III. Geschichte in chronologischer Reihenfolge.

Über die Kämpfe, die sich in den Jahren 1467 und 1468 hauptsächlich zwischen Herzog Johann von Cleve und Herzog Adolf von Geldern abspielten, bietet der Aufsatz von I. S. van Veen ( 622) hauptsächlich durch Abdruck zahlreicher Korrespondenzen eingehendes Material. Durch die mancherlei Bundesgenossen, welche die Gegner hatten, von denen in erster Linie der Kurfürst von Köln und der Bischof von Münster zu nennen sind, gewinnen diese Streitigkeiten, in deren Mittelpunkt Arnheim und Wachtendonk standen, erhöhtes Interesse.

Auf die Verhältnisse im 16. Jhd. nimmt die Darstellung von G. Trauthig ( 168) sehr eingehend Bezug, um mit um so größerer Sicherheit das Ausmaß der Einwirkungen des Dreißigjährigen Krieges auf die Stadt Wetzlar feststellen zu können. Gründliche Aktenstudien führen ihn zu der Überzeugung, daß die Stadt schon vor dem Krieg ihre einstige Bedeutung auf politischem und wirtschaftlichem Gebiet verloren hatte, eine Beobachtung, die mit den von Erdmannsdörffer und Höniger geäußerten Ansichten über das Schuldkonto des großen Kriegs übereinstimmt. Trotz mancherlei Leiden hatte die Bürgerschaft keine Werte verloren, die Lebensbedingungen für sie bedeuteten. Beachtenswert sind die sehr eingehenden Untersuchungen des Verfassers über Wirtschaftsleben und Bevölkerungsstatistik. -- Eine Fortsetzung dieser Arbeit bietet H. Rau ( 168), dem es besonders darauf ankommt, die Entwicklung der Stadt in wirtschaftlicher


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und kultureller Hinsicht nach dem Dreißigjährigen Krieg aufzuzeigen und die Frage zu untersuchen, inwieweit durch die Verlegung des Reichskammergerichts nach Wetzlar (1690)) die städtischen Verhältnisse beeinflußt worden sind. Der Verfasser hält den günstigen Einfluß dieser Verlegung in wirtschaftlicher, kultureller und auch politischer Hinsicht für unverkennbar, lehnt aber die These Veltmanns ab, daß Wetzlar nur hierdurch seine Reichsunmittelbarkeit bewahrt habe, unter Hinweis auf die Energie und Konsequenz, mit der der Rat über die Reichsfreiheit der Stadt wachte und sogar einzelne Rechte Hessen-Darmstadts an sich riß.

Von dem Reise- und Verkehrswesen in der Zeit des Dreißigjährigen Kriegs erhalten wir durch den frisch geschriebenen Aufsatz von W. Beemelmans ( 664) ein anschauliches Bild. Verfasser schildert die Erlebnisse einer Gesandtschaft, die der Rat der Stadt Köln nach dem Prager Frieden (1635) an den Kaiserhof schickte, um hier für die Ausdehnung des Stapelrechts, die Befreiung von der Zahlung der Römermonate und gegen die Störung der Gerichtsbarkeit durch den Kurfürsten sich einzusetzen. Der Reisemarschall war der Bürgermeister Jakob von Rottkirchen, der über jede Ausgabe genau Buch führte. Über den Verkehr mit den Behörden unterrichtet das Tagebuch des Syndikus Meinertzhagen. Die Gesandtschaft erreichte nichts, kostete aber sehr viel. -- Die unheilvolle Politik der Kölner Kurfürsten um die Wende des 17. und 18. Jhds. hat eines der wichtigsten Bollwerke am Rhein, die im 16. Jhd. als Festung ausgebaute Kaiserpfalz Kaiserswerth zweimal heftigen Belagerungen ausgesetzt, die mit ihrer Vernichtung endeten. M. Braubach ( 682) hat jetzt eine eingehende Schilderung der beiden Belagerungen von 1689 und 1702 gegeben und durch Heranziehung Wiener Quellen das schon Bekannte wesentlich ergänzen können.

Für die Beteiligung der kurpfälzischen und damit also auch der jülich-bergischen Truppen bietet das Buch von O. Bezzel ( 681) ausgiebige Nachrichten. Die Verwendung des niederrheinischen Militärs unter kurpfälzischem Kommando im Pfälzisch-Orleanischen Kriege (1688--1697), im Spanischen und Österreichischen Erbfolgekriege sowie im Siebenjährigen Kriege mit allem auf die Heeresorganisation bezüglichen Detail kommt hier eingehend zur Darstellung. Das als reichhaltige und gewissenhafte Materialsammlung bedeutende Werk darf, soweit die kriegerischen Ereignisse am Niederrhein am Ausgang des 17. Jhds. und während des 18. Jhds. in Frage kommen, nicht übersehen werden.

Auf die ertragreichen Studien M. Braubachs ( 700) im Wiener Archiv über die wechselnden Einflüsse der österreichischen Diplomatie am Hofe des Kölner Kurfürsten Clemens August ist schon im letzten Jahresbericht (S. 226 und 555) hingewiesen worden. -- Einen Einblick in die wirtschaftlichen Verhältnisse am kurkölnischen Hof im 18. Jhd. verdanken wir der Untersuchung von G. Hofmann ( 1488). Sie sucht unter Verwertung reichen archivalischen Materials die wirtschaftliche Abhängigkeit der kölnischen Kurfürsten des 18. Jhds. von den jüdischen Hoffaktoren zu ergründen. Für die Juden bedeutete die Regierung des Erzbischofs Joseph Clemens (1688--1723) die Zeit des Eindringens in das Hofgeschäft. An der Wende des 17. und 18. Jhds. vollzog sich der Übergang vom armen Handelsjuden zum Hoffaktoren. Auf aktenmäßiger Grundlage schildert der Verfasser die Tätigkeit dieser Hoffaktoren, deren Einfluß erst in der Zeit des Kurfürsten Max Franz erlischt. Ihre Bedeutung lag darin, »daß


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sie es verstanden, den Reichtum des Landes für den Fürsten flüssig und verfügbar zu machen und die Produkte im Austausch mit anderen Wirtschaftsgebieten zu ergänzen«, freilich nicht zur Förderung des Allgemeinwohls, »denn sie holten aus der Bevölkerung alles bis aufs Letzte heraus, wozu die Organe des Staates nicht in der Lage waren«. Einleitungsweise behandelt der Verfasser in großen Umrissen die Entwicklung jüdischer Geschichte in Kurköln bis zum Erlaß der Judenordnung von 1700, die er ausführlich erörtert. In der Benutzung der Literatur hätte der Verfasser getrost etwas weiter gehen können.

In der Dissertation F. W. Niemanns über Friedrich d. Gr. und die Koadjutorwahl in Köln und Münster 1780 ( 711) werden eingehend die Pläne des Königs erörtert, die darauf abzielten, die österreichischen Projekte zunichte zu machen, und die sämtlich fehlschlugen, zumal da Preußen ohne Bundesgenossen blieb. Diese politische Verrechnung des Königs hat ihren Grund in seinem »gesteigerten Rationalismus«, wie der Verfasser mit Meinecke annimmt. Die tüchtige Arbeit bietet eine willkommene Ergänzung zu dem Buch von M. Braubach über den Kurfürsten Max Franz von Köln. -- In seinem Aufsatz über die Flüchtlinge der französischen Revolution im Stifte Essen weiß F. W. Lohmann ( 730a) besonders aus den Akten des Essener Offizials Brockhoff und aus den Kirchenbüchern genauere Angaben über Namen und Herkunft der Emigrantenpriester und über andere Flüchtlinge verschiedener Stände zu machen. Dabei wird von ihm auch alles, was an Verordnungen der Essener Regierung über das Emigrantenwesen vorhanden ist, eingehend berücksichtigt. Für die Kulturgeschichte und Genealogie sind derartige Zusammenstellungen, wie sie hier gegeben werden, gleich bedeutsam. -- In den von I. Heyderhoff ( 758) herausgegebenen Briefen Benzenbergs bilden die Erfüllung des königlichen Verfassungsversprechens von 1815 und die Verschmelzung des Rheinlands mit Preußen die Leitmotive. Die innige Vertrautheit des Herausgebers mit der anziehenden Persönlichkeit Benzenbergs geht sowohl aus der trefflichen Einführung wie aus den zahlreichen Anmerkungen zur Kommentierung der Briefe hervor.

Die gewaltsame Abführung des Erzbischofs Klemens August von Droste- Vischering im Jahre 1837 hatte die Notwendigkeit heraufbeschworen, die geheime Polizei am Rhein zu verstärken, um vermeintliche Verbindungen mit Belgien aufzudecken und die Bewegungen unter den rheinischen Katholiken zu überwachen. Mit welchen plumpen Mitteln und von wie zweifelhaften Persönlichkeiten das geschah, zeigt E. Schrörs ( 1359) mit feinem Sarkasmus und sichtlichem Behagen. Er sucht damit den Beweis zu führen, daß die Angaben der Geheimpolizei nur mit ernster und vorsichtiger Kritik als geschichtliche Quelle bewertet werden dürfen.

Im ersten Heft der von der Remscheider Stadtverwaltung herausgegebenen Beiträge zur Geschichte Remscheids behandelt Wilh. Rees Remscheid in der Zeit vom Beginn der preußischen Herrschaft bis zum Sturmjahre 1848 (137 SS.). Der Verfasser hat hier u. a. auf Grund aktenmäßiger Forschung eingehend die Frage erörtert, wie sich die Stadt zu der neuen preußischen Herrschaft verhielt und wie sie sich mit dem Zeitalter der Reaktion abfand. Bei der bekannten Einstellung der Rheinländer zu den Maßnahmen der preußischen Regierung ist gerade eine solche lokalgeschichtliche Untersuchung besonders wertvoll. Und der Verfasser kommt zu dem Ergebnis, daß man in Remscheid »in der Tat gut preußisch« war und es immer mehr wurde. Bei der konfessionellen


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Einstellung der Bevölkerung konnten z. B. die Kölner Wirren hier keine gegnerische Stimmung erzeugen. Im übrigen behandelt Rees die Kommunalverwaltung und ihre Aufgaben, das Wirtschaftsleben und die beiden Kirchengemeinden.


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