III. Quellen und Darstellungen nach der Reihe der Ereignisse.

Der Aufsatz von P. Haake ( 690) wird an anderer Stelle gewürdigt (vgl. S. 194); hier sei nur darauf aufmerksam gemacht, daß die Frage Haakes, ob Flemming nicht als eigentlicher spiritus rector dessen, was zum Besten Sachsens geschah, anzusehen sei (S. 47), m. E. von ihm selbst späterhin wieder zugunsten Augusts d. St. verneint wird (S. 49, 54/55), auch wenn er diesem »die Hand eines Meisters« nicht zuerkennen will. -- Bei A. Brabant ( 706) spürt man im Text die volle Beherrschung des gewaltigen Aktenstoffs und der Literatur über das Kriegsjahr 1759 in Sachsen, obwohl Br. die Quellen im einzelnen nicht angibt. Der Aufsatz ist eben ein Ausschnitt aus dem 3. soeben erschienenen Bande seines Lebenswerkes über »Das Hlg. Röm. Reich teutscher Nation im Kampfe mit Friedrich d. Gr.«. -- A. Weinberg ( 735) veröffentlicht aus Moskauer Beständen 10 Briefe der Herzogin Luise, Gemahlin Karl Augusts von Weimar, die sie größtenteils noch vor ihrer Verheiratung an ihren damaligen Schwager, Großfürst Paul, geschrieben hat. Sie sind, vor allem mit ihren Erläuterungen, wichtig für die Kenntnis des Lebens und der Auffassung am Petersburger Hof 1774--76, beleuchten auch das Verhältnis Katharinas II. zu ihrem Sohne und machen z. T. die spätere Menschenverachtung Pauls I. verständlich. --

Aus der Fülle der Arbeiten zu Karl Augusts 100 jährigem Todestage sollen nur drei besprochen werden. Voran steht die Gedächtnisrede in Weimar von E. Marcks ( 733). Schicksal blieb es für K. A., Kleinfürst zu sein, aber er blieb zugleich Herrscher und Mensch von Natur her. Aus diesem Grunde hat er sich ebenso zwischen den Titanen seiner Zeit wie zwischen den Bürgern und Bauern seines Volkes als sich selbst behauptet. »Landesgeschichte ist Spiegel und Mahnung« auch für uns noch, und Karl August ist »ganz thüringische Darstellung ewiger deutscher Art«. So hat er sich aus der Persönlichkeit »zu einem Allgemeinen gesteigert«. Unermeßlich sein Verdienst, daß er Goethe sich und Weimar »durch Freigabe und Freiheit« des Genius auf der italienischen Reise aufs neue und für immer gewann. Seitdem sind Potsdam und Weimar, Goethe und Bismarck »nur Stufen von verschiedenem Gefüge, die beide emporführen in den gleichen Tempel«. -- Das Nachwort zu H. Wahl (Karl August von Weimar. Ein Leben in Briefen. Weimar, Böhlau, 152 S.) muß man zuerst lesen; denn es gibt Aufschluß über seine Auswahl und Darbietung der Briefe Karl Augusts. Der »Mensch aus dem Ganzen« (Goethe zu Eckermann) soll uns in den Briefen nähergebracht werden, damit wir den Lebensfreund Goethes lieben lernen und in die menschlichen Beziehungen der Großen von Weimar tiefer eindringen. So steckt gewiß Tendenz in dem Buche, aber sie wird uns während des Lesens nie unangenehm bewußt. -- Der Inhalt vieler Briefe bei Wahl ist auch in die Darstellung von P. Burg ( 734) verwoben. B. spricht wohl selbst von einem Roman in der Einleitung und von einer »Nachdichtung« (S. 262), aber bei den vielen aktenmäßigen Belegen und nur romanhaftem Aufputz (z. B. S. 109 ff., 147 ff., 231) ist bloß ein Mittelding zwischen Geschichte und Roman entstanden. Den breitesten Raum nehmen bei B. die Liebesabenteuer des Herzogs ein. Aber gerade dabei schafft B. wohl am meisten aus seiner Phantasie (S. 24 ff.), wenigstens in der Ausmalung der meisten Einzelheiten, und nur


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die ausführliche Darstellung des eigenartigen Verhältnisses zur Nebenfrau Karoline Jagemann ist verläßlicher begründet. Ein Anhang enthält einige Briefe Karl Augusts an Friedrich Wilhelm III. aus dem Berliner Hausarchiv. -- E. Huhn ( 782) setzt seine Arbeit über das Großherzogtum Sachsen 1848/49 mit gleicher Gründlichkeit fort (vgl. Jberr. 1927, Nr. 986). In unmittelbarem Anschluß wird zunächst die gesetzgeberische Arbeit des neuen Landtages von 1849 dargestellt. Die gewählten Abgeordneten gehörten meist der konstitutionell-monarchischen Richtung an, da bei der Wahl die revolutionäre Welle von 1848 schon wieder etwas verebbt war. Außer der Anpassung verschiedener Gesetze und Bestimmungen an die unterdessen in Frankfurt festgelegten Grundrechte waren besonders wichtig: die neue Gemeindeordnung und die Neugestaltung der Staatsverwaltung mit dem Ziele einer Vereinfachung durch Wegfall der Mittelbehörden. Neben Einheitsbewegungen aller Art (z. B. Lehrerverein) beschäftigte in der Deutschen Frage die Verfassung je länger je mehr auch hier die Gemüter. Weimars Versuche, gleich zu Anfang durch Denkschriften auf die Bildung eines unzertrennlichen Bundesstaates und einer Zentralregierung hinzuwirken, scheiterten ebenso wie Anfang 1849 Watzdorfs persönliche Bemühungen, in Frankfurt Stimmung für eine Mitwirkung der Fürsten bzw. der Regierungen an der Verfassungsarbeit zu machen. Der Grundgedanke, daß nur bei gemeinsamer Arbeit von Nationalversammlung und Regierungen eine dauerhafte Verfassung zustande kommen könne, durchzieht überhaupt alle Bemühungen der Weimarer Regierung (S. 108), und deswegen hat sie auch bei Friedrich Wilhelm IV. vergeblich um Annahme der Kaiserkrone geworben (S. 119 f.). Trotzdem hat dann v. Watzdorf den Landtag im Juli 1849 geradezu gezwungen, auch dem Anschluß an das Dreikönigsbündnis zuzustimmen (S. 127 ff.), weil er alles Heil von der preussischen Führung erwartete. Ausführlich verfolgt H. weiter die thüringischen Einigungsbestrebungen von Weimar aus. Sie waren zuerst Abwehrmittel gegen Mediatisierungsgedanken in Frankfurt, wurden aber Weimar von den anderen thüringischen Staaten -- außer Altenburg -- als Vormachtsstreben ausgelegt. Hauptgegner waren Meiningen und Coburg -- dieses nicht ohne eigenen Ehrgeiz nach der Führerstellung (S. 137 u. 158 f.) -- aber auch Anlehnungswünsche an Sachsen durchkreuzten die Einigungsvorschläge, und das preußische Erfurt lag ebenfalls im Wege (S. 151). Schließlich hat Weimar nach den Fehlschlägen seiner eigenen Bemühungen Anfang 1849 ebenfalls mit dem Königreich Sachsen über den Anschluß verhandelt. Als mageres Ergebnis der verschiedenen thüringischen Einigungsbestrebungen sprang nur eine Vereinbarung über Rechts- und Gesetzfragen heraus. In einem Schlußwort würdigt H. kurz zusammenfassend noch besonders die kluge und maßvolle Tätigkeit v. Watzdorfs. --

Das Buch von K. Meinel ( 784) über den bekannten sächsischen Demokraten O. L. Heubner verarbeitet wohl alle einigermaßen wichtigen Zeugnisse für Leben und Wirken des alten 48er, stützt sich aber m. E. bei vielen Urteilen doch zu sehr auf Heubners Selbstverteidigung. Dadurch wird das Bild ganz unwillkürlich etwas geschmeichelt, und Heubner erscheint zu sehr als Mann ungehemmt freien Blicks und nur reinsten Wollens. Zwischen den Zeilen spürt man aber doch, daß die Neigung zu doktrinärem Wesen und zu hoher Selbsteinschätzung (z. B. S. 49, 241) bei allem wirklichen Wissen und Können immer mitschwingt. Im übrigen ist sein Leben durch M. von der besonnten Jugend und Ehe, dem sieghaften Wirken für die Turnerei in Sachsen und dem aufreibenden


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Kampfe für Reichsverfassung und provisorische Regierung 1849 bis zu den trüben Jahren im Zuchthaus und dem wieder trostvollen Lebensabend ausführlicher als sonstwo dargestellt. -- F. Dickmann ( 804) bietet eine gewisse Ergänzung zu H. Klocke (JB. 1927, Nr. 1025), wird aber wie H. Richter ( 850) mit seiner Darstellung über Sachsens Verhalten bei Bismarcks Entlassung an anderer Stelle besprochen. (Vgl. S. 221.)


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