2. Frühkapitalismus.

Den Fuggerschen Montanunternehmungen sind zwei Schriften gewidmet. Strieder ( 1519) schildert kurz und allgemeinverständlich, aber mit der hier selbstverständlichen Souveränität des ausgezeichneten


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Sachkenners die Geschichte jenes imposanten großindustriellen Unternehmens »der gemeine ungarische Handel«, zu dem sich die Fugger in Augsburg mit der Thurzoschen Handelsgesellschaft in Krakau verbanden. Scheuermann ( 1589) dagegen behandelt sehr detailliert aus größtenteils ganz neu herangezogenem Aktenmaterial des Fugger-Archivs, des Augsburger Stadtarchivs und insbesondere des Innsbrucker Staatsarchivs die Fuggerschen Unternehmungen in Tirol und Kärnten seit deren Auslösung aus dem »Gemeinen Handel«, 1548, namentlich die 1565 gegründete Jenbacher Gesellschaft. Wir erhalten damit einen Einblick in die noch wenig beachtete Zeit des Fuggerschen Niedergangs, ferner in den Bergbau in frühkapitalistischer Zeit und die daraus sich entwickelnden höheren Organisationsformen. Schließlich wird auch das Problem Staat und Wirtschaft beleuchtet, hier im Verhältnis der Habsburger und der Fugger, und festgestellt, daß im Emporkommen des Staates die Hauptursache für den Niedergang des Fuggerschen Handels zu suchen ist.

Kunze ( 1544, vgl. auch 2. Jber., 1926, S. 416) gibt einen anschaulichen Überblick, wie sich eine eingreifende gewerbliche Umwälzung unter vorkapitalistischem Einfluß vollzog, als oberdeutsche Verleger seit etwa 1525 die sächsische Leinwand an sich zogen, da sie in Italien und anderwärts einen neuen Absatz für grobe Leinewand, die sie färben ließen, eröffneten. Das Verlagssystem wurde immer dichter organisiert, dagegen gingen die einheimischen Bleicher stark zurück, da die Verleger die Rohware mit fortgeschritteneren Methoden selbst zurichten ließen. Schließlich bedeutete die Tätigkeit des Nürnberger Hauses Viatis und Peller im Anfang des 17. Jhds. die Höhe dieser Entwicklung.

Eine sehr mühevolle und gründliche, für die Handelsgeschichte wertvolle Untersuchung stellt das stattliche Buch von Fischer ( 1543) dar. Es ist erwachsen aus einer die oberdeutsche Einwanderung in Leipzig 1470--1550 behandelnden Dissertation, ist aber dann auf die gesamte kaufmännische Einwanderung und auch zeitlich bis 1650 ausgedehnt worden. Wie wesentlich diese Einwanderung war, erhellt daraus, daß um 1600 fast sämtliche Vertreter des Leipziger Großhandels Eingewanderte oder Nachkommen solcher waren, im Kleinhandel war der Anteil naturgemäß geringer, aber auch erheblich. Bis 1550 stellen die Oberdeutschen annähernd die Hälfte, danach wird der Anteil der Mitteldeutschen aus Thüringen und Sachsen wesentlich größer und es erscheinen auch Niederländer und Niederrheinische, zwar nicht an Zahl, doch an Gewicht bedeutend. Die Angaben über die Personalverhältnisse der Einwanderer und ihre Familien sind sehr fleißig und zuverlässig zusammengestellt, wie ich dies am Beispiel des aus Berlin zugewanderten J. Grieben nachprüfen konnte. Daneben ist aber auch der sachliche Teil, der die Betätigung in den einzelnen Handelszweigen untersucht, äußerst aufschlußreich. Störend ist dabei nur, daß Verfasser die aus der Entstehung des Buches zu erklärende, sonst aber nicht zureichend begründete zeitliche Teilung in zwei durch das Jahr 1550 getrennte Zeitabschnitte für die Darstellung beibehalten hat, wodurch der sachliche Zusammenhang zerrissen und der Überblick erschwert wird. Ein gutes Sach- und Personenverzeichnis hilft aber darüber hinweg.

Hauser ( 1561) will in seinem Abriß, offenbar von dem oben erwähnten Buche Kulischers angeregt, darauf aufmerksam machen, daß aus der Bankgeschichte für die Kenntnis der europäischen Wirtschaftsentwicklung noch allerlei zu holen ist. Nach einem Überblick über die diesbezügliche Literatur,


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wobei auch die Monographie über das Breslauer Haus Eichborn, aber nicht die über das Berliner Haus Splitgerber-Schickler angeführt wird, bespricht Hauser die geschichtliche Rolle der Bankiers und der Banken in der Politik und dann, sehr viel weniger ausführlich, in der Wirtschaft, der Finanzierung von Warengeschäften und Gewerben. Der bedeutende Anteil der Hugenotten am Bankwesen und der Einfluß, den neben der Amsterdamschen auch die Genfer Bank seit Ende des 17. Jhds. hatte, wird berührt.


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