IV. Sonstige Urkunden.

Jusselin ( 186) bespricht u. a. einen urschriftlichen Entwurf zu einer Urkunde von 906 in tironischen Noten (zur italienischen Silbentachygraphie 185, zur ma.lichen Urkundensprache 383, 384, zu den Briefen und Briefsammlungen des MA. 120, 121 [vgl. Jberr. 1927, S. 132], 580, 583, 1239). Kirn schildert im Schlußteil seiner Arbeit über Urkunden und Kanzlei


S.103

der Mainzer Erzbischöfe im 15. Jhd. ( 213; vgl. Jberr. 1927 Nr. 282, S. 132) auf Grund eines beschränkten Quellenstoffes die Kanzlei, deren Schreiber fast durchwegs Geistliche und meist auch öffentliche Notare waren und deren Vorstand seit 1440 als Kanzler bezeichnet wurde. Das von Kirn entworfene Bild der Mainzer Schreibstube weist nur wenige eigenartige Züge auf. In dieser Hinsicht wäre etwa der Umstand hervorzuheben, daß in Mainz die Protonotare keine eigentlichen Kanzleibeamten waren und daß daselbst die Registrierung nicht durch den Registrator vorgenommen wurde. Eine von Helleiner überarbeitete, mit einer Lichtdrucknachbildung des ältesten urschriftlich erhaltenen Stückes, einer Ausfertigung B. Ulrichs von 969 sowie zwei Siegeltafeln ausgestattete Abhandlung Valerie Feists ( 211) gilt den älteren Augsburger Bischofsurkunden, die nach den Forschungen der Verfasser seit der Zeit des genannten Kirchenfürsten nachweislich besiegelt, in der ersten Hälfte des 12. Jhds. gemeinhin von Bischofsschreibern, im 13. Jhd. häufig von Notaren des Klosters Kaisheim und anderer Empfänger hergestellt wurden und in der ersten Hälfte des 12. Jhds. bereits entwickelte urkundliche Formen aufwiesen und damals -- vor allem in der Anwendung der verlängerten Schrift sowie des Monogramms -- die Ausfertigungen der Reichskanzlei nachahmten, um in der Folge immer mehr dem Einfluß der Papsturkunde zu verfallen (zu den Kardinals- u. Bischofsurkunden auch 1258, 1323, zu den Traditionen der bayerischen Klöster 1122). Grohmann ( 215) liefert mit seinem Aufsatz über die Kanzlei der Grafen von Schwerin und der Herzoge von Mecklenburg-Schwerin im MA. einen neuerlichen Beleg für die Rückständigkeit des deutschen Nordostens auf dem Gebiete des Urkundenwesens. Denn seine Ausführungen lassen erkennen, daß es in der 1359 mit Mecklenburg vereinigten Grafschaft Schwerin nur in sehr beschränktem Maß zur Bildung einer gräflichen Schreibstube kam, daß sich in Mecklenburg die herzoglichen, fast durchwegs dem Landesklerus entnommenen Schreiber erst in den zwanziger Jahren des 14. Jhds. unter einem Kanzler zu einer recht unvollkommenen Kanzlei zusammenschlossen, daß in dieser die 1361/62 vorübergehend aufgenommene Registerführung nicht vor der Mitte des 15. Jhds. dauernd geübt wurde und daß die herzogliche Schreibstube, die aufs engste mit dem fürstlichen Rat zusammen arbeitete und seit dem Ende des 15. Jhds. auch die Aufgaben einer obersten Finanzstelle übernahm, erst unter Magnus II. (1477 bis 1503) nach süd- und mitteldeutschem Vorbild vollwertig ausgestaltet wurde. Dankenswert ist es, daß Grohmann anhangsweise nicht nur die nachweisbaren Kanzleibeamten, sondern auch die seit dem 15. Jhd. auftretenden Kanzleivermerke zusammenstellt. Grohmanns Schrift verrät in Anlage und Durchführung den Einfluß ihres Anregers Spangenberg. Dieser selbst faßt ( 1024a) die Ergebnisse der bisherigen Forschungen über die fürstlichen Kanzleivermerke zu einem einheitlichen Bild zusammen, das er für Norddeutschland -- auf das 16. Jhd. ausgreifend -- in mancher Hinsicht ergänzt, um dann an Hand der so gewonnenen Erkenntnisse das Zusammenwirken von Rat und Kanzlei, den Geschäftsgang bei der Verwaltung sowie deren Einrichtungen in ihrer Entwicklung näher zu beleuchten. Verschiedene einschlägige Fragen z. B. nach der Bedeutung der Geschäftsherren, erfahren durch die vergleichende Betrachtung vom Standpunkt der spätmittelalterlich-neuzeitlichen Verwaltungsgeschichte aus wesentliche Förderung und auf den Werdegang des landesfürstlichen Behördenwesens fallen bedeutsame Schlaglichter (zu den Urkunden deutscher Großer

S.104

auch 135, zum städtischen Urkunden- und Bücherwesen 60, 212, 239, 606, 1057, 1062, 1131).


Diese Seite ist Bestandteil des Informationsangebots "Jahresberichte für deutsche Geschichte" aus der Zwischenkriegszeit (1925-1938)