II. Zeitgeschichte.

Die Arbeit von R. Lorenz ( 860) nach den Hamburger Berichten des kaiserlichen Residenten H. D. v. Rondeck aus den Jahren 1679 bis 1684 ist als Vorarbeit und Teil eines größeren Werkes über die Reichspolitik im evangelischen Norden nach dem westfälischen Frieden gedacht. In jenen Jahren der Verschiebung der Allianzsysteme durch die Friedensschlüsse von Nymwegen, Fontainebleau und Lund und der Wiederkehr der Wiener Türkennot war Hamburg ein hervorragender Beobachtungsposten für die Großmachtpolitik Leopolds I. Durch die exterritoriale Residentschaftskapelle ermöglichte der Kaiser ferner die Wirksamkeit der Jesuiten in Hamburg. Rondeck sah seine vornehmste Aufgabe darin, seiner Regierung das Interesse von Kaiser und Reich am Schutz Hamburgs gegen die Dänengefahr vor Augen zu halten. Er fiel darüber, daß er sich in der inneren Politik Hamburgs als Exponent der Senatspartei des Bürgermeisters Meurer gebrauchen ließ. --

In einer geistvollen Studie findet G. Bessell ( 959) die Wurzeln des heutigen Deutschen Reiches in zwei Faktoren des 18. Jhds.: im Preußentum Friedrichs d. Gr. und dem Welthandelsgeist der großen Hansestädte. Bei aller Anerkennung von Bessels Gedanken möchte man aber doch die historischen Voraussetzungen dieses Preußentums und Hanseatentums etwas stärker gewürdigt sehen, und mehr noch die schöpferische Tat Bismarcks. -- F. Fehling, dessen Lebenserinnerungen nach seinem Tode herausgegeben wurden ( 1172), war langjähriger Vertreter des lübeckischen Senates im Bundesrat und während des Weltkrieges Bürgermeister. Es liegt in seiner diplomatischen Natur begründet, daß er eine Darstellung der noch eng im Blickfeld liegenden politischen Geschehnisse vermeidet und sie durch die Wiedergabe von amtlichen Berichten, Niederschriften und Reden ersetzt. Diese Stücke liefern mancherlei Beiträge zur Innenpolitik des Reiches unter Bülow wie zur Revolutionsgeschichte. Von besonderem Wert ist ein Bericht von den Weimarer Verhandlungen über die Annahme des Versailler Diktates. Dem erzählenden Teil aus Fehlings Privatleben kommt die Gabe des Verfassers, Persönlichkeiten und Situationen zu schildern, zustatten. Es werden Kulturbilder aus dem Lübecker Leben geboten, sowie Einblicke in das Treiben auf deutschen Universitäten und Reiseerlebnisse aus dem Ausland, so von Paris eine Kammersitzung mit Rede Jules Favres und ein Empfang am Hofe Napoleons III., schließlich ein Besuch beim alten Bismarck. Fehling gibt auch neues über Emanuel Geibel, dessen Schwiegersohn er war.


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