Johann von Münsterberg das Patschkauer Verteidigungsbündnis (1424 Okt. 14) und mit andern schlesischen Fürsten die Strehlener Einigung (Febr. 1427) schloß. Die Kämpfe selbst in der Grafschaft werden mit unzureichender Kritik von Udo Linke geschildert. -- Die staatlichen Landesvermessungen Schlesiens auf Veranlassung Friedrichs d. Großen haben in den landes- und siedlungskundlichen Untersuchungen Schlesiens bisher wenig Beachtung gefunden, obwohl sie in der preußischen Militärliteratur allgemein gewürdigt worden sind. Um so mehr ist daher die Abhandlung von Th. Maschke ( 309) zu begrüßen, die den Quellenwert dieser ersten schlesischen Landesaufnahmen für die Landes- und Siedlungsgeschichte Schlesiens beleuchtet und an der ersten umfassenden Vermessung innerhalb des preußischen Staates überhaupt, dem (1747--1753) durch den Ingenieur-Oberstleutnant von Wrede geschaffenen großen Kartenwerk, das die Unterlage für die strategischen Maßnahmen des Königs bot, näher behandelt. Als Ergänzung zu diesem Abriß gibt Maschke aus dem Gesamtbestand der originalen und nur in Handzeichnung jetzt in der preußischen Staatsbibliothek in Berlin vorhandenen Landesaufnahmen Schlesiens in der Zeit von 1740--1801 in katalogmäßigem Überblick eine


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Auswahl derselben ( 308), die alle Handzeichnungen, die nicht auf originalen Aufnahmen beruhen, absichtlich unberücksichtigt läßt. Aber schon diese knappe Zusammenstellung zeigt die Notwendigkeit einer Inventarisierung auch des an auswärtigen Zentralstellen vorhandenen Kartenmaterials, die im Zusammenhang mit der von der Historischen Kommission für Schlesien beschlossenen und in Angriff genommenen Herausgabe eines Historischen Atlasses für Schlesien unerläßlich erscheint. -- In seinem Aufsatz über die Auswirkungen des polnischen Aufstandes von 1806/07 auf Oberschlesien zeigt P. Knötel ( 716), daß Oberschlesien nur passiv -- namentlich um Beitreibungen zu machen -- dabei in Mitleidenschaft gezogen wurde. Von einer Volksbewegung zugunsten des Polentums war, wie auch bei den späteren Aufständen, keine Rede. In den Nottagen des Grenzbezirkes zeichneten sich besonders aus der Chef des Tarnowitzer Bergamtes Bergrat v. Boscamp und der bekannte Husarenoffizier v. Witowski, dessen kecke Reiterstücke und Angriffe auch nach Neuschlesien hinein berühmt wurden. -- Die Blücherliteratur bereichert F. Wiedemann (Wie Blücher ein Schlesier wurde. Schles. Geschichtsbll. 1928, Nr. 2) durch eine Abhandlung, die die Erwerbung des Gutes Kunzendorf O/S durch den Feldmarschall zum Gegenstand hat. Nach den Akten des Breslauer Staatsarchivs werden in den Beilagen I--IX bisher unbekannte Blücherbriefe abgedruckt. Blücher, dessen ursprüngliches Ziel die Erwerbung der pommerschen Domäne Dölitz bei Stargard war, gewann erst durch den Zwang der Verhältnisse allmählich innere Beziehungen zu Schlesien. Nach dem Erwerb der Trebnitzer Güter und der großen Dotation Krieblowitz verkaufte Blücher das wirtschaftlich nicht bequem gelegene Kunzendorf.

Aus der verhältnismäßig großen Zahl von ortsgeschichtlichen Bearbeitungen seien hier nur die folgenden Veröffentlichungen herausgehoben, die von allgemeinerer Bedeutung sind. Die Beiträge zur Geschichte des Landkreises Liegnitz von E. Tschersich ( 310), die bis zum Jahre 1600 aus Archivmaterial und Literatur sehr sorgsam die erhaltenen Quellennachrichten zu den einzelnen Orten zusammenstellen, bieten mit ihren ortsgeschichtlichen Abrissen eine ausgezeichnete Ergänzung zu dem 1927 erschienenen Heimatbuch der beiden Liegnitzer Kreise. -- Das Heimatbuch des Kreises Lauban (Marklissa 1928) enthält in seinen historischer Beiträgen von Feyerabend, Jecht und Artur Schulze gleichfalls wertvolles Material; namentlich ist das Verzeichnis der Schöppenbücher dieses Kreises, für den in Lauban ein Kreisarchiv eingerichtet wurde, zu begrüßen. Auch die Entwicklungsgeschichte der Liegnitzer Stadtgemarkung von P. Mylius ( 312), die das Gemeindegebiet einschließlich des Stadtforstes, doch ohne die ehemaligen Stadtdörfer, von der Gründung der deutschen Stadt L. (um 1250) bis zur Gegenwart behandelt, darf ein allgemeineres Interesse beanspruchen.


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