I. Faksimiles und Handschriftenverzeichnisse.

Im neusten Heft des Archivio Paleografico Ital. ( 184) finden sich karolingische Diplome von 868 bis 895, darunter eine Empfängerherstellung aus Arezzo (876) in karolingischer Minuskel. --Goldschmidts «Deutsche Buchmalerei» ( 188) bietet in seinen Tafeln wenig paläographisches Material. Um so mehr Beachtung verdienen die Einleitungen zu den beiden Bänden. Was hier der beste Kenner mittelalterlicher Miniaturen, wenn auch mit einer gewissen Zurückhaltung zur künstlerischen Tätigkeit der deutschen Skriptorien bis gegen die Mitte des 11. Jhds. hin bemerkt, fördert auch unsere Kenntnis der Schriftentwicklung. So ist es für die vielumstrittenen Fragen, welche sich an die Entstehung der karolingischen Minuskel knüpfen, von Wichtigkeit, daß G. die sog. Ada-Gruppe als wahrscheinlich nach Trier gehörig bezeichnet. --Löffler ( 191) hätte sein schönes Tafelwerk auch «Die Malerschule von Zwiefalten» betiteln können. Denn die Reproduktionen entstammen fast ausschließlich den Kodices dieser Hirschauer Tochterabtei. Wir begrüßen es, daß in dem beigegebenen Text der Schriftbeschreibung ein breiter Raum eingeräumt wird. -- Noch einiges von Zwiefalten (vgl. Jberr. 1927 Nr. 235) bringen auch die letzten Lieferungen von Chroust ( 179). Sonst enthalten sie eine Auslese aus den Handschriftenschätzen des welfischen Hausklosters Weingarten, beginnend mit dem Judith-Evangeliar, ferner eine Folge von Urkunden der brandenburgischen Markgrafen (vorläufig bis 1263), die wohl als norddeutsches Gegenstück zu den früher gegebenen Beispielen der österreichischen Kanzlei gedacht sind. Warum aber kommt soviel sorgfältige Arbeit, so erheblicher Kostenaufwand nicht auch einmal den späteren Jahrhunderten zugute? -- Welche Fülle von Problemen gerade der Übergang des MA. zur Neuzeit der Wissenschaft darbietet, zeigt die Publikation von Crous und Kirchner ( 183). Unbekümmert um die zwischen Paläographie und Inkunabelforschung künstlich aufgerichtete Scheidewand bieten sie, mit Hilfe der reichen Bestände der Berliner Staatsbibliothek an Handschriften und seltenen Drucken, eine geschlossene und höchst instruktive Übersicht über die verschiedenen gotischen Schriftarten von ihren Anfängen bis zur Gegenwart (wegen Einzelheiten vgl. meine Besprechung im Zbl. f. Bibl. wesen Bd. 45). -- Die erfreuliche Wirkung der Publikation bemerkt man schon bei Wegeners Verzeichnis der deutschen Bilderhandschriften der Staatsbibliothek ( 189). Die Schrift ist hier genauer bezeichnet als in seinem Heidelberger Katalog (vgl. Jberr. 1927 Nr. 256). Nur fehlt


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noch die nähere Begründung. --Fischer ( 190) handelt ausführlich von der Buchmalerei in den beiden Dominikanerklöstern Nürnbergs. Auf die Schrift wird nicht eingegangen. Und gerade Nürnberg spielte bei der Entwicklung der deutschen Bastarda wahrscheinlich eine ganz entscheidende Rolle.


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