VI. Kultur- und Bildungsgeschichte.

Die Untersuchung von J. G. Ullmann ( 1061) über ma.liche Straftaten und Strafarten in den Städten des Freistaates Sachsens wird an anderer Stelle besprochen, ebenso F. W. Mitter ( 1089) (vgl. S. 283). -- M. Vollert ( 1087) unterrichtet zunächst über Einrichtung und Ordnung des Schöppenstuhls als eine Abzweigung der Jenaer juristischen Fakultät (1558--1881), gibt die Namen der Ordinarien und bespricht kurz die Spruchtätigkeit, das Archiv (seit 1914 in Weimar), die Urteilsammlungen, die Urteile selbst nach Sprache, Inhalt und Rechtsprechung in Straf-, Hexen- und Foltersachen. Der wichtigste bürgerliche Rechtsstreit war der Reichsgräflich-Bentincksche Erbfolgestreit um Herrschaft Kniphausen und Amt Varel in Oldenburg (1839--42), der zu recht unerquicklichen Anfeindungen der Richtertätigkeit des Schöppenstuhls führte und endgültig (1854) auch nicht nach seinem Spruch erledigt wurde. Offensichtliche Mängel waren bei den Sprüchen die einseitige Aktengläubigkeit und die häufige Unkenntnis des örtlichen Rechts bei den auswärtigen Streitfällen. Das ändert aber nichts an der kulturgeschichtlichen Bedeutung der Urteile, in denen sich ja immer wieder Auffassungen und Zustände der verschiedenen Zeiten spiegeln. V. fußt freilich für seine Betrachtungen nur auf den gedruckten Urteilsammlungen und glaubt -- m. E. aber mit Unrecht --, daß das Studium der Akten selbst höchstens für die Familienforscher von großer Bedeutung sein werde.

Nach W. Bode ( 1598) erweist sich, daß Grimma in der ersten Hälfte des 19. Jhds. für Verlag- und Zeitungswesen mehr bedeutet hat, als man bei einer Kleinstadt mit agrarischer Umgebung annehmen sollte. Bis zum Tode J. G. Göschens (1828) war es der Druckort der meisten in dessen Verlag erschienenen Bücher, also z. T. auch von Goethes und Schillers Werken. Kein Geringerer als Seume war Korrektor bei ihm. 1813 sah sich Göschen, um seine Drucker nicht


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entlassen zu müssen, zu einer Zeitungsgründung gezwungen, hatte aber mit dem Grimmaischen Wochenblatt im ganzen nicht viel Glück. Einflußreicher wurde dieses seit 1834 unter der Leitung von C. F. Philippi. Bedeutsamer als Philippis Tätigkeit für die Zeitung war sein Wirken durch das Verlagskomptoir, das er am 1. 1. 1834 in Grimma begründet hatte. Nicht weniger als acht Zeitschriften erschienen in seinem Verlage und von so verschiedener Färbung, daß sie sich oft hart untereinander bekämpften und eigentlich nur im Kampfe gegen die offizielle Leipziger Zeitung einig waren. -- Als erste Veröffentlichungen eines 1927 innerhalb der Universität und im Bunde mit dem Verein für Thüringische Geschichte gegründeten Archivs für Jenaer Universitätsgeschichte (Beiträge zur Gesch. d. Universität Jena. Jena, Fischer) sind drei Arbeiten zu nennen: 1. G. Goetz mit einer gründlichen und für Altphilologen aufschlußreichen Würdigung des Anteils der Universität Jena an der Förderung der klassischen Studien. 2. Th. Lockemann mit Regesten der Briefe von Fachgenossen an C. W. Goettling, den Vertreter der Altertumswissenschaft in Jena von 1822--1869. 3. H. Döbling mit der Darstellung der Chemie in Jena zur Goethezeit, worin natürlich Goethe mit seinen Gedanken und Anregungen besonders hervortritt. -- Die Geschichte des Weimarer Theaters von L. Schrickel (Gesch. d. Weimarer Theaters ... Weimar, Panse, VII, 283 S.) enthält neben vielen zeitgenössischen Bildern in der Hauptsache Angaben über die wichtigeren Schauspieler und Sänger und über die Daten und Erfolge der hervorragenden Aufführungen. Goethe, Schiller und die weimarischen Fürsten treten besonders hervor, aber auch Karoline Jagemann und ihr Günstling Strohmeyer kommen zu Wort, desgleichen die Zeit nach Goethe bis zur Gegenwart.


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