III. Allgemeines.

Viel Anregendes bieten Hurms ( 181) Schriftuntersuchungen vom formalkünstlerischen Standpunkt aus. Seine Aufmerksamkeit gilt dem Einfluß des Schreibwerkzeuges, besonders der geraden und schrägen Federhaltung bei den einzelnen Schriftarten. Nur ist zu betonen, daß H.'s Betrachtungsweise nicht erst durch R. v. Larisch begründet wurde. -- Diese unrichtige Ansicht teilt auch Delitsch ( 182), der mit seiner «Geschichte der abendländischen Schreibschriftformen» das von den Paläographen angeblich Versäumte nachzuholen beabsichtigt, doch eine vielfach irrige, dazu keineswegs klare Entwicklungslinie zeichnet.

Cappellis vielbenutztes Lexicon abbreviaturarum ( 180) liegt in neuer Auflage vor. Die Abkürzungsverzeichnisse haben sorgfältige Überarbeitung erfahren. Dagegen blieb die Einleitung ziemlich unverändert. In der Bibliographie vermißt man Traube. Auch Lindsay ist nur ungenau vertreten. -- Der unermüdliche Erforscher italienischer Kurzschriften, Schiaparelli ( 185), untersucht einige Handschriften und Urkunden von Bobbio, Volterra, Lucca, Pisa und Ravenna. Sodann entwickelt er die Hypothese, daß eine ältere Form der Silbenstenographie, im Anschluß an die Tironischen Noten, während des 3./4. Jhds. entstanden sei, ein jüngerer Typ der langobardischen Königskanzlei seinen Ursprung verdanke.

Schon an anderer Stelle (vgl. Jberr. 1927 Nr. 1294) hat Pirenne die verhängnisvolle Wirkung hervorgehoben, welche die Eroberung der Mittelmeerküsten durch die Araber auf die abendländische Wirtschaft ausgeübt haben soll. Hier ( 182a) bringt er das Aufhören der Papyrus-Einfuhr nach Gallien damit in Zusammenhang. Die Ansicht, der Okzident sei damals vom Orient völlig abgeschnitten gewesen, erscheint mir übertrieben. Die Einzelfrage des Papyrus kann wohl nur unter Mitberücksichtigung Italiens gelöst werden. Widersprechen muß ich auch, wenn P. die Entstehung der karolingischen Minuskel auf das Verschwinden


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der Laienbildung zurückführt. -- Gegenüber den bisher anerkannten Feststellungen von Karabacek betont Lehmann-Haupt ( 182b), daß Bombyx Seide bedeute, daß sich gegen das Ableiten der Bezeichnung charta bombycina von der Stadt Bambyke erhebliche Bedenken geltend machen lassen, daß endlich der heute älteste Fund chinesischen Papiers (3. Jhd.) ein Stück Baumwollengewebe enthalte.


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