I. Quellenkunde:

E. Wermke hat in gewohnter Sorgfalt und Vollständigkeit die Neuerscheinungen zur Geschichte des Preußenlandes zusammengestellt ( 44). Zum 400jährigen Bestehen der Staats- und Universitätsbibliothek in Königsberg gab ihr Direktor Diesch ein Sammelwerk mit 31 Aufsätzen ostpreußischer Forscher heraus. Sie gewähren ein eindrucksvolles Bild von der Geistesgeschichte des Preußenlandes in den letzten Jahrhunderten ( 100). Besonders eingehend ist die Geschichte der Bibliotheken in Königsberg, Elbing und im Ermland durch Bauer, Brachvogel, Diesch, Müller-Blattau und Will dargestellt. Da mehrere Abhandlungen an anderem Orte erwähnt werden, so sei hier nur auf die Schilderung hingewiesen, die Krollmann dem geistigen Leben Königsbergs im 14. Jhd. gewidmet hat. Überaus anschaulich wird die Anlage der drei Städte, der Ordensburg und des bischöflichen Domes beschrieben, die im wesentlichen im 2. und 3. Viertel des 14. Jhds. errichtet wurden. Von der Dichtkunst zeugt die Aufführung eines wohl mitteldeutschen Katharinenspieles. Auf der Ordensburg entstand die Preußenchronik des Peter von Dusburg. Nicolaus von Jeroschin übertrug sie in deutsche Verse und widmete eine weitere Dichtung dem heiligen Adalbert. Der Domherr Tilo von Kulm dichtete von den Sieben Ingesiegeln; der Franziskanerkustos Claus Crank übersetzte die Propheten. Die Gründung von Bibliotheken und Schulen ging nebenher, und die »Reisen« gegen die Litauer brachten zahlreiche fremde Ritter und Fürsten ins Land, deren Ansprüchen sich die städtische Kultur Königsbergs durchaus gewachsen zeigte. Zu ihren Zeugnissen gehört auch eine neue Handschrift des Passionals, die Friedrich Ranke in der Königsberger Universitätsbibliothek aufgefunden und an der gleichen Stelle veröffentlicht hat.

Einen Überblick über die reichen Sammlungen der Königsberger Stadtbibliothek gewährte Krollmann fernerhin in der Darstellung ihrer Geschichte ( 102). Die Bibliothek geht auf eine Stiftung des altstädtischen Pfarrers


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Johann Graumann oder Poliander zurück. Seine umfangreichen Sammlungen von Büchern und Handschriften vermachte er dem Rat der Altstadt mit der Be- Bedingung, sie zu einer öffentlichen Bibliothek einzurichten. Das Verzeichnis der Bibliothek, das im J. 1560 der herzogliche Bibliothekar Heinrich Zell aufnahm, hat Krollmann mit abgedruckt. Bald nach 1594 wurde die Bibliothek des herzoglichen Rates Lomoller erworben, der juristische und medizinische Bücher gesammelt hatte. Im 17. Jhd. wurde die Bibliothek nur unwesentlich vermehrt. Erst seit 1702 wurde sie durch den Stadtsekretär und Archivar Bartsch tatkräftig gefördert. Die Bibliothek wurde seitdem Studierenden und Gelehrten zugänglich gemacht. Im J. 1811 wurde sie mit den übrigen öffentlichen Bibliotheken Königsbergs vereinigt und, nachdem sie lange Jahrzehnte im Rathause untergebracht gewesen war, in das Königshaus überführt. 1876 erfolgte der Umzug in die alte Universität; seit 1897 wurde ein städtischer Bibliothekar im Hauptamte angestellt und seitdem die Stadtbibliothek allen modernen Ansprüchen angepaßt.

Einen der wertvollsten Bestandteile der Universitätsbibliothek Königsberg hat der langjährige Königsberger Gymnasialdirektor Gotthold ihr vermacht, 4600 Werke griechischer und römischer Verfasser, 4000 Werke zur neueren Literatur, 2000 zur Theologie und Kirchengeschichte und über 4000 Werke kostbarer Noten und Bücher zur Geschichte und Theorie der Musik, ferner 85 Incunabeln, z. T. aus dem Kloster Amorbach, und 165 Handschriften. E. Wermke hat die Entstehung dieser einzigartigen Privatbücherei anschaulich geschildert ( 102).


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