VI. Kirchengeschichte.

G. Wentz hat uns ein Kartenblatt beschert, das die kirchliche Einteilung der Mark Brandenburg und der angrenzenden Gebiete im J. 1500 wiedergibt ( 438). Er beschränkt sich dabei auf die mittelalterlichen Territorial- und Diözesangrenzen, das hydrographische System, die Angabe der bischöflichen Plätze, Sitze eines Propstes bzw. Archidiakons, eines bischöflichen Kommissars, die Kathedralkirchen, die Johanniterordensregierungen und die Stifter, Klöster und Komtureien. Man hat einen Mangel darin sehen wollen, daß Kirchen und Kapellen fehlen, daß die Grenzen der sedes und der Pfarreien nicht gegeben seien. Abgesehen davon, daß wegen des sehr mangelhaften Materials nicht für alle Teile des Bezirks ein gleichmäßiges Bild hätte gezeichnet werden können, so liegt die Brauchbarkeit der Karte neben ihrer absoluten Zuverlässigkeit gerade darin, daß sie nicht mit allzuviel Angaben vollgepfropft ist. Sie gewährt ein bis auf geringe Ausnahmen äußerst klares Bild, das durch Sonderkarten der einzelnen Diözesen zu vertiefen geplant ist. Der Wert eines der Karte beigegebenen Erläuterungsheftes beruht vor allem in einem trotz seiner gedrängten Kürze ausgezeichneten Verzeichnis der Stifter und Klöster mit den nötigen Angaben wie Orden, Diözese, Territorium, Gründungsjahr, Stifter usw. Besondere Vorarbeiten waren hier bereits dadurch geleistet, daß G. Abb und G. Wentz gleichzeitig einen Band der Germania Sacra herausgaben ( 1695), den ersten des weit angelegten Unternehmens, über das bei dieser Gelegenheit P. Kehr -- neben Albert Brackmann der Vater des Werkes -- Worte der Begründung und Rechtfertigung fand ( 1096). Der vorliegende Band enthält den ersten Teil des Bistums Brandenburg, neben dem Hochstift Brandenburg 19 Stifter und Klöster der Diözese im Bereiche der Kurmark, eine historisch statistische Darstellung der Institute, wie sie gründlicher und übersichtlicher kaum gegeben werden kann. Prämonstratenser und Zisterzienser, die Orden des Kolonialzeitalters, stehen in diesem Ostgebiet zahlenmäßig natürlich an der Spitze, während die Benediktiner nur einmal in dem Nonnenkloster Spandau vertreten sind. Fast überall sind Bibliotheken in den Instituten nachweisbar, ein Zeichen, wie töricht die Anschauung von der Kulturlosigkeit der märkischen Mönche im MA. ist. Auf Einzelheiten bin ich in der histor. Zeitschr. Bd. 144, S. 578 ff., eingegangen.

Als nützlicher Überblick können K. Nagels »Quellen und Hauptprobleme


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der uckermärkischen Kirchengeschichte« bezeichnet werden (Mitt. d. Uckermärk. Mus.- u. Geschichtsver. zu Prenzlau Bd. 8, H. 2, S. 35--47). Für einzelne Stifter und Klöster ist mancherlei getan. In die Havelberger Geschichte schlägt eine Untersuchung von G. Wentz über die staatsrechtliche Stellung des Stiftes Jerichow hinein ( 1734). Magdeburg und Havelberg haben in langem Kampf miteinander eine obrigkeitliche Stellung über das Stift zu behaupten gesucht, bis seit 1548 Jerichow »unwidersprochen zum weltlichen Territorium des Erzstifts Magdeburg gehörte«. Auch der Anhang, in dem W. das verlorene Jerichower Archiv zu rekonstruieren versucht, zeigt die erhebliche Verknüpfung der Stiftsgeschichte mit der märkischen. -- Nur als eine vielversprechende Abschlagszahlung dürfen wir hoffentlich Beiträge ansehen, die O. Korn zur Geschichte des Zisterzienserinnenklosters Neuendorf in der Altmark veröffentlicht ( 1736) Die Geschichte des Neuendorfer Grundbesitzes, die Korn zunächst bringt, ist sorgsam und umsichtig dargestellt und läßt uns Neuendorf als einen der größten Grundbesitzer in der Altmark und als einen Wirtschafts- und Machtfaktor ersten Ranges erkennen. Das Kloster war als Versorgungsstätte der Töchter und als Kreditinstitut mit dem Adel und den Städten stark verflochten. Als letztes aller kirchlichen Institute der Altmark hat es 1578 (oder 1579) die Reformation angenommen. -- Eine zuverlässige klösterliche Gesamtgeschichte liegt aus der Feder von J. Simon vor. Sie gilt Heiligengrabe in der Prignitz, der Tochter von Neuendorf ( 1735). Wie S. wahrscheinlich macht, von Markgraf Otto V. 1287 gegründet, hat das Kloster in all seinen Lebensäußerungen, vor allem in seinen wirtschaftlichen Beziehungen nur unwesentlich über die Prignitz hinausgegriffen. Gleich Neuendorf wurzelt auch Heiligengrabe fest im heimatlichen Boden. Wie dieses hat auch das Prignitzkloster über die Reformation hinaus, deren dramatischer Verlauf lebendig geschildert wird, Bestand gehabt. Fiel aber Neuendorf dem Königreich Westfalen zum Opfer, so besteht Heiligengrabe in anderer Form bis heute fort. Auch diese -- evangelische -- Periode wird S. in absehbarer Zeit darstellen. -- Endlich ist eine Fortsetzung der Jg. 1928, S. 412 genannten Geschichte der Frankfurter Karthäuser von K. Klinkott zu erwähnen ( 1737). Inneres und geistliches Leben werden ordentlich dargestellt, nützliche Listen der Insassen gegeben, die Ordensbeziehungen geschildert. Der letzte Teil soll die Wirtschaft des Klosters behandeln.

Von den Kirchenvisitationsabschieden und -registern des 16. und 17. Jhds. sind den Jg. 1928, S. 412 genannten Heften zwei weitere gefolgt: Perleberg und Lenzen ( 1952). Damit rückt der von V. Herold bearbeitete erste Band, der die Prignitz enthält, ein gutes Stück weiter. Grundsätzliches wird nach Abschluß des ersten Bandes zu sagen sein.

H. Werdermann hat seine Jg. 1928, S. 412 kurz gewürdigte Betrachtung des märkischen Pfarrerstandes im Zeitalter der Orthodoxie noch einmal als Buch, leider nicht mit allen Quellennachweisen, gebracht ( 1954). Th. Wotschke setzt seine auf reichem Briefmaterial beruhenden Ausführungen über den märkischen Pietismus fort ( 1955), K. Weiske teilt aus Briefen der Handschriftensammlung der Hauptbibliothek in den Franckeschen Stiftungen zu Halle Charakteristisches mit über den Einfluß, den A. H. Francke auf märkische Kreise ausgeübt hat ( 1953). Zu beachten ist eine Zusammenstellung der 1698--1737 als Schüler des hallischen Pädagogiums nachweisbaren Märker: sie machen


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12½% aller Scholaren aus, und auch der märkische Adel ist »trotz der Ritterakademien in Brandenburg und Berlin« reich vertreten.


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