III. Deutsche Fürsten und Stände.

Leben und Persönlichkeit Friedrichs des Weisen sucht Borkowsky ( 800) weiteren Kreisen nahe zu bringen. In der Frage der Kaiserwahl Friedrichs schließt er sich an Kalkoff an, während er in bezug auf die religiöse Stellung des Kurfürsten mehr Kirn zu folgen scheint. Dem schon im vorigen Jberr. S. 186 gewürdigten Buche von Prüser ( 808) hat Hasenclever in der Theol. Literaturzeitung 1930, 2, S. 36, eine sehr anerkennende Besprechung gewidmet. Derselbe Forscher ( 816) setzt seine in Band 35 und 36 der Zeitschrift f. d. Gesch. des Oberrheins begonnenen Beiträge zur Geschichte Friedrichs II. von der Pfalz fort. Zunächst veröffentlicht er aus der Pariser Nationalbibliothek ein Gutachten des Pfalzgrafen über den Türkenkrieg aus dem J. 1531 und macht wahrscheinlich, daß es bei einer Beratung entstanden ist, die Ende Oktober oder Anfang November in Innsbruck stattfand. Es forderte im Namen des Pfalzgrafen und anderer Kriegskapitäne die Aufstellung eines Heeres von 90 000 Mann, darunter 30 000 Reitern, 100 Stück Artillerie, rechnete mit einer Dauer des Feldzugs von zunächst sechs Monaten usw. -- In einer zweiten Notiz folgert H. aus einer Lehnsempfangsbescheinigung des Jost Harprecht Thomas und aus andern Umständen, daß Hubert Thomas Leodius etwa gleichzeitig mit Friedrich II. gestorben ist und nicht, wie er früher angenommen hatte, erst geraume Zeit nach diesem.

Aus einem Briefe Philipps von Hessen an Moritz von Sachsen und aus Rechnungen des Oberamtmanns Alexander von der Thann auf Schloß Bickenbach


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zieht A. Müller ( 807) den Schluß, daß das Bündnis der deutschen Fürsten mit Frankreich von 1551 weniger ein Werk des Kurfürsten Moritz, den der Verfasser überhaupt nicht allzu hoch einschätzt, als des Landgrafen gewesen sei, der auch aus der Gefangenschaft heraus den Kampf gegen Karl V. fortsetzte.

Auf Grund einer Aufzeichnung Graf Heinrichs XXVI. berichtet Berthold Schmidt ( 819) über die Gefangennahme Heinrichs des Älteren Reuß in der Schlacht bei Sievershausen und die Verhandlungen, die sich daran angeschlossen haben. Einige Mitteilungen über die vorhergehenden Feldzüge des Grafen in Diensten Johann Friedrichs des Großmütigen und Moritzens gehen vorher.

In einem ersten Aufsatz, dem weitere folgen sollen, verfolgt Petri ( 814) die Beziehungen Straßburgs zu Frankreich während der Reformationszeit und zwar für jetzt bis zum Ausbruch des Schmalkaldischen Krieges. Er ist in der Lage, dafür den IV. Band der politischen Korrespondenz der Stadt schon zu benutzen. Es zeigt sich, daß anfangs nur sehr geringfügige Beziehungen bestanden, daß dann zunächst eine warme Teilnahme für die französischen Glaubensgenossen einsetzt. Die politischen Beziehungen werden besonders von einzelnen Persönlichkeiten, Johann Sturm u. a. gepflegt, die Regierung der Stadt bleibt stets sehr zurückhaltend. An eine engere Verbindung mit Frankreich hat man nur zusammen mit den übrigen Schmalkaldenern gedacht und die Verhandlungen darüber energisch auch nur während der Jahre verfolgt, wo eine solche aussichtsvoll erschien, d. h. am Ende der dreißiger und am Anfang der vierziger Jahre. Die Lage und die Beziehungen Straßburgs brachten es mit sich, daß man sich bei diesen Verhandlungen sehr stark der Vermittlung der Stadt und ihrer führenden Politiker bediente. -- Auch Gerber ( 814), der Herausgeber des IV. Bandes der politischen Korrespondenz, macht uns bereits mit einem Teil der Ergebnisse seiner Studien bekannt, indem er den Anteil Jakob Sturms an dem Augsburger Reichstag von 1547--48 schildert. Es sind weniger die eignen Berichte Sturms, als die der Frankfurter und Nürnberger Reichstagsgesandten und einer des Augsburger Sekretärs Melchior Scherer, die uns über die führende Rolle, die Sturm im Städterat gespielt hat, unterrichten. Seine große politische Erfahrung, seine Unerschrockenheit und seine Glaubenstreue treten deutlich hervor. Ausführlich behandelt G. nur die Religionsverhandlungen auf dem Reichstag, wobei es natürlich auf die Stellung zum Konzil, auf die Entstehung des Interims und die Stellungnahme diesem gegenüber ankam. Straßburgs Haltung war durchaus konsequent, es gelang Sturm aber nicht, eine Einheitsfront der Städte zustande zu bringen.

An diese Arbeit würde sich die von W. Friedensburg ( 815) unmittelbar anschließen. Sie schildert den Kampf, den Straßburg gegen das Interim führte, zunächst vergeblich auf dem Augsburger Reichstag von 1555, dessen Abschied sie deswegen nicht annahm, schließlich aber erfolgreich im J. 1559, mit welchem es wieder eine ausschließlich evangelische Stadt wurde.

Wie diese beruht auch die Arbeit Friedensburgs ( 814) über die Konzilspolitik Straßburgs im Jahre 1551 auf dem von ihm herausgegebenen 5. Bande der politischen Korrespondenz der Stadt. Leiter ihrer Politik war auch in dieser Zeit noch Jakob Sturm, als Gesandte der Stadt aber waren Botzheim und der Theologe Marbach tätig. Ziel der Straßburgischen Politik war die gemeinsame Beschickung des Konzils durch die Protestanten, nicht aus Nachgiebigkeit


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gegen den Kaiser, sondern damit man vor der Versammlung ein Bekenntnis seines Glaubens ablege. Sowohl an der von Württemberg für das Konzil aufgesetzten Konfession, wie an Melanchthons Neubearbeitung der Augustana nahm Straßburg teil.

Die Politik einer andern der oberdeutschen Städte, Ulms, hat Walther ( 813) zum Gegenstand seines Fleißes gemacht. Nach einer Einleitung über die Verfassung Ulms, wobei besonders die Bedeutung des Stadtschreibers und des Ausschusses der fünf hervortritt, und zwei auch mehr einleitenden Kapiteln über die Jugend und das Emporkommen Bernhard Besserers und über die Entwickelung der neuen Lehre in Ulm von 1520--30 wird die Politik der Stadt besonders von 1529 an genauer behandelt. Die schwankende Haltung der Stadt, die Steck (s. Jberr. 1927, S. 213) für 1530 getadelt hat, beginnt schon 1529 und wird von Walther etwas milder beurteilt. Nach dem Eintritt Ulms in den Schmalkaldischen Bund tritt eine größere Stetigkeit ein. In den letzten Kapiteln werden die zur Vermittlung und Friedlichkeit neigende religiöse Stellung Besserers und seine Familienangelegenheiten behandelt. Ein Exkurs über seine Mitarbeiter und einige auf ihn bezügliche Beilagen schließen das Buch.

Mit der energischen, aber auch klugen Politik Straßburgs im Reformationszeitalter ist die der einst führenden Reichsstadt Norddeutschlands Lübecks nicht zu vergleichen. Über ihre Geschichte in der Zeit Wullenwevers und dessen eignes Leben gibt Stephan ( 811) einen hübschen kurzen Überblick, der gut geeignet ist, weitere Kreise zu unterrichten.

Rübesam ( 817) liefert ein Lebensbild Konrads von Tecklenburg, des letzten Tecklenburger Grafen, der durch seine Grenzfehden mit dem Bischof von Osnabrück und durch seinen 1527 erfolgten Übertritt zum Protestantismus zum Anschluß an den Schmalkaldischen Bund veranlaßt und dann auch in dessen Katastrophe hineingezogen wurde. Der Krieg brachte ihm den Verlust der Grafschaft Lingen und die Verpflichtung zu großen Geldzahlungen, der evangelische Glaube seiner Grafschaft aber wurde behauptet.

Nach Niedersachsen führt uns auch die aufschlußreiche Arbeit von Schmidt ( 818). Sie erörtert die militärische Bedeutung der sogenannten »Vergardungen« und setzt sie in Beziehung zu den Rüstungen und Feldzügen der Jahre 1533--45, besonders zu den Kriegszügen der protestantischen Fürsten gegen Heinrich von Braunschweig.


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