Staats- und Rechtsverhältnisse.

Von den vielen noch ungelösten Fragen aus der Geschichte des ehemals schwedischen Teils von Pommern hat Glaser ( 1416) eine sehr wichtige herausgegriffen und unter umfangreicher Aktenbenutzung zu einer ausführlichen Darstellung gebracht. In schwedischer Zeit war die Macht der Stände, die eigentlich nur von den Rittern dargestellt wurden, sehr gewachsen. In dem Staatsstreich König Gustavs IV. von Schweden i. J. 1806 sollte diesem Zustand dadurch ein Ende bereitet werden, daß Schwed.-Pommern dem schwedischen Staat einverleibt werden sollte, wobei die pommersche Ritterschaft in den vier Ständen Schwedens aufgegangen wäre. Die politischen Veränderungen brachten aber den Übergang Neuvorpommerns an Preußen. Dieses dachte sogleich an Reformen der alten Ständeverfassung, an denen besonders die Bauern und Pächter interessiert waren. Die Ritter verhielten sich oppositionell, mußten aber doch die Errichtung einer preußischen Regierung in Stralsund anerkennen, während es ihnen gelang, in der Gerichtsverfassung den früheren Zustand aufrechtzuerhalten. Eingehend berichtet der Verfasser von den Beratungen über die Einrichtung der Provinzialverwaltung, denn in ihnen spiegelte sich die Zeitströmung besonders deutlich wieder. Es wird dabei der Tätigkeit des Oberpräsidenten Sack gebührend gedacht, der unermüdlich für die Förderung moderner Staatsanschauung eintrat.

In staatliche Verhältnisse früherer Zeiten führt die Untersuchung von Blank ( 1437) über die Freischulzen, die ursprünglich die Dorflokatoren in der Kolonisationszeit gewesen waren. Daraus hatten sie eine besondere Beziehung zum Grundherrn erhalten. Durch den Dreißigjährigen Krieg, die Wirtschaftsveränderungen besonders im 18. Jhd. und schließlich die Allodifikationsgesetze der Gegenwart sind sie erst allmählich und dann ganz verschwunden. Früher aber gab es ein festes Lehnsverhältnis zwischen ihnen und dem Lehnsherrn, das unter Darlegung der beiderseitigen Rechte und Pflichten anschaulich geschildert wird. -- Für ein Land am Meere wird immer die Untersuchung der Rechtsverhältnisse am Strande von Wert sein. Willert ( 1384) stellt in dieser Frage für Mecklenburg fest, daß die staatlichen Hoheitsrechte bei Rostock eine Einschränkung erfahren, weil dieses bereits im MA. Recht am Strand erworben hatte. Sonst hat der Landesherr die Ansprüche von Grundherren am Strande höchstens als Strandnutzung


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gestattet. Diese erfolgt heute nach Gemeingebrauch (Jagd, Fischerei, Badebetrieb u. a.), worüber die Polizei die Aufsicht übt. Daneben wird noch die besondere Nutzungsverleihung durch eine Behörde und die Gebrauchserlaubnis durch die Polizei erörtert. Die Arbeit trägt überwiegend juristischen Charakter und berührt nur gelegentlich die historische Entwicklung. In der Streitfrage über die Hoheitsrechte in den Gewässern der Lübecker Bucht bei Travemünde werden die immer noch weiter veröffentlichten Gutachten kaum noch geduldige Leser finden. Hier folgt jedoch nach dem 4. und 5. (Schluß-)Teil des Rörigschen ( 1385) Gutachtens ein Abdruck des im Juli 1928 gefällten Urteils des Staatsgerichtshofes. In ihm werden nach Aufzählung aller Gutachten und Beweisstücke für den Prozeß und den Nachweis der Zuständigkeit des Gerichts die Streitpunkte dahin entschieden, daß in dem strittigen Gewässer die Fischereihoheit und Schiffahrtshoheit Lübeck zusteht unter einem Mitbefischungsrecht der Mecklenburger Fischer. Bemerkenswert ist, daß die umfangreichen Erörterungen über die Lage der Travemünder Reede in den Gutachten nach Ansicht des Gerichts nicht »anreichende Klarheit« gebracht haben. Eine andere Rechtsfrage ist für ein landwirtschaftliches Land wie Mecklenburg das Jagdrecht. Köster ( 1539) untersucht seine Entwicklung für die Rostocker Heide, in der die Ausübung dem Rate zustand. Darüber werden zahlreiche Einzelheiten vom 16. Jhd. an mitgeteilt, und außerdem noch verschiedene Sonderrechte, wie das Jagerablager, das Recht der Folge und die Vorjagd, die als besondere Freiheiten des Landesherrn z. T. bis in die Neuzeit Geltung hatten, erörtert. Weiterhin gibt der Verfasser in zwangloser Reihe allerlei Erfahrungen und Betrachtungen aus seinem langen Berufsleben als Forstmann.


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