Rechts-, Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte.

Rektor F. Pfützenreiter stellt kurz auf Grund des gedruckten deutschen Schrifttums das Rechtswesen Fraustadts im MA. dar ( 11), dieser stets deutschsprachigen und -rechtlichen Stadt sowie seiner Umgebung. In der Anlage teilt er zwei Urkunden von 1437 und 1457 mit. -- M. Laubert, von dem auch die folgenden Beiträge stammen, handelt über Preußens Stellung gegenüber dem Warschauer Novemberaufstand 1830 (S. 47 nr. 978). Vorsichtsmaßnahmen waren zur Aufrechterhaltung der Ruhe im eigenen Staat geboten und wurden angeordnet, wofür Preußen von Polen und Polenfreunden angegriffen wurde. Polnische Beamte im preußischen Dienst verrieten im Posenschen die ergangenen Verfügungen nach Warschau. Von Rußland erntete Preußen keinen Dank für seine Willfährigkeit. Die Gebote der Menschlichkeit ließ es bei seinen Maßnahmen nicht außer acht.. Die polnische Greuelpropaganda entbehrt jeder Grundlage. -- Über den ersten realpolitischen Versuch der Polen, sich nach dem Mißerfolg des genannten Aufstandes unter einem harmlos gesellschaftlichen Deckmantel einen Propagandamittelpunkt, das polnische Kasino zu Gostyn ( 12) zu schaffen, berichtet


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der gleiche Verfasser. Der als Polenfresser verschriene Oberpräsident Flottwell begrüßte 1835 sogar die Gründung, da er dadurch ein harmonisches Zusammenleben beider Volkstümer erleichtert zu sehen hoffte. Doch die Absonderung der Polen verhinderte es, die Behörden wurden mißtrauisch, es kamen Mißgriffe vor, und dem Kasino war kein dauernder Erfolg beschieden. -- Bei der Wiederübernahme des Gebietes 1815 fand Preußen eine verwickelte Lage in der Verwaltung der übermäßig vielen, meist kümmerlichen Städte vor, da die aus der Herzogl. Warschauer Zeit stammende Verordnung nicht genügte, auch nicht überall durchgeführt war. Nach Teillösungen -- das deutsche Bromberg setzte die Verleihung der Steinschen Städteordnung für sich durch -- erfolgte erst nach dem Warschauer Novemberaufstand eine Beschleunigung der Entwicklung unter Flottwell, nachdem gegenüber dem Drängen der provinziellen Faktoren das Berliner Ministerium schwerfällig die Regelung des Städtewesens verzögert hatte. Nach der Provinzialhauptstadt erhielten von 1831--43 eine ganze Reihe Orte die revidierte Städteordnung, meist deutsche, aber auch polnische, um das polnische Bürgertum zur Mitarbeit am Staat heranzubilden und es an Ordnung und politische Tätigkeit zu gewöhnen. In der Hauptsache wirkte das bis 1853 geltende Gesetz günstig, aber »wie alle Waffen, die Preußen im Verlauf seiner kulturellen Mission seinen polnisch redenden Untertanen in die Hand drückte, prallte auch die Städteordnung mit ihrer hervorragend erzieherischen Wirkung später auf den Urheber zurück«, so bemerkt der Verfasser dieser Arbeit über die Einführung der revidierten Städteordnung, M. Laubert (S. 68 nr. 1417). -- Im Glauben an den allmählichen Sieg einer überlegenen Kultur und Sprache versuchte der Nachfolger Flottwells, Graf Arnim, in Verfolg der Versöhnungspolitik Friedrich Wilhelms IV., enge gesellschaftliche Beziehungen zum polnischen Hochadel ( 979) zu pflegen, teilweise Leuten, die erklärte Preußenfeinde waren, während doch schon damals die Rolle dieses Standes immer unwichtiger wurde. Die anderen Stände und die deutschen Adligen wurden kaum beachtet und daneben waren, wie Arnim selbst schreiben muß, die Polen »nichts weniger als bescheiden in ihrem Auftreten und vergalten das Entgegenkommen mancher Deutschen keineswegs durch ein zuvorkommendes rücksichtsvolles Benehmen«. So war natürlich auch dieser preußische Versöhnungsversuch zum Scheitern verurteilt. -- Ein weiterer Aufsatz des gleichen Verfassers handelt von einer Denkschrift des Landrats Ernst von Motz über Posen 1846 ( 980). Dieser, ein Sohn des Finanzministers, seit 1838 Landrat von Kröben, war gerade kein bequemer Staatsdiener. Schon vor Ausbruch des Aufstandes 1846 machte er den Vorschlag, in den Posener Grenzkreisen den Gefühlen der Deutschen auf angemessene Weise Rechnung zu tragen. Später begründete er das durch eine ausführliche Denkschrift, die im Auszug wiedergegeben wird. Die sachkundigen Vorschläge sind meist entweder zu spät oder überhaupt nicht verwirklicht worden. Dem ideologischen Glauben an die versöhnende Wirkung einer höheren Kultur tritt er scharf entgegen.


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