§ 9. Münzwesen.

(F. Frhr. v. Schrötter.)

Wie im vorigen Jahrgange (S. 138) lenke ich auch heute die Aufmerksamkeit zuerst auf einige vorinterregnale allgemeine Untersuchungen. Es könnte fraglich erscheinen, ob eine Münzgeschichte der Ostgoten in Italien in die Jahresberichte der deutschen Geschichte gehört, weil jene Münzen als ein Ausklang der römischen antiken Prägungen immer diesen angeschlossen worden sind, während man die der anderen germanischen Stämme der Völkerwanderungszeit der ma.lichen deutschen Numismatik zugeteilt hat. Da aber die Ostgoten Germanen waren, erscheint mir die Erwähnung des trefflichen Buches von Kraus ( 240) hier doch am Platze, zumal da es neue historische Zeugnisse für einen der bekanntesten deutschen Heldenkämpfe bringt. Seit dem vor 75 Jahren erschienenen Büchlein von J. Friedlaender über die Münzen der Ostgoten sind in Katalogen, besonders in dem des Britischen Museums von Wroth (1911) so viele jenem unbekannte Gepräge veröffentlicht worden, ist über die allgemeine und die monetäre Geschichte der Ostgoten so viel neues gesagt worden -- ich nenne nur Dahn und Luschin --, daß eine Zusammenfassung des Einzelerforschten nötig war. Wenn auch einige Publikationen, besonders das Buch von Sambon und einige Münzen in den Kabinetten dem Verfasser entgangen sind, so ist der Stoff doch mit großem Fleiße gesammelt, sind die Schwierigkeiten der Deutung der Monogramme und der Zuteilung der Münzen an die Könige mit Besonnenheit unter Berücksichtigung aller bisher darüber gemachten Erörterungen nach Möglichkeit überwunden und ist eine genaue Beschreibung der Münzen nach Wroth's Muster geliefert. An dieser wäre nur die graphische Gleichstellung zweifelhafter und in der Literatur unvollständig beschriebener Münzen mit den sicheren zu bemängeln. Hauptverdienst des Verfassers sind aber die weder von Friedlaender noch von Wroth berührten geldgeschichtlichen Teile seines Buches. Er folgt mit der Erklärung der Silber- und Kupfermünzen zum Kreditgelde Luschin, er zeigt, daß in der hier behandelten 50 jährigen Periode in Italien Goldwährung herrschte und die in den Urkunden genannten Silbermünzen, die ganze und die halbe Siliqua, in der Tat die allein ausgeprägten waren, die bisher ¼-Siliqua genannten unter die halben gehören. Kraus entwickelt weiter, daß die Ostgoten schon deshalb nur Goldmünzen mit Bild und Titel der Kaiser schlugen, weil der Handel bis ins 6. Jhd. kein anderes Goldgeld nahm, daß dagegen auf den Kreditmünzen die wachsende Macht der Könige und deren wachsende Feindschaft gegen Ostrom in steigender Weise durch Prägung des Königsmonogramms, des Bildes und des ausgeschriebenen Namens der Könige, endlich durch Annahme des Diadems durch Totila zum Ausdruck kam. In dieser »planvollen allmählichen Überleitung von römisch-kaiserlicher zu gewissermaßen germanisch-autonomer Münzprägung, ohne daß dabei die Kaiseridee fallen gelassen wird«, erblickt Kraus mit Recht einen der Anfänge des MA. Ich verweise noch auf die Besprechungen F. Stephans in der Numismat. Zeitschrift, Wien 62, S. 137--139 und A. Suhles in der Zeitschrift für Numismatik 39, S. 332 ff.

Fast ebenso weit zurück wie Kraus geht Menadier ( 243), indem er die auf einer längst überwundenen Theorie fußende Ergänzung des CONStit zu Constitutio = Steuer auf einem merowingischen Trienten zurückweist, statt deren


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Constitutus zu lesen sei, nämlich der beamtete Münzmeister im Gegensatz zu der großen Masse der privaten Monetare.

In dem Abschluß des ersten Teils seiner Erörterungen über die Mainzer Prägungen (s. Jberr. 1927 Nr. 351) bespricht Diepenbach einen schon von Menadier auf den Reichstag von 1196 verwiesenen Denar Kaiser Heinrichs VI. nach bischöflich Mainzer Muster mit erzbischöflichem Brustbild und kaiserlichem Namen, sucht aber dessen Prägung auf dem Reichstage von 1194 wahrscheinlicher zu machen.

Über das Verfassen von Münzgeschichten ohne Beachtung der Münzen selbst habe ich im vorigen Jahrgange S. 139 gesprochen; ich verweise darauf, indem ich nun auf eine Erlanger Dissertation von Sperl über die Regensburger Münzen komme ( 250). Der Vorwurf trifft hier besonders zu, weil die tüchtigen Münzbeschreibungen von Schratz und Buchenau vorlagen und zu so wichtigen Streitfragen wie der über die Konventionspfennige mit H--O nicht Stellung genommen ist. Fleißig benutzt sind vor allem das Buch über die Hausgenossen von Eheberg und die bayerischen Urkundenwerke. Die Arbeit geht bis zum 15. Jhd., als die Hausgenossen die Prägung als unrentabel aufgaben; der Exkurs über diese Genossenschaft ist recht belehrend. Aufgefallen ist mir die Stelle (S. 37), wo S. behauptet, daß von einem wechselweisen territorialen Geldausschluß »absolut keine Rede sein kann«. In dem kaiserlichen Privileg von 1230, von dem S. spricht, steht freilich davon nichts, man muß aber doch fragen, was denn die beim Markt immer befindlichen Wechsler zu tun hatten? An der Regel, daß der Pfennig nur dort galt, wo er geschlagen war, müssen wir festhalten, was nicht ausschließt, daß die Regensburger in Oberbayern galten, wenn man dort keine anderen Pfennige hatte. Die Erörterungen über Verbindung des Herzogs mit der Stadt in den achtziger Jahren des 13. Jhds. finden sich fast wörtlich ebenso bei Buchenau, der als Vorlage doch wohl nicht nur in dem allgemeinen Literaturnachweis, sondern hier besonders hätte genannt werden müssen.

Im Jahre 1928 sind eine Menge von größeren und kleineren Arbeiten zur Aufklärung der schwierigen Bestimmung der Brakteaten erschienen. In seinen Betrachtungen zur mittelrheinischen Münzkunde legt Buchenau diesmal seine im Speierer Museum gemachten Forschungen unter Berücksichtigung der Literatur nieder ( 253). Es handelt sich dabei um die Halbbrakteaten der mittelrheinischen Gegenden mit den Mittelpunkten Worms und Speier vom 11. und 12. Jhd. Der Titel der Arbeit »Betrachtungen« zeigt, daß Verfasser sie für keine abschließende hält, und es ist nur zu wünschen, daß die angefangene Arbeit Josephs über die pfälzische Münzkunde, vor allem ein Corpus dieser Gebilde, zum Abschluß gebracht werde. Der Mangel an Abbildungen in Buchenaus Arbeit macht sich gerade bei den Halbbrakteaten fühlbar.

An der Spitze der Abhandlungen über die eigentlichen Brakteaten steht das Buch über den Fund von Gotha ( 261a). Zu den großen Brakteatenfunden von Freckleben und Seega tritt als dritter der im Ghetto zu Gotha vergrabene, im Jahre 1900 entdeckte, aus der Zeit 1140 bis 1190 stammende, von Pick gesicherte, gesichtete und vorbereitend bearbeitete, durch Buchenau in 10 jähriger Arbeit druckfertig gemachte Fund. Buchenau hat dabei alle bisher bekannten thüringischen Brakteaten seit 1120, auch die in früheren Funden enthaltenen, zu einer die umfangreiche Literatur berücksichtigenden Beschreibung unter Zuteilung


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an die Münzstätten benutzt. Auch die Brakteaten der Nachbargebiete Hessen, Harz, Niedersachsen, Meißen, Oberlausitz sind herangezogen, soweit sie in dieselbe Zeit gehören. Es ist unmöglich, hier eine Idee von dem überreichen Inhalt zu geben, wir begnügen uns mit der Angabe der Münzherren: die Kaiser Konrad III. und Friedrich I. (besonders in Mühlhausen und Erfurt), die Landgrafen von Thüringen und Hessen, die Herren von Orlamünde, Schwarzburg, Gleichen, Rotenburg am Kyffhäuser, Arnstein, Falkenstein, die Pfalzgrafen von Sachsen, Viztume von Apolda, Markgrafen von Meißen, der Erzbischof von Magdeburg, die Klöster Nordhausen, Oldisleben, Hersfeld, Fulda, Eschwege, die mainzischen Münzstätten Fritzlar und Erfurt. Im ganzen sind an 500 Gepräge beschrieben. Näher geäußert haben beide Autoren sich über die Stücke des heißumstrittenen Stempelschneiders Luteger. Ungeklärt ist die Frage, ob der Kaiser an den Orten, wo das Münzrecht einem Herrn verliehen war, bei seiner Anwesenheit mit eigenem Gepräge oder mit dem des lokalen Münzherren arbeiten ließ, der dann Personal, Geräte und Kohlen stellte; der ersteren Ansicht ist Buchenau, der letzteren ist die Berliner Schule. Wegen der großen Schwierigkeiten dieser Arbeit, besonders der »Entwirrung« der Königsbrakteaten, macht Buchenau auf endgültige Richtigkeit seiner Deutungen keinen Anspruch, er schließt seine Arbeit mit dem alten Numismatiker-Spruch: Meliora futura. Vgl. auch Luschin in der Wiener num. Ztschr. 61, S. 128 f.

Buchenau hat dann in einigen kleineren Aufsätzen Zuteilungen von anderen Brakteaten versucht, so von meist schriftlosen an die Münzstätten zu Hameln, Northeim oder Helmstedt, an Gandersheim und Hildesheim ( 242). Eine weitere Aufklärung über Brakteaten verdanken wir der Gesellschaft für Vorgeschichte und Geschichte der Oberlausitz, die eine Sammlung und Sichtung der oberlausitzischen Münzen plant, eine wegen der oft rätselhaften Buchstaben auf diesen Brakteaten sehr schwierige Aufgabe, zu der W. Haupt jetzt einen Beitrag für die späteren dünnen Stücke mit dem sehr starken Relief liefert ( 265), die 25 Typen für die Oberlausitz sichert.

Wir kommen zu den Haller Pfennigen, durch die die zerbrechlichen Brakteaten in Süddeutschland ersetzt wurden. Den 1920 bei Steinerskirchen südlich Ingolstadt gemachten großen Hallerfund zu ordnen, auch dieser »außerordentlich schwierigen und undankbaren Mühe«, hat sich Buchenau unterzogen ( 251). Die seit Kaiser Friedrich I. von der Münzstätte Hall in Schwaben, dann in vielen anderen süddeutschen Münzstätten geprägten Pfennige mit Hand-Kreuz, die im 13. Jhd. eine Hauptwährung bis nach Thüringen und dem Niederrhein waren, werden auf Grund des Münzfußes, wobei eine sehr wichtige Nürnberger Münzkostenrechnung von 1385 aus den Reichstagsakten besprochen wird, besonders aber nach dem Gepräge und der Mache örtlich und zeitlich bestimmt. Dieser erste Versuch verdient, so schwankend und unsicher auch manche Resultate erscheinen, die vollste Anerkennung. -- Was die späteren Heller betrifft, so zeigt Cahn ( 251), daß, wie aus einer Urkunde von 1333 hervorgeht, aber bisher geleugnet wurde, Haller Pfennige in Frankfurt seit etwa 1320 geschlagen worden sind.

In dem Bestreben, die Numismatik einem weiteren Kreise nützlich zu machen, hat der bekannte italienische Professor Ricci in Bologna die Augustalen, jene berühmten Goldmünzen des Kaisers Friedrich II., einer eingehenden Studie unterworfen, die auf einer umfassenden Literatur beruht ( 241). Er sucht nachzuweisen,


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daß das Bildnis des Kaisers keine sklavische Nachahmung desjenigen des Augustus auf dessen Aurei, sondern ein Porträt Friedrichs II. ist, wie denn schon die Tatsache, daß einzig bei diesen Augustalen der Name des Kaisers nicht auf der Bildnis-, sondern auf der Adlerseite steht, die Absicht einer Neuschöpfung beweise. Eine Tafel mit 32 Abbildungen der Augustalen-Hauptseiten sucht die Veränderung des Bildnisses von Lustrum zu Lustrum, eine zweite mit vergrößerten die Ähnlichkeit mit Statuen, Gemälden und Siegelbildnissen Friedrichs zu zeigen. Vgl. die Anzeige von Cohen in der Rassegna Numismatica 26, S. 418 ff.

Die Besprechung der spätma.lichen Arbeiten beginne ich mit einer Münznamenstudie Edward Schröders ( 257). Der Einfluß der niederländischen Kultur machte sich in Westdeutschland im Münzwesen seit dem 13. Jhd. bemerkbar, besonders während der Herrschaft des reichen Hauses Burgund. Von den damals übernommenen niederländischen Münznamen bespricht S. vier: den Stuiver, deutsch Stüber, vom funkenstiebenden Feuereisen, dem Bilde der Patards Philipp des Guten, den niederländischen Groschen (Groot, Grote), den Duit (Deut), unerklärter Herleitung, vielleicht sehr alt, die Mijte (Meit), gleich Milbe, eine sehr kleine Münze. -- Über Westfalens und Niedersachsens Münzwesen sind wieder eine Reihe von Aufsätzen geschrieben worden. Niedersächsisch waren einige in Aachen geprägte Münzen. 1491 und 1492 hat nämlich diese Stadt doppelte und einfache Mariengroschen geschlagen, die bisher beide für einfache gehalten sind. Aus jülicher Akten hat Noß nun nachgewiesen ( 254), daß trotz ihres annähernd gleichen Gewichts der größere Typ mit Maria und einem Heiligen ein doppelter, der kleinere mit nur der h Maria ein einfacher ist.

In musterhafter Weise zeigt Stange ( 260), wie der Allgemeinheit auf ein paar Seiten unter bildlicher Wiedergabe der Hauptmünzen ein klarer Überblick nicht nur über das Münz-, sondern auch über das Geldwesen eines kleinen deutschen Gebietes (Minden-Ravensberg) gegeben werden kann, zu welcher Arbeit der Verfasser durch seine Mindenschen Münzarbeiten freilich wie kein anderer befähigt war. O. Tornau beschreibt in mehreren Heften die ma.lichen Münzen der Bischöfe von Halberstadt und deren Nachahmungen, dann die der Abteien Quedlinburg, Kroppenstedt, Gernrode, der weltlichen Herren Falkenstein, Arnstein, Blankenburg, Regenstein und Wernigerode, endlich die halberstädtischen der Neuzeit ( 264). Diese Publikationen sind mit Abbildungen reich versehen. Buchenaus Anzeige in den Blättern f. Münzfreunde 63, S. 317 ist zu vergleichen. -- In einem größeren Aufsatz sucht Ortwin Meier nach den Urkunden und den bekanntgewordenen Münzen eine Münzgeschichte des Grafen Edzard I. von Ostfriesland (1491--1528) zu geben ( 258). Zwei Bedenken drängen sich dem Leser aber schon nach den ersten Zeilen auf. Gründlich kann ein solches Thema doch nur bearbeitet werden, wenn ein Corpus der Münzen vorhanden ist, das heißt wenn möglichst alle in der Literatur und in den Sammlungen vorhandenen Münzen beschrieben sind. M. vertröstet dafür auf die Zukunft. Zweitens gibt er die Abbildungen oft nicht nach den Orginalen, sondern nach älteren, heute unzureichenden Abbildungen. In der Hauptsache besteht die Arbeit in Zusammenstellungen von Münztarifen; als Resultat wird auf S. 295 eine Tabelle gegeben, nach der der rheinische Gulden von 1510--1518 von 28 auf 24 Stüber gesunken sein soll, »welche Schwankungen auf den betrügerischen Münzverschlechterungen der Münzherren und ihrer Unternehmer beruhen


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werden«. Die Berechnungen des Kurses der Kleinmünzen Stüber, Witten, Krummsterte, Schafe, Flindriche sind nützliche, freilich immer noch nachzuprüfende Vorarbeiten für eine ostfriesische Münzgeschichte. Verfasser ist unbekannt (S. 266), daß die Ziffer 7 im MA. mit ∧ wiedergegeben wurde, was sein Gewährsmann van der Chijs sehr wohl wußte. S. 293 wird der Kursfall des Kriegsgeldes auf »eine Verminderung des Wertverhältnisses des Silbers im Vergleich zum Golde« zurückgeführt, während natürlich einzig und allein die Verschlechterung des Kleingeldes und dessen übergroße Ausgabe die Ursache war.

Über den zweiten Band des Bahrfeldtschen niedersächsischen Münzarchivs ( 256) ist im vorigen Jahrgange gesprochen worden (S. 141 f.). --Mertens hat sein möglichstes getan, die ma.liche Münzgeschichte Northeims aufzuhellen ( 261), aber die wenigen erhaltenen Urkunden haben nicht einmal zu erweisen möglich gemacht, ob während des MA. in N. jemals eine Münzstätte bestanden hat. Die Stadt hat seit 1501 geprägt, aber wie es für ein so kleines und machtloses politisches Gebilde anging, doch nur dann, wenn das mit Gewinn, das heißt durch Münzverschlechterung möglich war, welchen Unfug 1676 der Herzog von Braunschweig endgültig abstellte, wie denn damals überall in Deutschland die alten Münzprivilegien der mittleren und kleineren Städte sich überlebt hatten. Die Münzbeschreibung ist musterhaft durch Übersichtlichkeit und praktische Anordnung, Druck und Ausstattung sind glänzend. -- Zu Jesses Buch über den Wendischen Münzverein ( 255), das in unserem vorjährigen Bande angezeigt ist (S. 142), hat Buchenau aus den Akten des Lübecker Stadtarchivs eine Menge oft sehr bemerkenswerter Ergänzungen und Berichtigungen über die Chronologie der hohlen und glatten (zweiseitigen) Pfennige gegeben. Besonders wird nachgewiesen, daß die eine Reihe der glatten nicht wie bisher angenommen in das Jahr 1403, sondern 1386 gehört. Auch über Vorgänge, die bisher sehr wenig ans Licht gezogen sind wie Münzfuß, Schlagschatz und Münzkosten, werden wichtige neue Mitteilungen gemacht. --

Über die preußische Münzverwaltung bringt der Referent drei Aufsätze. In der Festschrift zum 70. Geburtstage Ferd. Friedensburgs, dessen Werke und Aufsätze ebenda aufgezählt werden ( 267), gibt er eine Ergänzung zum münzgeschichtlichen II. Bande der Acta Borussica in bezug auf die Verwaltung des schlesischen Kleingeldes, das bis etwa 1780 merkwürdigerweise, besonders im Siebenjährigen Kriege, in meist nicht zureichender Menge erzeugt worden ist, wodurch die Gebirgsindustrie oft in große Verlegenheit geriet. Dabei wird versucht, das Wesen der Scheidemünze an der Hand der Ereignisse herauszubilden und klarzulegen. -- Die zweite Arbeit ( 263) schließt sich an einen in der Gegend von Zittau gemachten Fund von meist kursächsischem und österreichischem Mittelgeld des 18. Jhds. an. S. faßt hier die vor vielen Jahren im Dresdener Hauptstaatsarchive von ihm gemachten Notizen über die sächsische Münzreorganisation nach dem Siebenjährigen Kriege in einer kurzen Darstellung zusammen. Als allgemein wichtig sei daraus zunächst erwähnt, daß Kursachsen zur Reduktion des Kriegsgeldes schon vor dem Frieden rüstete, weil »man Preußischerseits nach dortiger sehr schnellen und präzisen Behandlungsart mit der Devalvation oder gänzlichem Verruf der geringhaltigen Münzsorten denen hiesigen sodann allererst vor die Hand zu nehmenden Veranstaltungen zuvorkommen sollte«. Die große Umprägung der Ephraimiten geschah dann ebenso wie in Preußen nicht nach dem gesetzmäßigen, dort dem 14-, hier dem


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131/3-Taler-(Konventions-)Fuße, sondern, weil die Justierung al pezzo die Versorgung der Länder mit den unentbehrlichen Zahlmitteln zu sehr verzögert hätte, nur al marco, und diese Münzen stellten darum und weil wohl auch an Silber gespart wurde, einen billigeren, in Sachsen einen höchstens 13⅔-Talerfuß dar. Dann aber hat Sachsen anders als Preußen gehandelt, in den sechziger Jahren die Prägung dieser 1/6- und 1/12-Taler abgeschlossen, während Preußen sie weiter prägte und so diesen wundesten Punkt seines Münzwesens bis tief in das 19. Jhd. schuf. -- Ebenfalls eine Begleiterscheinung des Siebenjährigen Krieges ist die von Schrötter geschilderte, von Mecklenburg-Schwerin in der bischöflich-Lübecker Münzstätte zu Eutin vorgenommene Prägung ( 259); sie geschah aus Not, weil »der Fonds der Münze als das fast einzige Rettungsmittel zur Unterhaltung des herzogl. Etats u. a. unermeßlicher Ausgaben« angesehen wurde. Eutin gewann aus der 3/4jährigen Prägung über 50 000 Taler, Schwerin selbst wohl etwas weniger, natürlich in den allein dort entstandenen Ephraimiten.

Eine auf den Akten und den Geprägen beruhende Darstellung und Beschreibung des im Jahre 1628 geprägten Belagerungsgeldes und der an die Befreiung erinnernden Medaillen der Stadt Stralsund gibt Tassilo Hoffmann ( 266). Anziehend und belehrend geschildert ist besonders die Silberbeschaffung durch den Magistrat, der zwar sagte, sie seien »Leute, die Silber haben«, der dieses dann aber doch nur durch Beschlagnahme erhielt, dann fast nur in reichsgesetzmäßige Taler verprägte und auch einige Goldmünzen schlagen ließ. Als jedoch dieses Vollgeld auf die Neige ging und die Truppen auf ihre Soldzahlung drängten, mußte Notgeld geschaffen werden, erst Kleingeld aus Zinn und Kupfer, dann »Restzettel«, vielleicht das erste deutsche Papiergeld. Eine genauere Angabe der Sammlungen und der Literatur (Bratring, Dinnies, Menadier, v. Liebeherr u. a.) wäre erwünscht gewesen.

Unser Weg führt uns nun nach Österreich, doch werfen wir im Vorübergehen einen Blick auf Sachsen. Besonders die durch Angliederung des Münzbetriebs an die Verwaltung der Muldener Hütte erwarteten Ersparnisse haben die Verlegung der seit 1556 bestandenen Dresdener Münzstätte nach Muldenhütten im Jahre 1887 veranlaßt. Falkenberg gibt im Jahrbuch f. Berg- u. Hüttenwesen in Sachsen 1927, S. 30--48 wertvolle Mitteilungen darüber und über die Baulichkeiten, die Verwaltung, die Prägungen und die Münztechnik mit statistischen Beilagen und Bildern der Hauptprägewerkstätten, ein Beispiel, dem die anderen deutschen Münzstätten hoffentlich bald folgen werden. -- Obgleich im thüringischen Staatsarchiv zu Altenburg nur wenig Akten über die Sachsen- Altenburger Kipperzeit vorhanden sind, hat Bornemann doch durch die in ihnen befindlichen Angaben, ferner durch Beachtung der Münzmeisterzeichen und der Ähnlichkeiten in Stil und Mache eine wohl abschließende Arbeit über die 17 Kippermünzstätten jenes Ländchens geschaffen ( 262), denen er in genauer Beschreibung unter Abbildung der Haupttypen auf 11 Tafeln die Münzen zuteilt. Auch über Personal, Verwaltung und Technik erfahren wir Wertvolles. Den österreichischen Reigen eröffnet Luschin, indem er seine bedeutenden Beiträge zur Münzgeschichte Tirols von 1918 jetzt durch einen sehr lehrreichen Aufsatz ( 244) vermehrt. Nach einem lichtvollen Überblick über die Entwickelung der deutschen Goldmünzprägung und des Wertverhältnisses zwischen Gold und Silber bis ins 13. Jhd. gibt er hier Auszüge und Abdrücke aus den Rechenbüchern der Tiroler Kammer über die Goldkäufe von deutschen Kaufleuten und


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den Absatz dieses Goldes, meist nach Italien, durch die Tiroler Grafen. Um das Wertverhältnis zu finden -- 1:12 -- waren die verschiedene Qualität des Goldes, mindestens 5 Klassen, das Gewicht, die Trienter Mark, und die Währungsmünze, die Mark Berner Pfennige (172,68g fein), zu bestimmen, eine schwierige und sehr dankenswerte Arbeit. Die anderen österreichischen Münzhistoriker behandeln Themen der neueren Zeit. Die Münzordnung König Ferdinands von 1524 ist darum für die österreichischen Lande und auch für das deutsche Reich so wichtig, weil sie, in demselben Jahre wie die erste Reichsmünzordnung eingeführt, durch einen billigeren Münzfuß lebensfähiger war als diese und auch die folgenden Reichsmünzordnungen von 1551 und 1559. Österreich hat sie 1573 wieder eingeführt und danach im ganzen 16. und 17. Jhd. immer um 4 Grän ärmere Taler als die anderen Reichsstände geprägt. Die sorgfältige, auf den Akten beruhende und Nagls Aufsätze ergänzende, Motive und Erfolg darstellende Arbeit Geyers über sie ( 249) ist mit Dank zu begrüßen. Die vielen Münzfußberechnungen scheinen nach Stichproben richtig zu sein.

Für die Edelmetallversorgung der österreichischen Münzstätten wichtig ist der Aufsatz von Kunnert ( 245) über die zwischen der Regierung und den Gewerken der Schladminger Gruben über das Edelmetallmonopol und die Edelmetallpreise vom 15. bis zum 17. Jhd. geführten Kämpfe. Das »Schladminger Berggericht« erstreckte sich von Salzburg bis in das Walchental bei Oeblarn; der Silber- und Kupferbau war schon im 13. und 14. Jhd. so bedeutend, daß Oeblarn 1322 zur Stadt erhoben wurde. Das Silber ging meist in die Münzstätte zu Graz, doch gelang es der Regierung nicht, anderweitige Verkäufe zu verhindern. Höchst bemerkenswert ist, daß unter 16 Lot Silber meist 2 Lot Gold waren und bei weniger als 1 Lot Gold dieses unbeachtet blieb. Die Mark Silber kostete um 1550 12¼, die Mark Gold 132 Gulden, was ein Wertverhältnis von 1:10,77 darstellt. Leider sind in dem Anhang über Entwickelung der Silberpreise diese, teils auf Schillinge, teils auf Taler und Kreuzer lautend, vom Verfasser nicht auf eine Münzart berechnet worden.

Eine Ergänzung des Zellerschen Werkes über das Salzburger Münzwesen gibt Karl Roll, aber nur nach der Seite der Baulichkeiten, der Technik und der Personalien ( 248). Zwar sind einige Angaben über das Geldgeschichtliche gemacht, aber sie sind zum Teil mindestens unbewiesen. So heißt es S. 93, der Abgang des Quentchens sei auf den »Kreisprobationstagen genehmigt, wie aus dem Regensburger Abschied von 1574 hervorgeht. Die vom fränkischen Kreise erhobene Bemängelung wurde für unbegründet gehalten«. Auf diesem Probationstage handelte es sich aber um Salzburger Goldmünzen, von österreichischen und Salzburger Talern und dem Privileg des Quentchens steht darin kein Wort (Hirsch II S. 195 ff.). Sodann wird von der »Protestation« Salzburgs gesprochen; wenn man aber nur etwas Genaues darüber erführe! Eine aktenmäßige Münz- und Geldgeschichte Salzburgs bleibt noch zu schreiben. -- Dagegen gebührt Roll Dank für seine Mithilfe zur Herausgabe eines Salzburger Corpus der neueren Münzen. Er hat sein ganzes münzbeschreibendes Material an Bernhart zur Bearbeitung übergeben, der unter Ergänzung aus den in Betracht kommenden Sammlungen und der Literatur uns den ersten Teil (1495--1619) geschenkt hat ( 247). Auf Rat Luschins ist vom MA. abgesehen worden, weil dessen Münzen noch nicht genügend durchforscht sind. Das Werk wird, weit über die Zellersche Arbeit hinausgehend, den heutigen numismatischen Forderungen


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gerecht. In der einzig richtigen Weise sind die Münzen jedes Erzbischofs nach Nominalen geordnet, sind die Schaumünzen von dem Kurantgelde getrennt und die Haupt- und Kehrseiten nebeneinander gestellt. Wünschenswert wären Gewichtsangaben der großen Goldmünzen und der Klippen gewesen, denn ihr Fehlen veranlaßt Irrtümer beim Benutzer. Nr. 66, Berlin, ist keine ¼-Guldenerklippe, sondern, 28,41 g schwer, die Guldenerklippe Nr. 59. Ein Vergleich mit den Berliner Beständen hat sonst die Genauigkeit der Bearbeitung gezeigt, wogegen einige Irrtümer wenig besagen. Leider ist das für die Geldgeschichte so wichtige Kleingeld arg zu kurz gekommen. So fehlt für die ungeheure Menge der Batzen (1495--1527: 482 Stempel) jede Sammlungsangabe, und dann sind die 2-, 1- und ½-Pfennigstücke (Heller) meist nur nach Jahrgängen aufgenommen ohne Beachtung von Varianten. Der Druck ist gar zu gedrängt, handschriftliche Einschübe sind kaum möglich; auch ist der Preis (40 M.) im Verhältnis zu der recht mäßigen Ausstattung viel zu hoch. -- Der Katalog der Tiroler Münzen von 1519--1665 der Sammlung Enzenberg ( 246a) wird darum weiteres Interesse wecken, weil er in Exkursen aus der Literatur und den Akten des Haller Münzarchivs eine neuere Tiroler Münzgeschichte zusammenstellt (S. 242--294). Wenn wir auch von den Silberlieferungen der Tiroler Gruben gern mehr gehört hätten, so lernen wir doch manches Neue. Die jährliche Ausmünzung betrug in Hall bis in die Kipperzeit an 800 000 Talerstücke, seitdem nie mehr als 90 000. Ebenso wie dort wurde auch in der Münzstätte des Deutschordens zu Ensisheim, dessen Hochmeister einige Tiroler Erzherzöge waren, sehr wenig Kleingeld geprägt. Eine bisher unedierte Sorte, die Goldkrone, ist für den Handel mit den romanischen Ländern geschlagen worden. Aus den Personalnachrichten ist besonders die Tätigkeit des Haller Münzmeisters beachtenswert: nicht nur Betriebsleiter war er, und hatte die Umprägung der Massen von ungarischen Pfennigen in Landesgeld für die Bozener Märkte zu besorgen, sondern er handhabte auch die Münzpolizei gegen die vielen Falschmünzereien und fertigte die Gewichte für die Zollämter an. In dem Kataloge ist versucht worden, die große Schwierigkeit einer übersichtlichen Beschreibung datumloser Taler, es sind 292 Ferdinands, dadurch zu überwinden, daß Gruppen nach dem Alterstypus des Antlitzes gebildet und in diese die Stücke nach Besonderheiten des Bildes, besonders der Rüstung eingereiht wurden. Ein einzelnes Stück wäre noch viel leichter zu finden, wenn durch Stellung der Hs. u. Ks. neben- statt untereinander und Verwendung von Strichen für gleiche Legenden die fortwährenden Hinweise auf andere Stücke beschränkt worden wären. Dieser Teil ist der zuerst erschienene zweite des auf 3 Teile berechneten Werkes.

Wir schließen mit einigen kunstgeschichtlichen Arbeiten. Das Wiener Münzkabinett plant die Bearbeitung der österreichischen geprägten Medaillen und der Rechenpfennige und hat die Schriftleitung F. Dworschak übertragen. Verfasser des jetzt vorliegenden ersten Bandes ( 246) ist der durch seine Arbeiten über österreichische Medaillen geschulte G. Probszt. Der Band enthält die Medaillen, Rechenpfennige und Burgfriedbereitungsmünzen von Steiermark, Kärnten und Krain (Innerösterreich). P. führt zunächst aus, daß die hohen Kosten der Länderverteidigung gegen die Türken, die kulturzerstörende Gegenreformation und der Dreißigjährige Krieg es zu einem speziell innerösterreichischen Stil nicht haben kommen lassen. Wenn dann auch nur die Akten des Grazer


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Archivs bis 1607, von den Klagenfurter und St. Veiter nur Reste erhalten sind, so hat P. eine Hauptaufgabe, die Feststellung der Künstler und deren Schicksale doch in vorzüglicher Weise gelöst. Der fernere Inhalt des Buches hätte aber gewonnen, wenn es nicht in gar so viele Abteilungen und Unterabteilungen zersplittert wäre. An sich bringen die Exkurse über Ehrpfennige, Schulprämien, Burgfriedbereitungsmünzen und Stempelschneider in Listen- und Regestenform ein höchst wichtiges Material, und die Beschreibung der Stücke ist durch saubere Arbeit, sehr reiche Anführung der Kabinette und der Literatur sowie 19 prachtvolle Abbildungstafeln ausgezeichnet. Doch sei hier ein Wunsch für die folgenden Teile ausgesprochen, so gering auch die Hoffnung auf dessen Erfüllung ist. Da die Legenden immer ganz wiederholt werden, macht es oft Mühe, die Unterschiede der Stücke zu finden. Man vergleiche Nr. 111--117, 123, 124, 128, 129. Daher hätten die Stellung von Haupt- und Kehrseite nicht unter-, sondern nebeneinander, die Anwendung von Strichen für Wiederholungen die Benutzung auch dieses Buches ungemein erleichtert.

Rühle führt die Danziger historischen Medaillen auf ( 266a) und schildert nach der Literatur und den Akten des Danziger Archivs Leben und Werke der Künstler, die in Danzig wirkten. Die dortige Münzstätte kämpfte zäh für ihr Privileg, allein in Danzig Medaillen herzustellen, konnte es aber während des Dreißigjährigen Krieges, als die Stadt immer reicher und mächtiger wurde, der Prunk zunahm und tüchtige deutsche Medailleure in Danzig Beschäftigung fanden, gegen Künstler wie den »Fähnrich und Stempelschneider« Ammon, den berühmten Dadler, dessen Schüler Johann Höhn († um 1664) sowie den gleichnamigen Sohn dieses nicht aufrechterhalten. Besonders die Nachrichten über den älteren ganz im Barock aufgehenden und den freieren und bedeutenderen jüngeren Höhn und deren Werke sind höchst willkommen. Der jüngere nahm leider ein schlimmes Ende, da er 1684 durch Falschmünzerei zugrunde ging und mit ihm die Danziger Medaillenkunst. Der Katalog beruht auf den Sammlungen zu Danzig und Marienburg; andere sind nicht herangezogen, aber es scheint mir nicht viel zu fehlen. Leider sind die Abbildungen auf den Tafeln wenig schön und auch zu klein ausgefallen.

Ein Versuch, die früher im Rathause zu Konstanz, heute im Roßgartenmuseum daselbst befindlichen 9 Glasgemälde von 1624 mit den verschiedenen Münzvorgängen zu erklären, macht Mittmann ( 252). Leider sind die Bilder zum Teil sehr undeutlich, ja zerstört, so daß manches nur mit Gewalt, und zweifellos nicht selten unrichtig erklärt worden ist (Bild 4 und 8).


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