VI. Kultur- und Geistesgeschichte.

Zur Geistesgeschichte des 17. Jhds. bietet H. Schneider ( 2049) einen Beitrag. Unter dem seit 1648 in der Lübecker Stadtbibliothek verwahrten Büchernachlaß des Joachim Morsius findet sich ein Album, in dem sich der weite Freundeskreis dieses vielgereisten Humanisten verewigte, darunter manche Persönlichkeit von hohem geistigem Rang. Den Eintragungen dieses Stammbuches verdankt Schneider in erster Linie den Stoff zu


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seinen wertvollen Mitteilungen. Es ist ihm gelungen, in kurzer Darstellung die geistige Beschaffenheit jener bewegten Zeit zu beleuchten, indem er zeigt, wie in Joachim Morsius, seinem Verkehr und seiner Publizistik sich die Strahlen ihrer philologischen und naturwissenschaftlichen Problematik, ihrer konfessionellen Verworrenheit, ihrer eschatologischen Ängste und mystischen Schwärmereien brechen. Die drei Städte, die Morsiussens unstetem Leben am längsten ein Asyl boten, Hamburg, Rostock und Lübeck, verbanden ihn auch mit dem bedeutendsten seiner Freunde, Joachim Jungius. Dem Schneiderschen Buche sind ein Verzeichnis der Morsiusschriften, kurze Daten über die im Album vertretenen Freunde, sowie einige Autotypien nach Albumblättern beigegeben. -- Im Schlußteil seiner Arbeit über die Zensur in Bremen ( 2072) behandelt H. Tidemann die Zeit der aktiven Haltung der Zensurbehörde nach dem J. 1830 und das Nachlassen ihrer Aufmerksamkeit nach der Neuorganisation des Bremer Zeitungswesens (Bremer Zeitung und Weserzeitung), das anläßlich der Presseberichterstattung über die Revolution in Krakau und Galizien 1846 zu einem Konflikt mit Österreich führte. Die Abberufung des österreichischen Residenten fand nachher bei der Besprechung der schleswig-holsteinischen Frage mit wenig Glück Nachahmung von seiten Dänemarks. Die fortgesetzten Nörgeleien des preußischen Gesandten v. Haenlein machten in den letzten Jahren den Zensoren das Leben sauer. Die Erwägungen des Senates über eine Beseitigung der Zensur wurden von den Ereignissen des J. 1848 überholt. -- Zur 400-Jahrfeier des Hamburger Johanneums sind zwei weitere Festschriften erschienen, die Aufsätze aus den verschiedensten Wissensgebieten enthalten und hier nur kurz genannt werden können. Die eine ( 2093) ist die der Anstalt selbst. Sie bringt u. a. einen kurzen Abriß der Schulgeschichte von E. Kelter, dessen vorzügliches größeres Werk über den gleichen Gegenstand im vorigen Jber. (1928, Nr. 1571) besprochen wurde, ferner eine Erklärung der durch Schüler in der Anstalt vertretenen Namen (O. Goebel). Die andere Schrift, 'Kulturgeschichtliche Studien und Skizzen' ( 2094), wird von ehemaligen Schülern der Anstalt geboten. Aus ihrem reichen Inhalt sei der Aufsatz von C. A. Schröder über eine kritische Zeit der Anstalt, das Direktorat Hoche, genannt, sowie eine Studie von H. Joachim über die Hamburger Straßennamen (vgl. Jberr. 1925, S. 533). -- Ein Schriftchen von H. Entholt, 'Der Ratskeller zu Bremen' (Bremen, G. Winter, 89 S. 8) bietet mancherlei Mitteilungen über Bremer Weinhandel, Verwaltung, Brauch und Recht.


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