III. Quellen und Darstellungen.

Das Urkundenbuch des Freiburger Heilig-Geistspitals, das bisher in zwei Bänden, 1890 und 1900, vorlag und die Spitalurkunden bis 1662 umfaßte, erfährt mit der Herausgabe eines dritten, von J. Rest bearbeiteten Bandes ( 131) nunmehr nach einem vollen Menschenalter eine abschließende Ergänzung. Die über zweieinhalbtausend meist in Form ausführlicher Regesten gegebenen Urkunden stammen größtenteils aus einem Fonds von Spitalurkunden, der längst nach Abschluß der beiden ersten Bände, im Jahre 1907, in unrepertorisierten Beständen des Freiburger Archivs entdeckt wurde; dazu kommen Nachträge aus Kontrakten- und Gantbüchern und Protokollen verschiedener Art sowie eine Nachlese vereinzelter Stücke aus dem Karlsruher Landesarchiv. Mit dieser Masse fast durchweg ungedruckter Urkunden, die einen Zeitraum von rund sechs Jahrhunderten, 1220--1804, umfassen,


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ist ein unschätzbar reiches Material für die Freiburger Stadtgeschichte, in erster Linie für Wirtschaftsgeschichte, Topographie und Personenkunde, der Benutzung erschlossen. Auch die Urkunden des Gutleuthauses erhalten einen Nachtrag, der den alten Bestand zahlenmäßig weit übertrifft (Nr. 145--581, von 1268 bis 1806 reichend). Außer einer in den Regesta episcoporum Constantiensium fehlenden Konstanzer Bischofsurkunde von 1304 Aug. 30 sei daraus eine unbekannte Urkunde des Albertus Magnus von 1268 (Nr. G 145) erwähnt. (Stimmt das Tagesdatum? Albert ist Ende Oktober in der Nähe Freiburgs bezeugt, vgl. Analecta Bolland. XX, 301, Nr. 157 u. 159. Jedenfalls hätte angegeben werden müssen, woher der Herausgeber das Tagesdatum, das in der Urkunde nicht erscheint, überhaupt genommen hat). -- Von Darstellungen aus dem Gebiet der ma.lichen Geschichte ist die Biographie der Wildgräfin Iland, Schwester des Erzbischofs Konrad v. Mainz und Gemahlin Hans' V. von Hirschhorn, zu nennen, die Will entworfen hat ( 619 a). Unmittelbare konkrete Züge für ein Frauenleben der Zeit um 1400 sind dem spröden Quellenmaterial der Urkunden kaum zu entnehmen; der Verfasser muß sich hier mit Anleihen aus der allgemeinen Kultur- und Literaturgeschichte und der Kostümkunde begnügen, um zu einem einigermaßen abgerundeten, teilweise freilich nur hypothetischen Bild zu gelangen. Die Verwertung der Urkunden, für den rein biographischen Zweck weniger ergiebig, fördert einiges Neue zur Geschichte des Hauses Hirschhorn zutage (besonders betr. die Gründung des Hirschhorner Karmeliterklosters und die engen Beziehungen des Hans von Hirschhorn zu König Ruprecht). -- Eine Episode aus dem letzten Jahrzehnt des Dreißigjährigen Krieges beleuchtet Bechthold ( 665).

Ein wertvoller Beitrag zur badischen Geschichte der ersten Hälfte des 19. Jhds. ist wieder der unermüdlichen Feder Schnabels zu verdanken, der mit seiner Biographie des Freiherrn Ludwig v. Liebenstein ( 766 a) ein lebendiges »Geschichtsbild aus den Anfängen des süddeutschen Verfassungslebens« bietet. Liebenstein, 1781--1824, war der fähigste Vertreter des vormärzlichen Liberalismus in Baden und hat in den bedeutungsvollen Anfangsjahren des konstitutionellen Lebens eine unbestreitbar führende Stellung eingenommen; Schnabel steht sogar nicht an, ihn zu Mirabeau in Parallele zu setzen und als die neben Mathy größte staatsmännische Begabung zu bezeichnen, die Baden hervorgebracht hat. Jedenfalls hat L., der trotz der Ähnlichkeit der liberaien Gesamtrichtung doch auch von Rotteck in sehr bemerkenswerter Weise abwich, als einer der ersten die unentrinnbaren Forderungen der Zeit und die beiden Ziele jener hoffnungsfreudigen und so oft enttäuschten Generation, das liberale und das nationale, mit der Klarheit eines selbständigen Geistes erkannt und zusammengefaßt und die Wirkung seiner den parlamentarischen Durchschnitt weit überragenden Persönlichkeit in ihren Dienst gestellt. Bei der Bedeutung, welche die prinzipiellen Debatten der ersten Kammersessionen weit über die badischen Grenzen hinaus erlangten, darf daher das Lebensbild dieses Mannes zugleich als willkommener Baustein zur deutschen Geschichte des 19. Jhds. in Anspruch genommen werden. Liebenstein war schon in seiner vorparlamentarischen Zeit mit mehreren publizistischen Schriften meist militärtheoretischen Inhalts hervorgetreten, ohne weithin bekannt zu werden. Gleich der erste Landtag gab ihm dann Gelegenheit, mit einem Bericht über Pressefreiheit und Geschworenengerichte und mit einer bedeutungsvollen Rede über die bekannte Denkschrift


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Friedrich Lists als Prophet des modernen Rechtsstaates und eines deutschen Bundesstaates in die Schranken zu treten. In den Folgejahren fanden alle großen Probleme der Zeit, die Trennung von Justiz und Verwaltung, Aufhebung der Zehnten und Frohnden, Bewilligungsrecht der Kammern, Verantwortlichkeit der Minister in ihm einen berufenen und weitblickenden Interpreten.


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