VI. Kultur- und Bildungsgeschichte.

Ein Urkundenstreit um die Mitte des 16. Jhds. wird von W. Engel ( 284) auf Grund von Akten dargestellt, ohne daß freilich die Belege im einzelnen gegeben werden. Er dreht sich um Burg Kreyenberg als Pfandgut, das die Abtei Hersfeld 1407 an die Landgrafen von Thüringen verpfändet hatte und 1548 nach dem Sturze Joh. Friedrichs d. Großm. wieder einlösen wollte, während die Ernestiner das Pfand als längst verjährt ansehen. Aber nicht um diesen Rechtsstandpunkt, sondern um die Echtheit der Urkunde von 1407 geht zunächst der Kampf. Die Ernestiner haben dabei wissentlich das Vorhandensein ihrer Originalurkunde verschwiegen und zugleich die Echtheit der Hersfelder Urkunde, so gut es ging, angezweifelt. Später suchten sie ihr Besitzrecht aus verschiedenen Kauf- und Lehnbriefen zu beweisen und ließen sich deren Hinfälligkeit auch nicht aus den Immunitätsprivilegien Hersfeld einstreiten. Über 40 Jahre währte der Streit, allerdings mit verschiedenen Pausen, bis er 1589 durch ein politisches Kompromiß beendet wurde.

In einem stattlichen Bande hat Fr. Lütge ( 86), dank dem Opfersinn seines Verlegers Gustav Fischer, die Geschichte des Jenaer Buchhandels ausführlicher darstellen können, als es eigentlich der Bedeutung des Gegenstandes entspricht. Der Jenaer Buchhandel beginnt 1523 mit dem Auftauchen des ersten evangelischen


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Pfarrers Reinhard, eines begeisterten Anhängers Karlstadts, erlangt ersten Ruhm mit der Lutherausgabe von Rorer-Rödinger (seit 1555) und scheidet sich allmählich immer schärfer in Buchdrucker und Buchhändler (vgl. auch § 3).

Die Anfänge der Weimarer Bibliothek liegen nach W. Deetjen ( 95) in der fürstlichen Hausbibliothek der Ernestiner, zuerst Johann Friedrichs d. Großmütigen. Namhafte Bibliothekare waren: der Kirchenlieddichter G. Neumark, S. Frank und besonders die beiden gelehrten Brüder Schurzfleisch, deren eigene umfangreiche und bedeutende Büchereien nach ihrem Tode (1708 u. 1722) einen kostbaren Zuwachs für die Weimarer Bibliothek brachten. -- Über die Tätigkeit Goethes für die Weimarer Bibliothek in allen ihren Einzelheiten unterrichtet O. Lerche ( 96). Goethe sah die Bibliothek, der Zeitauffassung entsprechend, vorwiegend noch als kostbare Rarität an, aber pries auch ihren Bildungswert und wollte sie schon mehr dem Leben zuwenden. Eine größere Anzahl von ungedruckten Goethebriefen aus der Amtssphäre der Bibliothek ist dem Buche beigegeben. Stark tritt Vulpius, der Gewissensschwager Goethes, als aufopferungsvoller Bibliothekar hervor. Psychologisch reizvoll ist das eigenartige Verhältnis zwischen ihm und Goethe (S. 46 f., 92 ff.) mit dem immer vergeblichen Bemühen von Vulpius, Goethe menschlich näher zu treten. Auch für die Kenntnis vieler anderer Männer um Goethe ist das Buch wertvoll (vgl. auch § 3).


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