3. Wirtschaftspolitik.

Bothe ( 1602) schildert, wie der Graf von Hanau und der Pfalzgraf einen großen Teil der niederländischen Religionsflüchtlinge, die sich nach Frankfurt a. M. gewandt hatten, um 1600 nach Hanau und Oppenheim zogen. Lutherische Unduldsamkeit, Neid der Zünfte, Ängstlichkeit des Rates haben verursacht, daß der Reichsstadt diese für den wirtschaftlichen Aufschwung und die Finanzkraft äußerst wertvollen Elemente wieder verloren gingen, während die benachbarten Landesherren mit ihrer Erteilung liberaler Privilegien sich als weitsichtiger erwiesen und den Vorteil davon hatten.

Srbik ( 1564) schildert einen Abschnitt aus dem jahrhundertelangen Kampfe Österreichs gegen die Marenostropolitik Venedigs, das ein Adriamonopol beanspruchte, keine andere Schiffahrt aufkommen ließ und Triest ganz lahmlegte. Die Habsburger haben seit Maximilian I. dagegen angekämpft, doch erfolglos, da sie keine Seemacht hatten. Unter Leopold I. war es der rührige J. J. Becher, der seit 1670 eine Handelsverbindung mit Holland betrieb und Fiume hochbringen wollte. Das Ergebnis blieb dürftig, nicht nur weil Venedig die Schifffahrt mit Abgaben und Visitationen belastete, sondern auch aus rein wirtschaftlichen Gründen, weil das Hinterland arm, die innerösterreichischen Kaufleute rückständig waren, weil es wenig Ausfuhrware gab, die man nicht besser anderwärts bekam und auch die Einfuhr wenig lohnte, so daß es nicht gelang, die Holländer hinzuziehen. Ein Erfolg trat erst unter Karl VI. ein, als Triest und Fiume zu Freihäfen erklärt wurden.

In dem Überblick, den Schumacher ( 1568) über die Kolonisationstätigkeit der brandenburgisch-preußischen Herrscher gibt, werden zutreffend drei Phasen unterschieden: Die Kolonisation von 1648 bis 1740 als noch stark von religiösen Momenten bestimmt und bis 1713 weniger durch einen regelrechten Wirtschaftsplan, als durch das Eintreten von Glaubensverfolgungen veranlaßt; die Friderizianische dagegen ist rein wirtschaftlich orientiert und hebt sich auch dadurch ab, daß sie den ganzen Staat -- Schlesien besonders stark -- umfaßt und die Städte vorwiegend berücksichtigt. Absolut übertrifft sie die ganze vorherige Ansiedlung, relativ zur Bevölkerungszahl ist sie etwas geringer. Der Anteil von Westpreußen wird als auffallend gering, mit etwa nur 2 % veranschlagt. Schließlich die Kolonisation in den neuen polnischen Erwerbungen 1793--1806, lange wenig bekannt und stark unterschätzt, da das in polnischen Archiven ruhende Material unzugänglich war. Erst der Krieg hat einen Einblick verstattet und einige neuere Veröffentlichungen darüber ermöglicht (vgl. 3. Jber., 1927, S. 340 f.).

Die Abhandlung von Berney ( 1569) unterrichtet über die Vorgeschichte der überseeischen Handelsunternehmungen Friedrichs d. Gr., 1747--51, im besondern die gescheiterten Versuche des Chevalier de Latouche, eine Kompanie zu gründen. Hauptquelle sind Briefe des Königs, die im Pariser auswärtigen Archiv gefunden worden sind, nachdem sie infolge irreführender Reponierung


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bislang unbekannt geblieben waren. Diese werden im Abdruck mitgeteilt; Verfasser beleuchtet aber auch feinsinnig die Entwicklung des handelspolitischen Denkens und Planens Friedrichs.

Petzet ( 1485) sieht die Bedeutung der Physiokraten darin, daß sie den wirtschaftlichen Kreislauf entdeckt, zuerst alle Einkommenströme der kapitalistischen Verkehrswirtschaft (Produktions-, Zirkulations- und Reproduktionsprozeß) als durchgehend verbunden und wechselseitig abhängig erkannt haben und somit die eigentlichen Begründer einer selbständigen, systematischen sozialökonomischen Wissenschaft geworden sind. Petzet versucht die Erscheinung soziologisch zu erklären, ihre Verbindung mit den übrigen geistigen Strömungen, ihre Bedingtheit durch die wirtschaftlichen Zustände und Strebungen der Zeit, das gesellschaftliche Milieu, in dem die Lehre entstand und wirkte. Der Physiokratismus erscheint ihm nicht als Interessenvertretung einer Volksschicht, sondern als eine Geistesströmung, deren Träger Steuerprojektanten an einem absolutistischen Hofe waren. Übrigens zählt er Turgot nicht zu dessen Vertretern, wenigstens nicht den typischen, da er in seinen Auffassungen grundlegende Abweichungen aufweise. Die scharfsinnige und auf gründlicher Verwertung der physiokratischen Schriften und der geschichtlichen Literatur aufgebaute Untersuchung löst, wie mir scheint, das Problem in einer überzeugenden und abschließenden Weise.


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